US-Präsident Obama in Warschau: Lob den Polen, Drohung an Putin
US-Präsident Barack Obama unterstreicht bei seinem Besuch in Warschau die militärischen Garantien für Polen. Auch der Ukraine verspricht er Hilfe.
WARSCHAU taz | „Wolnosc – Freiheit – 25 Jahre“. Überall in Warschau flattert das rot-weiße Banner mit dem berühmten Schriftzug der Gewerkschafts- und Freiheitsbewegung Solidarnosc. Vom Dach des Präsidentenpalastes am Prachtboulevard Krakowskie Przedmiescie hängen riesige Nationalfahnen, und selbst die beiden Stein-Löwen an der Einfahrt tragen zur Feier des Tages rot-weiße Freiheitskokarden. Tagelang haben Arbeiter auf dem Schlossplatz an der Bühne für den Ehrengast der großen Feier – US-Präsident Barack Obama – gehämmert sowie die zahlreich eingeladenen Premierminister und Staatspräsidenten Europas.
„Polen wird nie mehr allein sein“, versichert Obama den Gästen auf dem Schlossplatz und den Millionen Fernsehzuschauern, die die Feier live verfolgen. „Ich weiß, dass Polen in der Not der Stunde immer wieder von den Freunden verraten wurde, aber in der Nato stehen alle zusammen. Auch Estland, Lettland, Litauen und Rumänien werden nicht allein stehen. Nie mehr! Das ist uns eine Verpflichtung.“
Jeder Pole weiß, auf was der Präsident hier anspricht. Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs war das Land mit Großbritannien und Frankreich verbündet. Doch nach dem 1. September 1939 rührten diese Alliierten keinen Finger. Hitlers Wehrmacht und Stalins Rote Armee teilten Polen ungestört unter sich auf.
Das Publikum – neben den geladenen Gästen rund 1.000 bis 2.000 Warschauer – klatscht verhalten. Alle warten gespannt darauf, was der US-Präsident zur Ukraine sagen wird. In den Morgenstunden hatte sich Obama mit dem vor wenigen Tagen neu gewählten Präsidenten der Ukraine Petro Poroschenko getroffen. „Ich will hören, was er braucht“, verkündete Obama am Vortrag.
Keine Imperien mehr
Noch einmal wendet sich der US-Präsident an Polen, Litauer, Letten und Esten: „Unsere Flugzeuge schützen euch. Wir tun dies nicht, um jemanden zu drohen, sondern um eure staatliche Integrität zu garantieren.“ Tatsächlich sind seit der Krimkrise, die in den östlichen Nato-Staaten größte Sorge um die eigene Sicherheit aufkommen ließ, amerikanische Kampfjets im Einsatz, um den Luftraum dieser Länder zu überwachen und die Bevölkerung zu beruhigen.
„Doch wir kämpfen nicht nur um die Bewahrung unserer Freiheit“, sagt Obama weiter. „Wir helfen auch denjenigen, die um ihre Freiheit kämpfen.“ Die Ukraine habe in freien Wahlen einen neuen Präsidenten gewählt, Petro Poroschenko, mit dem er sich getroffen habe. „Die Ukraine muss die Möglichkeit haben, eine freie Wahl zu treffen. Die Tage der Imperien und Einfluss-Sphären sind gezählt. Wir werden die Okkupation der Krim niemals akzeptieren.“ Russland solle seine Provokationen gegenüber der Ukraine einstellen, da es sonst einen Preis dafür bezahlen müsse, droht Obama.
Der US-Präsident erinnert daran, dass Polen seine Freiheit unter vielen Opfern, aber gewaltfrei erkämpft habe. Und er spricht das Massaker von Peking vor ebenfalls exakt 25 Jahren an: „Wir dürfen niemals vergessen, dass der Funke für diese Veränderungen in Europa von Polen ausging. Am gleichen Tag, als hier in halbfreien Wahlen der Kommunismus abgewählt wurde, am 4. Juni 1989, endete der friedliche Protest von Tausenden Studenten auf dem Tiananmen-Platz in Peking in einem blutigen Massaker.“ Auf der anderen Seite der Erdkugel hätten Panzer die Freiheit niedergewalzt.
In Polen sei damals Geschichte geschrieben worden, die die Welt verändert habe. Erst die Freiheit ermögliche die Wahl, wie diese Freiheit zu nutzen sei. Die Ukraine würde nun gerne in die Fußstapfen Polens treten und ebenfalls in Freiheit über ihre Zukunft entscheiden. „Aber Freiheit ist nicht umsonst zu haben. Durch die Aggression Russlands gegen die Ukraine kann dieses Land heute nicht in Frieden und Freiheit über seine Zukunft entscheiden. Aber wir stehen Arm in Arm zusammen. Ohne Solidarität keine Freiheit.“
Das Publikum klatscht spontan. „Ich sage Danke“, endet Obama. „Danke für euren Freiheitskampf. Dziekuje, Polsko!“
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