US-Präsident eskaliert im Handelsstreit: Trump droht mit Zöllen auf Autos und Medizin
Die USA sind erstmals seit Jahren wieder Deutschlands wichtigster Handelspartner. Doch kommen die angedrohten Zölle, sind 300.000 Jobs sind in Gefahr.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte deshalb vor einer Eskalation des Handelsstreits. „Wir müssen eine Zollspirale verhindern“, sagte der Grünen-Kanzlerkandidat am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei gut, dass EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič in Washington mit der US-Regierung das Thema erörtere, in enger Abstimmung mit den 27 EU-Mitgliedstaaten. „Wir müssen hier mit geradem Rücken mit den USA verhandeln“, ergänzte Habeck.
Insbesondere die deutsche Automobilbranche ist besorgt [die ist immer besorgt. d. säzzer]. „Die aktuell von Präsident Trump erwähnte Zollhöhe von 25 Prozent ist eine Provokation“, sagte die Präsidentin des Auto-Lobbyverbandes VDA, Hildegard Müller, der taz. „Sollte Präsident Trump die Zölle auf Pkws aus der EU erhöhen, hätte dies negative Auswirkungen auf die Exporte aus der EU in die USA.“
Ihrem Verband zufolge exportierten die deutschen Autobauer im Jahr 2023 insgesamt rund 400.000 Pkws im Wert von 24,7 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Hinzu kommen rund 900.000 Autos, die VW, BMW & Co direkt in den USA produzierten. Davon wurde allerdings die Hälfte in andere Länder exportiert. „Somit profitiert auch der Automobilstandort USA vom internationalen Handel und dem Engagement der deutschen Automobilindustrie“, sagt Müller. Deutsche Autobauer und Zulieferer beschäftigten 138.000 Menschen in den USA.
USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner
Nicht nur für die Autobauer sind die USA wichtig. Mit Importen und Exporten im Wert von insgesamt 252,8 Milliarden Euro waren die Vereinigten Staaten im Jahr 2024 erstmals seit dem Jahr 2015 wieder Deutschlands wichtigster Handelspartner. Zuvor war es China, das mit einem Außenhandelsumsatz von 246,3 Milliarden Euro nun nur noch den zweiten Platz belegt. Die Reihenfolge änderte sich, weil deutsche Firmen mehr in die USA exportierten und gleichzeitig Ex- wie Importe mit China abnahmen.
Für Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt dies deutlich, vor welchen Herausforderungen die deutsche Wirtschaft derzeit steht: der aggressiven Industriepolitik Chinas sowie der aggressiven Handelspolitik des neuen US-Präsidenten. „Deutschland und Europa müssen sich deshalb vorbereiten und weniger anfällig gegen Handelskonflikte machen“, warnt der Ökonom.
Als Maßnahme schlägt Dullien ein großes Investitionsprogramm vor, das die inländische Nachfrage stärkt, und eine gezielte Industriepolitik, um Schlüsselbranchen auch in einem Umfeld immer aggressiverer Politiken aus dem Ausland zu schützen und zu fördern. Denn kommt es zu einem globalen Handelskrieg, sind laut Berechnungen des IMK hierzulande 300.000 Jobs in Gefahr. Die deutsche Wirtschaft könnte demnach um mehr als 1 Prozent schrumpfen.
Während China zunehmend hiesigen Firmen Konkurrenz in Branchen macht, in denen Deutschland bisher stark war, droht Trump nicht nur mit Auto-Zöllen. Er brachte jetzt auch Importabgaben auf Pharmaprodukte ins Spiel: „Es werden 25 Prozent und mehr sein, und es wird im Laufe eines Jahres noch deutlich höher werden“, sagte er in Mar-a-Lago.
Macht Trump damit Ernst, verteuert er ein weiteres wichtiges Handelsgut, das Deutschland in die Vereinigten Staaten exportiert. So gingen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 rund 23 Prozent der deutschen Pharma-Ausfuhren in die USA. „Insgesamt könnte eine Eskalation des Handelskonflikts 2025 dazu führen, dass die deutschen Ausfuhren in die USA erstmals seit Jahren wieder zurückgehen“, warnt deshalb Konjunkturexperte Dullien.
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