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US-Angriffe auf IS-Ziele in SyrienIS-Mitglieder in Syrien getötet

Das US-Militär greift in Syrien Dutzende Ziele der Terrormiliz Islamischer Staat an. Hintergrund ist die Tötung dreier Amerikaner vergangene Woche.

Dieses von der US-Luftwaffe zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen US-Luftwaffenangehörigen, der eine A-10 Thunderbolt II vorbereitet zur Unterstützung der Operation Hawkeye Strike Foto: U.S. Air Force via DVIDS/AP/dpa

dpa | Rund eine Woche nach einem tödlichen Angriff auf US-Soldaten in Syrien hat das Militär massive Vergeltungsschläge gegen Ziele der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) begonnen. Mit Kampfflugzeugen, Kampfhubschraubern und Artillerie griffen die Streitkräfte mehr als 70 Ziele an, darunter Waffenlager und Infrastruktur der Terroristen, wie das für den Nahen Osten zuständige Regionalkommando des US-Militärs (Centcom) erklärte.

Der Einsatz gegen die IS-Ziele in Syrien sei nicht der Beginn eines Kriegs, sondern Ausdruck der „Rache“ der Vereinigten Staaten, schrieb Verteidigungsminister Pete Hegseth auf der Plattform X. „Heute haben wir unsere Feinde gejagt und getötet. Viele von ihnen. Und wir werden damit fortfahren“, schrieb Hegseth, den die US-Regierung als Kriegsminister bezeichnet. Das Militär machte zunächst keine Angaben zu möglichen Verletzten oder Todesopfern bei der jüngsten Angriffswelle.

Bei einem Angriff am 13. Dezember in der Stadt Palmyra waren zwei US-Soldaten und ein US-Dolmetscher getötet sowie drei Soldaten verletzt worden. Die USA machen den IS dafür verantwortlich. US-Präsident Donald Trump kündigte daraufhin einen Vergeltungsschlag gegen die Terrormiliz an. Diese hat sich bisher nicht zu dem Angriff bekannt.

Luftangriffe des US-Militärs

Das US-Militär nennt den neuen Einsatz gegen den IS „Hawkeye Strike“. Der Name sollte vermutlich die jüngst getöteten US-Soldaten ehren: Sie stammten aus dem Bundesstaat Iowa, dessen Spitzname „Hawkeye State“ ist.

Der Einsatz richtet sich nach US-Angaben gegen Kämpfer der Terrororganisation IS, deren Infrastruktur und Waffenlager. Bei den Angriffen in der Nacht zum Samstag an mehreren Orten seien mehr als 100 Präzisionswaffen eingesetzt worden – darunter versteht das US-Militär zum Beispiel Bomben oder Raketen. „Wir werden Terroristen, die Amerikanern oder unseren Partnern in der Region schaden wollen, weiter schonungslos verfolgen“, erklärte Centcom-Kommandeur Admiral Brad Cooper. Auch jordanische Kampfflugzeuge hätten den Einsatz unterstützt, hieß es.

Die USA führen in Syrien und im benachbarten Irak eine internationale Koalition zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat an. Der Einsatz begann, nachdem der IS 2014 große Gebiete in beiden Ländern überrannt hatte. Der IS gilt als militärisch besiegt, in beiden Ländern sind aber weiterhin IS-Kämpfer aktiv, die auch Anschläge verüben.

Aktivisten: IS-Anführer getötet

Augenzeugen in Syriens östlichen Provinzen al-Rakka und Dair as-Saur berichteten der Deutschen Presse-Agentur von mehreren Explosionen. US-Flugzeuge hätten Ziele in den Wüstenregionen beider Provinzen angegriffen. Bewohner im nordöstlichen Umland von Dair as-Saur gaben an, gehört zu haben, wie Raketen von US-Militärstützpunkten abgefeuert wurden. Bei dem Angriff sollen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte ein IS-Anführer und weitere Mitglieder getötet worden sein.

Das syrische Außenministerium erklärte seine Entschlossenheit im Kampf gegen den IS. „Wir werden die militärischen Operationen gegen den IS in allen Gebieten, in denen er eine Bedrohung darstellt, weiter verstärken“, hieß es. Zugleich rief die syrische Regierung die USA sowie die Mitgliedstaaten der internationalen Koalition gegen den IS dazu auf, die syrischen Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen.

Trump: Wer die USA angreift, wird bestraft

US-Präsident Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social von sehr gewichtigen Vergeltungsschlägen gegen den IS in Syrien. Gleichzeitig sprach er eine Warnung aus: „Alle Terroristen, die so bösartig sind, Amerikaner anzugreifen, werden hiermit gewarnt: IHR WERDET HÄRTER ALS JE ZUVOR GETROFFEN WERDEN, WENN IHR IN IRGENDEINER WEISE DIE USA ANGREIFT ODER BEDROHT.“ Syrien habe eine glänzende Zukunft vor sich, wenn der IS ausgerottet werden könne.

Nach dem Angriff in Palmyra hatte Trump bereits betont, dass er den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa nicht verantwortlich macht. Er hatte den Übergangspräsidenten erst im November im Weißen Haus empfangen und erklärt: „Wir wollen, dass Syrien ein sehr erfolgreiches Land wird. Und ich glaube, dieser Anführer kann das schaffen.“

Syrien um Stabilisierung bemüht

Seit dem Sturz von Syriens Langzeitmachthaber Baschar al-Assad vor einem Jahr besteht in Syrien die Sorge vor einem Wiedererstarken der Terrormiliz. Die Übergangsregierung bemüht sich, das Land nach Jahren des Bürgerkriegs zu stabilisieren. Bei seinem Besuch in Washington schloss sich al-Scharaa auch selbst der Anti-IS-Koaltion an, wenn auch nur politisch und nicht militärisch.

Die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die gemeinsam mit der Anti-IS-Koalition gegen die Terrormiliz kämpfen, begrüßten die US-Angriffe. Die präzisen Schläge hätten maßgeblich dazu beigetragen, eine Neuformierung von IS-Zellen zu verhindern, erklärte das Generalkommando.

Zurzeit sind nach Angaben aus dem Pentagon etwa 1.000 US-Soldaten in Syrien stationiert. Im Frühjahr hatte Washington eine Halbierung seiner militärischen Präsenz in Syrien angekündigt. Damals waren dort noch etwa 2.000 Soldaten stationiert. Begründet wurde die Reduzierung der Truppen mit Erfolgen im Kampf gegen den IS.

Zuspruch aus Australien nach Anschlag am Bondi Beach

Auch Australien begrüßte die jüngsten US-Angriffe Syrien. Die Terrormiliz sei weltweit für unbeschreibliches Leid verantwortlich, durch ihre eigenen Taten und durch die von ihr verbreitete bösartige Ideologie, erklärte Premierminister Anthony Albanese. Das Land war am vergangenen Wochenende von einem brutalen Terroranschlag mit 15 Toten erschüttert worden. Albanese zufolge war der Anschlag am Strand Bondi Beach in Sydney von der Ideologie des IS inspiriert.

USA heben Sanktionen komplett auf

Nach der vollständigen Aufhebung harter US-Wirtschaftssanktionen gegen Syrien sieht Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa einen Wendepunkt für das Land. Nach Jahren der Not unter der Herrschaft von Langzeit-Machthaber Baschar al-Assad erlebe Syrien den ersten Tag ohne Sanktionen, sagte er am Freitagabend, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete.

Der sogenannte „Caesar Act“ wurde 2019 mit dem Ziel verhängt, die damalige Assad-Regierung wegen des brutalen Vorgehens im Bürgerkrieg zu schwächen. Es waren vor allem Wirtschaftssanktionen. „Die Ära des Schmerzes“ sei nun vorbei, und „die Ära des Wiederaufbaus“ habe begonnen, sagte al-Scharaa.

Hoffnung auf Investitionen und Wirtschaftsaufschwung

Assad wurde Ende 2024 gestürzt. Interimspräsident al-Scharaa bemüht sich seitdem, Syrien nach Jahren der Isolation wieder an die internationale Staatengemeinschaft anzuschließen. Die EU und die USA haben im vergangenen Jahr bereits zahlreiche Sanktionen gegen das Land aufgehoben. Auch der „Caesar Act“ wurde zum Teil ausgesetzt. Nun folgte die endgültige Aufhebung.

Die dauerhafte Aufhebung der Sanktionen gilt als entscheidend für Syriens wirtschaftliche Erholung. Bisher wurden durch das Sanktionsgesetz internationale Investitionen, Wiederaufbauprojekte und Handelsgeschäfte stark erschwert. Al-Scharaa bemüht sich seit Monaten um die komplette Aufhebung.

Mit dem Wegfall hofft Syrien auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Investitionen ausländischer Firmen und regionaler Staaten in Infrastruktur, Energieversorgung oder Gesundheitswesen könnten auch neue Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit bringen.

US-Präsident Donald Trump hatte al-Scharaa im November im Weißen Haus empfangen und erklärt: „Wir wollen, dass Syrien ein sehr erfolgreiches Land wird. Und ich glaube, dieser Anführer kann das schaffen.“

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