piwik no script img

UN-Sicherheitsrat zur Krise im SudanRussland stoppt Sudan-Resolution

Russland verhindert die erste UN-Sicherheitsratsresolution zum Schutz der Zivilbevölkerung Sudans. Alle anderen Ratsmitglieder stimmten dafür.

Vor den Kämpfen im Sudan geflohene Menschen warten im Juni im Chad auf humanitäre Hilfe Foto: Adrien Vautier/imago

Berlin taz | Russland hat per Veto im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung und zum besseren Zugang für humanitäre Hilfe im Bürgerkriegsland Sudan gestoppt. 14 der 15 Ratsmitglieder stimmten mit Ja, aber Russland stimmte mit Nein, als am Montag der von Großbritannien und Sierra Leone gemeinsam eingebrachte Resolutionsentwurf zur Abstimmung kam.

Der Entwurf, der der taz vorliegt, fordert sowohl Sudans Streitkräfte (SAF) als auch die gegnerische Miliz Rapid Support Forces (RSF) dazu auf, „die Feindseligkeiten sofort einzustellen und in gutem Glauben in einen Dialog einzutreten, um sich auf Schritte zur Deeskalierung des Konflikts zu verständigen, mit dem Ziel, dringend eine landesweite Waffenruhe zu vereinbaren.“

Unmittelbar sollen sie die Verpflichtungen „vollständig umsetzen“, die sie selbst im Mai 2023, wenige Wochen nach Kriegsbeginn, bei den ersten Friedensgesprächen im saudi-arabischen Dschiddah eingegangen waren – also freier und sicherer Zugang für humanitäre Hilfe sowie Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Einrichtungen.

Die Vorlage dafür hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres im Oktober in einem vom UN-Sicherheitsrat angeforderten Bericht über „Empfehlungen zum Schutz von Zivilisten in Sudan“ geliefert. Als Prioritäten hatte er Diplomatie zwecks Einstellung der Kämpfe, Veränderung des Verhaltens des Kriegsparteien – etwa durch ein Waffenembargo – und „breitere Schutzmaßnahmen“ wie humanitäre Hilfe und Unterstützung lokaler und zivilgesellschaftlicher Friedensinitiativen genannt.

Russland besteht auf zentraler Rolle des Militärmachthabers

Von militärischen Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ist weder in Guterres’ Bericht noch im Resolutionsentwurf die Rede. Dennoch sprach Russland jetzt von einer „kolonialen Agenda“ und erklärte, man werde weiterhin „unsere afrikanischen Brüder“ vor „solchen Ereignissen“ schützen.

Bereits am 28. Oktober hatte der russische UN-Vertreter in einer Debatte über Guterres’ Bericht gefordert, absolute Priorität müsse eine Einstellung der Kämpfe haben; Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung könnten ansonsten „das Gegenteil des gewünschten Ergebnisses“ herbeiführen.

Russland wurde zu Beginn des Sudankrieges im April 2023 verdächtigt, die RSF zu unterstützen. Heute aber stellt sich Moskau auf UN-Ebene klar hinter Sudans Militärmachthaber um Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan. Humanitäre Hilfe dürfe „ausschließlich in Koordination mit der Zentralregierung“ geleistet werden, sagte Russlands UN-Vertreter im Sicherheitsrat am 28. Oktober. An diesem Montag wiederholte er bei seiner Ablehnung des Resolutionsentwurfs, dass „nur die Regierung Sudans“ Verantwortung für Sudans Bevölkerung trage und damit alleiniger Ansprechpartner für den Rest der Welt sein dürfe.

Das entspricht nicht der sudanesischen Realität, in der auch mit der RSF und diversen lokalen Kräften verhandelt werden muss. Aber es entspricht Russlands Haltung zu Syrien, wo Moskau ebenfalls humanitäre Hilfe ausschließlich über das Assad-Regime geleistet sehen will, was das Aushungern von Oppositionsgebieten bedeutet. Der Sudan-Resolutionsentwurf stellt hingegen Forderungen an „alle Konfliktparteien“.

Das russische Veto wurde von Sudans Militärmachthabern in Port Sudan begrüßt. Moskau beweise damit seinen „Respekt für die Souveränität der Staaten“, hieß es in einer amtlichen Erklärung. Großbritanniens Außenminister David Lammy äußerte hingegen scharfe Kritik. Russlands Veto sei eine „Schande“ und „zeigt der Welt erneut Russlands wahres Gesicht“, sagte er vor dem UN-Sicherheitsrat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich kann häufig Russlands Handlungen im Sicherheitsrat nachvollziehen und sehen in welcher Tradition oder Abwägungen sie stehen. Hier bin ich allerdings ratlos.

    • @ToSten23:

      (Was mich gerade ratlos macht, ist Ihr Aliasbild.)



      Russlands Verhalten wurde bereits oben im Artikel gedeutet, und wohl nachvollziehbar: Keinen Präzedenzfall schaffen.

  • Eine Weise, damit umzugehen, wäre, generell eine Resolution zu erstellen, die neben den vielen Opfern im Sudan eben auch die so einigen in Gaza, die in Israel wie die in Libanon nennt (und die in der Ukraine auch noch andeutet).



    Das zeigt am besten, dass man nicht auf einem Auge blind ist.

    • @Janix:

      "eine Resolution zu erstellen, die neben den vielen Opfern im Sudan eben auch die so einigen in Gaza, die in Israel wie die in Libanon nennt (und die in der Ukraine auch noch andeutet)."



      Sammeln Sie Vetos, oder was würden Sie davon erwarten?

      • @Encantado:

        Das wäre für die Galerie und diese Wirkung,



        nicht für einen Abstimmungsgewinn.