piwik no script img

US-Truppenabzug aus DeutschlandSicherheitspolitisch kein Problem

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Die USA wollen 12.000 Soldat*innen aus Deutschland abziehen – vor allem Richtung Süden und Westen. Bedauerlich ist das nur aus wirtschaftlicher Sicht.

Außenminister in Grafenwöhr: Mike Pompeo besuchte im November 2019 die US-Truppen in Bayern Foto: Ron Przysucha/ZUMA/dpa

K napp 12.000 Soldat*innen will die US-Regierung also aus Deutschland abziehen. „Schlimmer als erwartet“, heißt es in einigen Zeitungen am Tag nach der Bekanntgabe der genauen Pläne, weil in den ursprünglichen Überlegungen nur von 9.500 die Rede gewesen war. Schlimm ist der Abzug tatsächlich – für die Regionen in Bayern und Rheinland-Pfalz, in denen US-Stützpunkte schließen oder schrumpfen und die deshalb wirtschaftliche Probleme bekommen werden. Sicherheitspolitisch betrachtet sieht es anders aus: Für den Frieden in Europa sind die Pläne weniger gefährlich als gedacht.

Als die US-Regierung den Truppenabzug vor einigen Wochen erstmals in den Raum geworfen hatte, war noch nicht klar, wohin sie ihre Soldat*innen verlegen wird. Eine Option war eine feste Stationierung im Osten des Nato-Gebiets. Der polnischen Regierung zum Beispiel, die schon länger um US-Truppen buhlt, wäre das sehr recht gewesen, denn sie erhofft sich von amerikanischen Soldat*innen Schutz. Tatsächlich würde aber das Eskalationsrisiko im Nato-Russland-Konflikt steigen, wenn der Westen seine militärische Präsenz im Osten ausbaut.

Dieses Risiko bleibt nun überschaubar. Der Großteil der abgezogenen Soldat*innen wird in die USA verlegt. Ein Teil davon soll zwar künftig im Rotationsprinzip durchaus auch in Osteuropa stationiert werden, aber eben nur zeitweise und nicht durchgängig. Diese Unterscheidung mag haarspalterisch klingen, ist aber politisch bedeutsam, da die USA durch das Rotationsprinzip nicht gegen die Nato-Russland-Grundakte verstoßen, in der sich beide Seiten in den 1990er Jahren auf einige Grundzüge der gemeinsamen Beziehungen verständigt hatten.

Erratische Trump-Entscheidungen

Ein kleinerer Teil der 12.000 Soldat*innen bleibt dagegen dauerhaft in Europa, allerdings nicht im Osten, sondern im Süden und Westen. Einige Kampfjets und andere Einheiten wollen die USA nach Italien verlegen, ihr Europa-Hauptquartier nach Belgien. Das Afrika-Hauptquartier, das bisher seinen Sitz in Stuttgart hat und für völkerrechtswidrige Drohnenangriffe in mehreren Ländern verantwortlich ist, könnte folgen.

Den Abzug aus Deutschland begründet das Weiße Haus damit, dass die Bundesregierung die Militärausgaben bisher nicht auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht hat.

Sicherheitspolitisch machen diese Verlegungen nach Belgien und Italien keinen Unterschied. Gefahren gehen mit ihnen nicht einher. Sie illustrieren höchstens noch einmal, wie erratisch die US-Regierung unter Donald Trump ihre Entscheidungen trifft: Den Abzug aus Deutschland begründet das Weiße Haus vor allem damit, dass die Bundesregierung die deutschen Militärausgaben bisher nicht auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht hat, obwohl es in der Nato eine entsprechende Vereinbarung gibt. Für Italien und Belgien gilt das allerdings ebenfalls. Die Quote der beiden Länder ist sogar noch niedriger als die der Bundesrepublik. Mal sehen, was passiert, wenn der US-Präsident davon erfährt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Da sollte sich die Regierung mal um den Aufbau der strukturschwachen Regionen kümmern. Das kann man schließlich nicht einfach nur den US-Streitkräften überlassen. Also aufgewacht, und Hausaufgaben machen liebe Politiker. Wer sagt denn, dass die nächsten Forschungszentren unbedingt in Berlin, München oder Stuttgart stehen müssen. Man könnte sicherlich in der Region verstärkt regenerative Stromerzeugung ansiedeln etc.

  • Bedauerlich ist, das auch Sicherheitspolitik, ob man das so gutheisst oder nicht, nur auf Kindergartenniveau stattfindet. Wenn Du mir Dein Förmchen nicht gibt, mach ich Deine Sandburg kaputt.