UN zum Fortschreiten der Erderhitzung: Die gefürchtete Marke vor Augen
Die UN-Wetterorganisation warnt: Zeitweise könnte die globale Temperatur bereits in den kommenden fünf Jahren die 1,5-Grad-Grenze reißen. Und dann?

Die Regierungen der Welt haben 2015 mit dem Pariser Weltklimaabkommen versprochen, die Erderhitzung auf „deutlich unter 2 Grad“ zu begrenzen, und Anstrengungen zu unternehmen, damit schon bei 1,5 Grad Schluss ist.
Obwohl das nicht nach einer großen Steigerung klingt, hätte auch diese an vielen Orten schon schwere Auswirkungen. Beispielsweise sind noch mehr extreme Wetterereignisse zu erwarten, insbesondere tödliche Hitzewellen.
Dass ein Jahr die gefürchtete Marke knackt, ist noch kein dauerhafter Einstieg in die 1,5-Grad-Welt. Der ist aber laut einem Bericht des Weltklimarats aus dem vergangenen Jahr auch schon Anfang der dreißiger Jahre zu erwarten. Der Weltklimarat ist ein internationales Gremium, in dem Hunderte wechselnde Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Disziplinen regelmäßig den wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Klimakrise auswerten.
„Zunehmend schädlich für Menschen“
Das wärmste bisher gemessene Jahr war 2016. Damals lagen die Temperaturen im weltweiten Schnitt um 1,2 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Dass eines der nächsten fünf Jahre den Rekord bricht, ist fast sicher: Das wird nämlich laut Weltwetterorganisation mit 93-prozentiger Wahrscheinlichkeit eintreten. Genauso wahrscheinlich ist es den neuen Daten nach, dass die durchschnittliche Temperatur von 2022 bis 2026 im Schnitt höher liegt als in der Fünf-Jahres-Spanne davor.
Petteri Taalas, WMO-Chef
„Diese Studie zeigt mit hohem wissenschaftlichen Standard, dass wir messbar näher an die niedrigere Temperaturgrenze des Paris-Abkommens heranrücken“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas bei der Vorstellung der Prognosen. „Die 1,5 Grad sind nicht nur irgendeine Zahl. Das ist der Punkt, an dem Klimawandelfolgen zunehmend schädlich für Menschen und den ganzen Planeten werden.“
Der Weltklimarat IPCC hatte erst kürzlich in einem Bericht dargelegt, welche dramatische Abwärtsentwicklung der Emissionen es geben müsste, wenn die Erderhitzung bei 1,5 Grad stoppen soll. Der globale Höhepunkt beim CO2-Ausstoß müsste 2025 erreicht sein, schon bis 2030 müssten sich die Emissionen fast halbiert haben, um rund 2050 praktisch bei null zu liegen.
Die Wirtschaftspausen während der Coronalockdowns im Jahr 2020 haben erstmals überhaupt bewirkt, dass die Emissionen weltweit im ungefähr nötigen Maße sanken. Im vergangenen Jahr fiel die Weltwirtschaft aber fast wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurück. Laut der Internationalen Energieagentur verursachte sie 2021 durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas 36,3 Milliarden Tonnen CO2.
Hinzu kommt noch das Treibhausgas, das durch die Zerstörung natürlicher CO2-Senken wie Mooren, Böden und Wäldern entsteht, also etwa durch Landwirtschaft und Bebauung. Insgesamt kommt die Menschheit jährlich etwa auf einen CO2-Ausstoß von 42 Milliarden Tonnen. Bleibt das Niveau gleich, ist das verbleibende CO2-Budget für die 1,5-Grad-Grenze schon in etwas über 7 Jahren aufgebraucht.
„Solange wir weiter Treibhausgase emittieren, werden die Temperaturen auch steigen“, warnte WMO-Chef Taalas. „Darüber hinaus werden auch die Ozeane immer wärmer und saurer werden, Meereis und Gletscher werden schmelzen, der Meeresspiegel wird steigen und unser Wetter extremer.“
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