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US-Präsident besucht GroßbritannienObama warnt vor dem Brexit

Die Briten sollen stolz auf ihre Rolle in der EU sein, findet der US-Präsident. Die meisten sind aber ziemlich unzufrieden.

Mit dem Hubschrauber landete das Ehepaar Obama auf der Wiese von Windsor Castle Foto: ap

Dublin taz | Barack Obama hat die Briten beschworen, bloß nicht aus der Europäischen Union auszutreten, wenn sie am 23. Juni darüber abstimmen. Der US-Präsident schrieb in einem Gastbeitrag für das Tory-Blatt Daily Telegraph: „Wenn die Bürger des Vereinigten Königreichs über ihre Beziehung zur EU Bilanz ziehen, sollten sie stolz darauf sein, dass die EU dabei geholfen hat, britische Werte und Praktiken – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, offene Märkte – auf dem Kontinent und an seiner Peripherie zu verbreiten.“

Der britische Premierminister David Cameron ist auf Obamas Hilfe angewiesen, gewinnen die Befürworter des Brexit – des EU-Austritts – doch immer mehr die Oberhand.

Fast 60 Prozent der Briten sind unzufrieden mit ihrem Premier, seit Anfang April herausgekommen war, dass Cameron Anteile an einer Offshore-Firma seines Vaters hielt. Zudem kritisieren viele EU-Befürworter, dass die Kampagne für den Verbleib in der EU lediglich auf Angstmache vor den Folgen des Brexit setze, statt die positiven Eigenschaften der EU hervorzuheben.

Obama warnte die Befürworter des EU-Austritts, die glauben, dass Großbritannien stattdessen die Beziehungen zu den USA verstärken könne: „Ich sage mit der Offenheit eines Freundes, dass das Ergebnis des Referendums von großem Interesse für die Vereinigten Staaten ist. Die Zigtausende Amerikaner, die auf Europas Friedhöfen ruhen, sind ein stiller Beleg dafür, wie eng verflochten unser Wohlstand und unsere Sicherheit wirklich sind.“

Johnson wirft Obama Heuchelei vor

Der Chef der rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (Ukip), Nigel Farage, riet Obama wütend, sich gefälligst nicht in britische Angelegenheiten einzumischen.

Londons Tory-Bürgermeister Boris Johnson, die Gallionsfigur der Brexit-Befürworter, beschuldigte Obama der Heuchelei, da die USA ihre Demokratie „mit mehr hysterischem Eifer als jedes andere Land auf der Welt“ schützen, den Briten nun aber raten, einen „Großteil der Kontrolle über unsere Demokratie aufzugeben“.

Obama, der zum 90. Geburtstag von Königin Elisabeth am Donnerstag nach London gereist war, traf sich am Freitagabend mit Cameron, um über eine Reihe von außenpolitischen Themen zu sprechen – vor allem über die Bekämpfung des IS im Irak und in Syrien. Obama hofft, bis Jahresende das nord-irakische IS-Hauptquartier Mosul zurückzuerobern.

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7 Kommentare

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  • Trojanisches Pferd

    Aus gutem Grund hatte sich General de Gaulle zu seiner Amtszeit vehement einem Beitritt Großbritanniens zur damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft widersetzt, der erst nach seit seinem Tod zustande kam. Für ihn waren die Briten nichts anderes als das Trojanische Pferd der USA und ihres Wirtschafts- und Sozialmodells in Europa. Obamas Widerstand gegen den Brexit bestätigt dies nachträglich auf sehr anschauliche Weise.

  • Wenn die Briten nach Austritt aus der EU mit China über Dumping-Stahl verhandeln, was glauben sie, was die da für ein Standing haben? Ein ziemlich kleines, wenn ein Kleinstaat mit einer Großmacht verhandelt. Das britische Pfund schmiert ja vorausschauend schon ordentlich ab. China überholt die USA, das sind 1200 Millionen Menschen, die Briten sind 60 Millionen (5% davon).

    • @Gabriel Renoir:

      Schottland will ja in der EU bleiben. Ob es GB also in einem Jahr noch gibt, ist fraglich. Dann ist man nicht mal mehr "eine kleine Insel mit einer großen Vergangenheit", sondern nur noch ein Teil einer Insel.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        ... vielleicht überholt England ja Puerto Rico in dem Bemühen, 51er Bundesstaat zu werden.

  • Der brexit fußt auf der irrationalen Angst der Briten vor dem Kontinent. Dabei haben allein längst nicht mehr das Gewicht international.

  • Geniale Idee. Die Brexit Befürworter beschweren sich vor allem darüber, dass sich von außen in britische Angelegenheiten eingemischt wird. Und was mach Cameron? Er holt sich Ausländer, um seine Kampagne zu unterstützen. Echt toll...

     

    Nebenbei:

     

    "Obama hofft, bis Jahresende das nord-irakische IS-Hauptquartier Mosul zurückzuerobern."

     

    Eilig hat er es ja nicht gerade. Wenn er Pech hat, kommen ihm andere zuvor.