UN-Tribunal: Ruanda schafft die Todesstrafe ab

Damit kann das Land UN-Völkermordprozesse übernehmen und Auslieferungen erwirken.

Bernard Ntuyahaga wird die Ermordung von 10 Blauhelmsoldaten vorgeworfen. Die Todesstrafe droht ihm jetzt nicht mehr. Bild: dpa

BERLIN taz Dreizehn Jahre nach dem Völkermord an über 800.000 Menschen in Ruanda wird dort die Todesstrafe formell abgeschafft. Am Mittwoch stimmte der Senat als Oberhaus des ruandischen Parlaments einstimmig für ein entsprechendes Gesetz. Die Nationalversammlung als Unterhaus hatte die Maßnahme am 8. Juni mit 45 gegen 5 Stimmen bei 30 Enthaltungen gebilligt. Das Gesetz muss nun von Präsident Paul Kagame in Kraft gesetzt werden. Daran besteht kein Zweifel, da die Initiative von Kagames regierender Ruandischer Patriotischer Front (RPF) ausging.

Die Abschaffung der Todesstrafe ist nötig geworden, weil das UN-Ruanda-Tribunal im tansanischen Arusha, das die Planer des Genozids aburteilt, im kommenden Jahr beginnen will, seine Prozesse nach Ruanda zu verlagern und der dortigen Gerichtsbarkeit zu übergeben. Dies geht aber nur, wenn Todesurteile ausgeschlossen sind. Die Tätigkeit des UN-Tribunals, das seine Arbeit 1997 aufnahm, läuft Ende 2008 aus; es hat bislang 33 Fälle abgeschlossen und dabei 28 Schuldsprüche gefällt. Insgesamt hat das Tribunal 56 Menschen angeklagt.

Als erster Fall soll der des flüchtigen ehemaligen Polizeiinspektors Fulgence Kayishema vom UN-Tribunal an die ruandische Justiz übergeben werden; er wurde 2001 formell in Abwesenheit angeklagt. Sechzehn weitere Fälle sollen folgen; in den meisten sind die Angeklagten auf der Flucht. Damit werden demnächst festgenommene flüchtige Völkermordtäter aus Ruanda nicht mehr an die UNO überstellt werden können, sondern es muss ein Auslieferungsverfahren nach Ruanda selbst geben.

Auch dafür ist die Abschaffung der Todesstrafe ein Signal. Lediglich die USA lieferten bisher einen flüchtigen Völkermordverdächtigen nach Ruanda aus. Andere wurden in Belgien, den Niederlanden, Dänemark und der Schweiz vor Gericht gestellt.

In Ruanda selbst galt die Todesstrafe bisher für Völkermordangeklagte der "ersten Kategorie", also Planer und Organisatoren von Massakern. Vollstreckt wurde sie nur einmal im Jahr 1998, als 22 zu Tode Verurteilte im Sportstadion der Hauptstadt Kigali hingerichtet wurden. Etwa 600 bis 800 Todeskandidaten sitzen in Ruandas Gefängnissen. Ihre Strafen müssen, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt, in lebenslange Haftstrafen umgewandelt werden. Insgesamt sind in Ruanda Verfahren gegen rund 818.000 Menschen - ein Zehntel der Bevölkerung - wegen des Verdachts auf Beteiligung am Völkermord anhängig, fast alle vor den "Gacaca" genannten Dorfgerichten, bei denen Täter und überlebende Opfer vor gewählten Laienrichtern miteinander konfrontiert werden. Nur ein Bruchteil der mutmaßlichen Täter sitzt in Untersuchungshaft.

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