piwik no script img

Regierung der ElfenbeinküsteÜber Frauenrechte gestürzt

Die Nachkriegskoalition von Präsident Ouattara entzweit sich über einer Ehegesetzreform. Die Gleichstellung von Mann und Frau geht vielen Politikern zu weit.

Die Frauen der Elfenbeinküste sind jetzt den Männern gleichgestellt – formal. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Elfenbeinküste erlebt ihre erste große politische Krise seit dem Ende des Bürgerkriegs, der im April 2011 den gewählten Präsidenten Alassane Ouattara an die Macht brachte. Aber nicht der alte Konflikt mit dem Vorgängerregime erschüttert jetzt das Land, sondern ein Streit über Frauenrechte. Ouattara entließ am Mittwoch seine Regierung, die sich über ein Gesetz zerstritt, dass der Frau in der Ehe gleiche Rechte zubilligt.

„Die Eheleute führen die Familie gemeinsam im Interesse des Haushalts und der Kinder“, heißt es in der Neufassung des ivorischen Ehegesetzes, das ein Parlamentsausschuss am Dienstag verabschiedete. Bisher stand in dem Gesetz aus dem Jahr 1964: „Der Ehemann ist das Oberhaupt der Familie.“

Die Neufassung wurde mit den Stimmen von Ouattaras Partei RDR (Sammlung der Republikaner) gegen die der mitregierenden PDCI (Demokratische Partei der Elfenbeinküste) verabschiedet. Justizministerin Loma Matto Cissé (RDR) erklärte, die Gesetzesreform solle unter anderem der Ehefrau die volle Berufswahlfreiheit geben und es ihr ermöglichen, gerichtlich den Ehemann zur Versorgung der Familie zu zwingen. Ihr Gesetzentwurf wurde von der PDCI-Familienministerin Raymonde Goudou Coffi mitgetragen.

Aber die Männer in der PDCI wollten davon nichts wissen. Die Neuregelung widerspreche traditionellen afrikanischen Werten, hieß es. Die PDCI regierte die Elfenbeinküste als Einparteienstaat von 1960 bis Anfang der 1990er Jahre und stützt sich auf die reichen Kakaobarone. Ouattaras Partei RDR ist vor allem im muslimischen Norden der Elfenbeinküste stark sowie unter den von dort in den Kakaogürtel eingewanderten Arbeitern.

„Der Mann ist nicht mehr Familienoberhaupt“, titelte die RDR-Parteizeitung Le Patriote, während die PDCI-Parteizeitung Le Nouveau Réveil die Überschrift „Jetzt ist die Frau Familienoberhaupt“ wählte. „Frauen dürfen Hosen tragen“, titelte das Blatt Nord-Sud. Die Zeitung L’Intelligent d’Abidjan schrieb: „Ehegesetz führt zu Scheidung zwischen RDR und PDCI“.

In Reaktion entließ Präsident Ouattara am Mittwoch die komplette Regierung, in der die PDCI den Premierminister stellt. Es gebe ein „Solidaritätsproblem“, erklärte Ouattaras Generalsekretär Amadou Gon Coulibaly.

Erst im Juni hatte der bekannte Ouattara-treue Schriftsteller Vénance Konan, Chefredakteur der Regierungszeitung Fraternité-Matin, in einem Artikel das Denken gegeißelt, wonach die Frau Eigentum ihres Mannes sei und dieser mit ihr tun könne, was er will. „Afrika wird einen großen Sprung nach vorn machen, sobald der afrikanische Mann begreift, dass die afrikanische Frau ihm gleichsteht“, schrieb Konan.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • GS
    Gunnar Sturm

    Die Regierung Ouattaras hat noch viel größere Probleme, z.B. wird von unkontrollierbaren Milizen (mit Ouattara an die Macht gekommen) systematisch gefoltert und gemordet.

     

    Mit der Meldung über Frauenrechte (Ouattara war im Wahlkampf angeblich Moslem, welche Position sollte er dann zu Frauenrechten haben?) wird lediglich der Abgesang Medial vorbereitet...Ouattara kann eben nicht halten was von Ihm erwartet wurde.

     

    Was ist aus der Perle Afrikas geworden?

  • N
    Naja

    "sondern ein Streit über Frauenrechte. Ouattara entließ am Mittwoch seine Regierung, die sich über ein Gesetz zerstritt, dass der Frau in der Ehe gleiche Rechte zubilligt"

     

    Was sind denn "Frauenrechte"?? Hier gehts doch klar um Gleichberechtigung, also Rechte für beiderlei Geschlechts. GLEICHE Rechte, nix FRAUEN Rechte.

     

    ...Feminismus bei Euch wo man hinschaut.....nervig

  • KF
    karl friedrich

    Die im Sinne des GG rechtsprechende BRD-Justiz hat vielfach das Recht Angehöriger anderer Kulturen zur Praktizierung auch von BRD-Recht abweichenden kulturellen Eigenarten, auch innerhalb der Ausgestaltung des ehelichen Zusammenlebens, im Geltungsbereich des GG bestätigt.

     

    Und jetzt sollen Angehörige fremder Kulturen in deren eigenen, souveränen Staaten nach den Maßstäben bundesdeutschen Zeitgeistes leben müssen?

     

    Übelstes rassistisches Kolonialherrendenken.