UN-Soldaten in Elfenbeinküste getötet: Gbagbos Resterampe unter Verdacht
Es war der schwerste Überfall seit Ende des Bürgerkrieges vor gut einem Jahr. UNO und Regierung machen aus Liberia eingedrungene Milizen verantwortlich.
BERLIN taz | Beim schwersten bewaffneten Zwischenfall in der Elfenbeinküste seit Ende des Bürgerkrieges im April 2011 sind sieben UN-Blauhelmsoldaten aus Niger und mindestens acht Zivilisten sowie zwei ivorische Regierungssoldaten getötet worden.
Der Überfall am späten Freitag wurde nach UN-Angaben von ivorischen Milizionären verübt, die aus dem Nachbarland Liberia über die Grenze gekommen waren. Das Dorf Para südlich der Kleinstadt Tai sei angegriffen worden, berichtete die UN-Mission in der Elfenbeinküste (Onuci). UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und der UN-Sicherheitsrat verurteilten den Angriff – der schwerste seiner Art gegen UN-Blauhelme in der Elfenbeinküste seit Beginn ihrer Stationierung im Jahr 2004. Die UNO hat rund 9.400 Soldaten in dem westafrikanischen Land stationiert.
Hunderte Zivilisten ergriffen nach dem Angriff die Flucht und strömten in die Kleinstadt Tai, während die Unoci am Samstag Verstärkung in die Region schickte. „Wir gehen davon aus, dass Tausende weitere Menschen auf der Straße unterwegs sind“, sagte Anouk Desgroseillers, Sprecherin der humanitären UN-Abteilung OCHA in der ivorischen Metropole Abidjan. Das Internationale Rote Kreuz kümmert sich um die Flüchtlinge.
Der Südwesten der Elfenbeinküste ist nie wirklich zur Ruhe gekommen, seit im April 2011 eine französische Militärintervention zum Sturz des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo zugunsten des 2010 zum Präsidenten gewählten Alassane Ouattara nach mehreren Monaten blutigen Machtkampfs führte. Im Südwesten des Landes waren besonders viele unkontrollierte Milizen beider Seiten aktiv, und die meisten davon haben sich seitdem nicht aufgelöst.
Eine „Sicherheitszone“ errichten
Am Mittwoch hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtet, Gbagbo-treue Milizen hätten in Liberia Zuflucht gefunden und würden regelmäßig grenzüberschreitende Angriffe begehen, bei denen seit Juli 2011 mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen seien. Der Bericht zitierte Liberianer, die erklärten, es gebe gemischte liberianisch-ivorische Kampfeinheiten mit Traininglagern in Liberia, die weitere Angriffe planen würden. Viele von ihnen seien ehemalige Gbagbo-treue Söldner aus Liberia, die seit dessen Sturz ohne Arbeit und Einkommen sind.
Liberias Regierung wies den HRW-Bericht am Samstag zurück. Doch der ivorische Verteidigungsminister Koffi Koffi drohte in Reaktion auf den Überfall von Para, die Elfenbeinküste könnte in Liberia einmarschieren und eine „Sicherheitszone“ errichten. „Wir sollten auf die andere Seite der Grenze gehen, um eine Sicherheitszone zu schaffen“, sagte er. „Natürlich im Einverständnis beider Länder“.
Die Spannungen in der Elfenbeinküste nehmen vor dem am 18. Juni beginnenden Vorverfahren gegen Laurent Gbagbo vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu. Letzten Mittwoch war Gbagbos frührer Verteidigungsminister Moise Lido Kouassi in Togo verhaftet und an die Elfenbeinküste ausgeliefert worden; die togoischen Behörden sagten, man habe bei ihm Umsturzpläne für die Elfenbeinküste gefunden.
Am Tag davor waren in der westivorischen Stadt Danané nahe der liberianischen Grenze 60 Menschen wegen angeblicher Putschvorbereitungen festgenommen worden. Ivorische Zeitungen berichten fast täglich über neu aufgefundene Waffenlager und angebliche Destabilisierungspläne durch Gbagbo-treue Exilanten in Nachbarländern.
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