US-Sportler protestieren kaum: Schauriges Schweigen
Nur wenige Sportler in den USA beziehen Stellung zu den Protesten gegen Trumps Politik. Viele fürchten wohl Konsequenzen.

E s war ein großes Baseball-Wochenende in Los Angeles, die Dodgers spielten am Freitag, Samstag und Sonntag gleich dreimal hintereinander gegen ihre Erzrivalen aus San Francisco. Das Dodgers Stadion war dreimal beinahe ausverkauft, die Spiele brachten mehr Menschen zusammen, als die Proteste gegen die rabiaten Deportationstruppen Trumps in der Innenstadt, nur einen Steinwurf vom Stadion entfernt.
Davon, dass sich Los Angeles, wie es von Trump und den ihm wohl gesonnenen Medien gerne dargestellt wurde, angeblich im Belagerungszustand durch gewaltbereite „linke Radikale“ befindet, war im Dodgers-Stadion nichts zu spüren. Im Gegenteil, das Baseball-Fest ging nahezu vollkommen unpolitisch über die Bühne. Das einzige, was von der Außenwelt über die Tribünen schwappte, war die Darbietung der dominikanischen Sängerin Vanessa Hernandez, die aus Solidarität mit den lateinamerikanischen Bewohnern von Los Angeles die US-Nationalhymne auf Spanisch sang.
Eine politische Geste der Spieler, von denen neun lateinamerikanischer Herkunft sind, gab es jedoch nicht. Ganz zu Schweigen von einer Stellungnahme des Clubs. Der Dodgers Manager Dave Roberts wand sich aus einer Nachfrage am Freitag mit der Behauptung heraus, er sei „nicht informiert genug“, um sich eine fundierte Meinung zu bilden. Alleine der aus Puerto Rico stammende Verteidiger Kike Hernandez wagte auf seinem Instagram-Konto ein Statement: „Ich kann es nicht ertragen, wie unsere Community misshandelt und auseinander gerissen wird. Alle Menschen verdienen es, mit Würde und Respekt behandelt zu werden.“
Nur wenige äußern sich
Hernandez blieb ein einsamer Rufer im Wald. An einem Wochenende, an dem in mehr als 2.000 amerikanischen Städten Millionen Menschen gegen Trumps grausame und unmenschliche Deportationspolitik demonstrierten, während sich der Regierungschef an einer martialischen Militärparade ergötzte, blieb der Sport erschreckend stumm. Weder bei den NBA-Finals noch beim gerade laufenden Eishockey-Stanley-Cup, in beiden Sportarten das größte Ereignis des Jahres, war die Politik ein Thema. Und das, nachdem man sich in der Black-Lives-Matter-Ära daran gewöhnt hatte, dass Sportler sich lautstark politisch engagieren.
Vereinzelte Stimmen kamen immerhin aus dem Fußball- und Basketballbereich. Die Spielerinnen des Angel City FC liefen zu ihrem Spiel gegen North Carolina mit T-Shirts auf, auf denen „Los Angeles ist für Alle“ auf Englisch und spanisch gedruckt stand. „Wir wollten zeigen, dass wir zu der Community stehen“, sagte der Cheftrainer Alexander Straus. Wenige Tage zuvor hatten die Anhänger des Männerteams Los Angeles FC auf der Tribüne einen Banner ausgerollt, der die Auflösung der Einwanderungsbehörde ICE forderte.
Aus den publikumsstarken Männer-Sportarten meldete sich derweil alleine Basketball-Nationaltrainer Steve Kerr zu Wort. Er kritisierte unumwunden Trumps Vorgehen gegen die Demonstration mit militärischer Gewalt in Los Angeles: „Es ist eine Demonstration von Pseudo-Stärke, die nur dazu dient, Chaos und Verwirrung zu stiften.“
Der Journalist Dave Zirin, Spezialist für Sport und Politik, hat eine Theorie dafür, warum Athleten wie LeBron James oder Steph Curry, die sich in der Vergangenheit stark politisch engagiert hatten, während der zweiten Amtszeit Trump so still geworden sind. „Zum einen haben sie physische Angst vor Attentaten“.
Das Klima der politischen Gewalt in den USA ist ihnen zu heikel geworden. Zum anderen können sie sich nicht mehr der institutionellen Unterstützung durch den Verband und ihrer Clubs sicher sein. Selbst Liga Chefs und Club Besitzer, die bislang als progressiv galten, fügen sich dem Druck der Trump Regierung. Und wirklich den Job und die Karriere aufs Spiel zu setzen, trauen sich dann doch nur die Wenigsten.
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