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US-Präsident begnadigt HunterBiden sieht seinen Sohn als Opfer eines „Justizirrtums“

Entgegen früherer Ankündigungen spricht der scheidende US-Präsident Joe Biden jetzt doch eine umfassende Begnadigung für seinen Sohn Hunter aus.

Auf Papa ist Verlass: Hunter Biden ist von seinem Vater, US-Präsident Joe Binden, begnadigt worden Foto: Craig Hudson/reuters

Washington dpa | Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit hat Joe Biden überraschend seine Macht als US-Präsident genutzt und entgegen vorheriger Aussagen seinen verurteilten Sohn Hunter begnadigt. Er habe seit seinem Amtsantritt gesagt, dass er sich nicht in die Entscheidungen des Justizministeriums einmischen würde, hieß es in der Erklärung von Biden zu der Begnadigung. Sein Sohn sei von der Justiz jedoch „ungerecht“ behandelt worden.

Der 54 Jahre alte Präsidentensohn hatte sich nach einem Schuldspruch wegen Verstößen gegen das Waffenrecht auch in einem zweiten Verfahren wegen verschiedener Steuervergehen schuldig bekannt. Das Strafmaß in beiden Fällen sollte im Dezember verkündet werden.

Die Anklagen seien erst zustande gekommen, nachdem mehrere seiner politischen Gegner im Kongress diese angezettelt hätten, um ihm politisch zu schaden, schrieb Biden zur Begründung. „Kein vernünftiger Mensch, der sich die Fakten von Hunters Fällen ansieht, kann zu einem anderen Schluss kommen, als dass Hunter nur deshalb herausgegriffen wurde, weil er mein Sohn ist – und das ist falsch.“

Man habe versucht, „Hunter zu brechen“ und auch ihn zu brechen, schrieb Biden. Er vertraue auf das Justizsystem, aber in diesen Fällen habe die Politik das Verfahren beeinflusst, dies habe zu einem „Justizirrtum“ geführt. Er habe mit sich gerungen und am Wochenende die Entscheidung getroffen, seinen Sohn nun doch zu begnadigen.

Steuerschulden, erstaunlicher Lebenswandel

Biden hatte mehrfach gesagt, dass er dies nicht tun werde. Seine Amtszeit endet mit der Machtübergabe an den designierten Präsidenten Donald Trump am 20. Januar.

Hunter Bidens juristische Probleme hatten seinen Vater politisch belastet. Biden hatte ursprünglich geplant, noch einmal für das Präsidentenamt zu kandidieren, stieg nach einer desaströsen Vorstellung im TV-Duell gegen Trump aber aus dem Rennen ums Weiße Haus aus und überließ die Kandidatur seiner Vize Kamala Harris. Sie verlor die Präsidentschaftswahl sehr klar gegen Trump.

In dem Verfahren wegen verschiedener Steuervergehen hatte sich Hunter Biden im September überraschend schuldig bekannt und so den Prozess in Los Angeles in letzter Minute abgewendet. Ihm war zur Last gelegt worden, Bundessteuern für mehrere Jahre nicht ordnungsgemäß gezahlt zu haben. Er habe Millionen für einen extravaganten Lebensstil ausgegeben, anstatt seine Steuern zu begleichen, lautet der Vorwurf. Seine Steuern zahlte Hunter Biden erst nachträglich.

Konkret geht es um die Jahre 2016 bis Mitte Oktober 2020. Die Anklageschrift listete genau auf, was Hunter Biden in jenen Jahren einnahm – unter anderem durch windige Auslandsgeschäfte und undurchsichtige Zahlungen eines „persönlichen Freundes“. Vor allem aber die penible Auflistung delikater Ausgaben – etwa für Sexclubs, Stripperinnen und „Erwachsenen-Entertainment“ – sorgte für großes Aufsehen.

Laut US-Justizministerium drohten ihm in dem Fall bis zu 17 Jahre Haft. Die tatsächlichen Strafen für Bundesverbrechen lägen in der Regel aber unter den Höchststrafen, hieß es damals. Die Strafmaßverkündung war für den 16. Dezember angesetzt.

Hunter Biden war seit Jahren ein politisches Problem

In dem anderen Strafprozess war Hunter Biden im Juni wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden. In dem Fall wurde ihm zur Last gelegt, bei einem Waffenkauf im Oktober 2018 falsche Angaben gemacht und seine damalige Drogenabhängigkeit verschwiegen zu haben. Er wies die Vorwürfe zurück. Die zwölf Geschworenen sprachen ihn dennoch schuldig. Das Strafmaß in dem Waffen-Verfahren sollte zunächst am 13. November verkündet werden, dies wurde dann aber auf den 4. Dezember verschoben.

Der Prozess in Delaware hatte jede Menge delikate private Angelegenheiten an die Öffentlichkeit gebracht. Unter anderem musste dort Hunter Bidens erwachsene Tochter Naomi Auskunft über die Drogenabhängigkeit ihres Vaters geben – ebenso wie die Witwe seines Bruders, mit der er nach dessen Tod eine Affäre hatte.

Dem Präsidentensohn drohten in dem Fall bis zu 25 Jahre Haft. Es galt allerdings als unwahrscheinlich, dass er zu einer solch hohen Haftstrafe verurteilt würde, da er nicht vorbestraft war. Experten zufolge hätte er auch ohne Haft davonkommen können.

Hunter Biden machte seit Jahren negative Schlagzeilen: Alkoholsucht, Drogenabhängigkeit, fragwürdige Geschäfte, rechtliche Streitigkeiten mit einer Ex-Stripperin über den Unterhalt für ein uneheliches Kind. Seine juristischen Probleme waren der Höhepunkt einer langen Serie von Eskapaden.

Republikaner nutzen das Straucheln des Sohnes seit langem für politische Angriffe gegen den US-Präsidenten. Joe Biden erklärte immer wieder öffentlich, dass er seinen Sohn liebe und stolz auf ihn sei. Er hatte auch klargemacht, dass er ihn nicht begnadigen oder seine Strafe abmildern werde – davon ist er nun abgerückt.

Der Vorwurf, die US-Justiz als Waffe gegen einen politischen Gegner einzusetzen, erinnert stark an die Argumentation des designierten Präsidenten Trump. Die Strafverfahren gegen ihn, die sich angesichts seiner Präsidentschaft nun zumindest vorerst in Luft auflösten, bezeichnete Trump immer wieder als „unrechtmäßig“ und forderte ein „sofortiges Ende der politischen Instrumentalisierung“ des Justizsystems.

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14 Kommentare

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  • Ein merkwürdiges System mit seinen Chancen!



    Und die Krönung von allem wäre gewesen:



    "Russell A. Miller:



    "Als Präsident könnte sich Trump selbst begnadigen"..."



    Quelle zeit.de



    Zur Person dort:



    Der US-Jurist Russell A. Miller ist Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Washington and Lee in Lexington in Virginia



    Bei solchen Umständen und derartigen Defiziten in der Kontrolle habe ich auch ein schlechtes Gefühl für die kommende Präsidentschaft ab Januar.

  • Naja, so einen Papa wünscht man sich doch ‐ praktisch !

  • Hätte ich an seiner Stelle auch gemacht. Völlig egal, ob er unschuldig ist oder nicht: Ich würde an Bidens Stelle ganz klar die Befürchtung haben, dass die zukünftige Justiz nicht mehr unabhängig ist, insbesondere in diesem Fall. Hier gibt es einen Präsidenten, der mit der Familie Biden ein persönliches Problem hat. Ich finde es auch schlimm und ein bedenkliches Zeichen für die amerikanische Demokratie, dass so etwas nun passiert, nämlich die Begnadigung einzelner Familienangehöriger- einfach, weil man es kann. Klingt für mich nach Fail-State-Politik und würde ich eher in zentralafrikanischen oder mittel- und südamerikanischen Ländern verorten. Aber das zeigt nur auf, wie weit man inzwischen in den USA gekommen ist. Schade... aber wenn ich in den kommenden Osterferien durch die Nationalparks fahre, kann mir das egal sein: Die USA bleiben (egal wer an der Regierung ist) ein wunderschönes Land mit wahnsinnig vielen netten Menschen. Den Rest müssen die Amerikaner mit sich selbst ausmachen und ist nicht mein Problem...

  • Meine Meinung: Da tritt einer der Demokratie mit Wucht in die... also, weit unter die Gürtellinie.



    Das ist jetzt keine Übersetzung ins englische hört sich aber ähnlich an und trifft es m.M.n. auch sehr gut:



    His behaviour is way below the line.

    Gruß

    Jörg Kern

  • So schafft man Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit!

    Was unterscheidet den amerikanischen Präsidenten jetzt noch von gewissen Diktatoren und Autokraten, die genauso agieren, um die Verwandtschaft vor der Justiz zu schützen?

  • Super. Während der Wahl den moralisch Überlegenen geben, und das nach der verlorenen Wahl kassieren, sobald das nicht geklappt hat. Ich glaube den interessiert nichts mehr.

    • @Hoehlenmensch:

      Evtl. hat Josef Biden (der die Wahl ned vorloren hat, das war dann doch Kamela Harris) Angst um das Wohlergehen seines Sohnes wenn der unter Trumps umgeordneten Staat in den Knast müsste.

  • Der Eindruck ist natürlich fatal...wie will man Ähnliches bei Trump dann kritisieren, dieser will ja unter anderem die Kongresserstürmer begnadigen?



    Das Recht zur Begnadigung sollte ohnehin weg, kommt es doch aus der monarchistischen Tradition, als sich der Gottkaiser von seinem Thron milde lächelnd zu seinen Untertanen herabbeugte und Gnade vor Recht ergehen ließ.



    Um ein Wohlverhalten zu honorieren kann man doch durch die Gerichte eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung beantragen.

  • Letztendlich unterscheidet sich Trump von Biden nur in der extremen und rassistischen Rhetorik. Politisch und auch was Integrität angeht sind die beiden zwei Seiten der selben Medaille. Vetternwirtschaft inklusive!

    • @TeeTS:

      Ach, erinnern Sie mich doch bitte, wann Joe Biden einen Staatsstreich versucht hat. Wenn die politisch "zwei Seiten der selben Medaille" sind, sollte Ihnen das ja leicht fallen.

  • Was für eine Steilvorlage für die Rechten.

    Wie soll man danach eigentlich noch gegen Trump argumentieren?



    „… Wir sind die Besseren“?

    Wie wäre es mit einem Parteiausschluß?



    Gäbe ja genug gute Gründe dafür.

  • Begnadigt, ja und? Zwar sind das keine Kinkelitzchen, was Hunter da so angestellt hat. Dafür ist er ja bestraft worden. Was hingegen der künftige Doktator-Präsindet alles auf dem Kerbholz hat, das ist größtenteil eben nicht bestraft worden. Und die "Begnadigungen" für ihn sind teils im Vorfeld schon manipuliert worden oder werden sehr schnell folgen. Und: Hunter war nie Präsident. In zivilisierten (!!) Staaten gilt auch nicht das Prinzip der Sippenhaft....

    • @Perkele:

      wie, „ja und?“



      Gibt es in diesem kaputten Land sonst noch einen Vater, der die Macht hätte seinen rechtmäßig verurteilten Sohn vor einer Gefängnisstrafe zu bewahren? Außer Trump?



      Das bedient doch genau das dessen Gerede von der politischen Elite in Washington.

      Für mich ist das ein absolut antidemokratisches Verhalten.



      Unentschuldbar.

    • @Perkele:

      Wenn er begnadigt wird, wird er eben nicht bestraft.



      Und der Whataboutism in allen Ehren, aber genau da wird jeder Vorwurf an Trump, dass er seine Präsidentschaft für persönliche Interessen nutzt von Seiten der Demokraten ziemlich unglaubwürdig.