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US-Reise von Annalena BaerbockKein Wertekompass in Texas

Gastkommentar von Stefan Liebich

Die Bundesaußenministerin hätte sich nicht mit Gouverneur Abbott treffen dürfen, meint Stefan Liebich, ehemaliges Mitglied der Linksfraktion.

Der Fotobeweis: Am 12. September 2023 besucht Annalena Baerbock den Gouverneur in Austin Foto: dpa

K urz nachdem Außenministerin Annalena Baerbock aus Texas abgereist war, veröffentlichte ihr Gastgeber, Gouverneur Greg Abbott, auf dem Nachrichtendienst X (früher Twitter) ein Video vom Weiterbau der Mauer zu Mexiko. Der Republikaner ist gegen Abtreibungen, macht das Leben queerer Menschen schwerer, dafür das Tragen von Waffen leichter.

Als ich im November 2022 anlässlich der Wahlen Austin besuchte, sah ich „Mütter gegen Greg Abbott“- Schilder oder „Schützt die Trans-Jugendlichen. Wählt Greg Abbott ab“. Die Wahlen gewann er gegen den demokratischen Herausforderer Beto O’Rourke von den Demokraten mit 55 Prozent trotzdem.

In einem de facto Zwei-Parteien-System ist es grundsätzlich nicht schlecht, Kontakte in beide Lager zu haben. Aber in den USA ringen längst nicht mehr zwei Parteien, von denen die eine etwas konservativer und die andere etwas sozialdemokratischer ist, miteinander. Die Republikanische Partei hat sich in eine Gruppierung verwandelt, die Wahlergebnisse oder Gerichtsentscheidungen nur noch anerkennt, wenn ihr die Ergebnisse gefallen.

Unter den 26 republikanischen Gouverneuren zählt Greg Abbott nicht zu den Moderaten. Im Gegenteil. Ausgerechnet ihn zu besuchen, war kein Pflichtprogramm, sondern eine bewusste Entscheidung der Außenministerin. Sie wolle nicht nur in Washington sein, war zu lesen.

Stefan Liebich

leitet ab März 2024 das US-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York City. Von 2009 bis 2021 war er Außenpolitiker der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Aber sie hätte auch die Demokratin Gretchen Whitmer, die von Rechtsradikalen mit Entführung und einem Putsch bedroht wurde, in Michigan oder Gouverneur Phil Murphy, den ehemaligen US-Botschafter in Deutschland, in New Jersey besuchen können. Kontakte zu Republikanern könnte die Bundesregierung auch unterhalb der Ministerinnenebene pflegen. Aber Baerbock wollte offenbar ein Signal senden. Es lautet: „Wenn ihr die nächste US-Regierung stellt, kein Problem. Wir kommen damit klar.“ Die deutsche Wirtschaft wird das dankbar gehört haben.

Ihre Außenpolitik habe einen klaren Wertekompass, sagt die Außenministerin oft. In Texas war er offenbar nicht im Reisegepäck.

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9 Kommentare

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  • ab als transatlantikerin erscheint mir wie eine marionette der einflußreichsten kapitalistInnen der usa.



    sie ist deren frontfrau. ob das "unseren" interessen dient? jawoll - wenn man/frau zu herrschenden kaste zählt.

  • @OLLI P.

    Warum nicht gleich Trump? Er glaubt schliesslich, dass er immer noch Präsi ist. Und mit ihm tun es erschreckend viele Bürger*innen der USA...

    Ich wiederhole meine Frage: warum ausgerechnet der? Sie trifft sich schliesslich nicht mit allen, die "in einer demokratischen Wahl ins Amt gekommen sind" (woher wissen Sie das eigentlich?)

  • Warum ausgerechnet Abbott?

    • @tomás zerolo:

      VERDIENTE AUFMERKSAMKEIT:



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      m.faz.net



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      "Abbott gehört zu den Gouverneuren in den USA, die sich am deutlichsten gegen Vorschriften zum Tragen einer Maske zum Schutz vor Corona ausgesprochen haben. Per Dekret untersagte er es auch allen Regierungsbehörden sowie Einrichtungen, die öffentliche Mittel erhalten, verpflichtende Vorgaben zu Impfungen zu machen. Abbott ist auch vehement gegen eine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken. Mehrere texanische Schulbezirke erließen dennoch solche Regeln."



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      stern.de



      "Texas hat vor einem Jahr ein rigides Abtreibungsverbot erlassen. Ausnahmen für Vergewaltigungsopfer lehnte Gouverneur Greg Abbott mit der Ansage ab, er werde Vergewaltigungen in seinem Bundesstaat beseitigen. Hat er aber nicht."



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      Ein echter "Menschenfreund"...



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      amnesty.de



      "Am 1. März stellte Außenministerin Annalena Baerbock die Leitlinien feministischer Außenpolitik öffentlich vor. Dieser im Kern menschenrechtsbasierte Politikansatz, der menschliche Sicherheit ins Zentrum setzt und bestehende Machstrukturen hinterfragt, weckt große Hoffnungen. Amnesty-Mitarbeiter*innen aus Ländern, deren Regierung ihre Außenpolitik als feministisch bezeichnen, zeigen auf, wie wichtig es ist, dass der eigene Anspruch tatsächlich auch umgesetzt wird."



      /



      Bonus aus blick.ch



      "Abbott warnte vor einem Anstieg illegaler Grenzübertritte und einer «Katastrophe» für die Vereinigten Staaten. Dabei hatte die Biden-Regierung Migrantinnen und Migranten selbst mehrfach vor einem illegalen Grenzübertritt gewarnt. «Die Grenze ist nicht offen, sie war nicht offen und sie wird auch nach dem 11. Mai nicht offen sein», sagte etwa Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas am Freitag./



      /



      Vielleicht braucht Greg Abbott mal etwas mehr Gegenwind von internationaler Seite und mit Medien.



      Klartext von Frau Ministerin Baerbock wäre eine gute Idee im Themenkanon "Katastrophen".



      //



      Texasdeutsch ist eine Varietät der deutschen Sprache, die von den Nachkommen der Deutschamerikaner gesprochen wird...



      (b.wikipedia)

  • Greg Abbott ist ein Politiker, der in einer demokratischen Wahl in sein Amt gelangt ist, von daher gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, warum "eine deutsche außenministeriell leitend tätige Person (m/w/d)" sich nicht mit ihm treffen sollte.



    Merkwürdig, dass dieselben Linken, die sich darüber echauffieren, mit einem Kriegsverbrecher wie Putin keinerlei Berührungsängste haben.

  • einen Wertekompass haben, bedeutet doch nicht nur mit Menschen zu reden, die die gleichen Ansichten haben... Gerade eine Außenministerin hätte nicht mehr viel zu tun, wenn sie sich nur noch mit Gleichgesinnten träfe...



    Ob`s nun unbedingt ein Provinzgouverneur sein muß, noch dazu von der dümmsten Sorte, steht auf einem anderen Blatt, um viel Konkretes dürfte es in Gesprächen nicht gegangen sein...

    • @nutzer:

      P.S. auf dem Foto sieht er irgendwie den Bush`s ähnlich.. Zufall?

  • So ein Blödsinn, die Linken, die immer fordern, man sollte unbedingt mit Putin verhandeln, und noch heute darüber jubeln, dass Brandt und Schmidt nach Moskau reisten, echauffieren sich, dass eine Außemminsterin auch mal unangenehme Gesprächsseiten aufsucht.

  • Wenn ich die Gesichter auf der RECHTEN SEITE des Tisches in dem vornehmen Ambiente sehe, wäre ich von der Einschätzung eines versöhnlichen oder gar amüsanten Treffens sehr weit entfernt. Erstaunen trifft es auch nur marginal. Mehr Bilder, auch bewegte, wären vielleicht eindeutiger. Vielleicht legt die Außenministerin ihre Gründe noch näher dar. Ihre direkte Art hatte schon anderswo für eine gewisse diplomatische "Aufmerksamkeit" gesorgt.