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UN-Mission in Mali vor dem AusMit Schüssen in den Rücken

Die UNO hat Malis Armee und russischen Söldnern Massaker an Zivilisten vorgeworfen. Malis Militärregierung spricht nun von „Spionage“.

Verteidungsminister Boris Pistorius im April in Mali bei Soldaten der UN-Minusma-Truppe Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Kurz bevor am 26. Mai der Bundestag über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes bei der UN-Mission in Mali (Minusma) entscheidet, steht die Arbeit der UN in Mali insgesamt infrage. Die UN-Menschenrechtskommission legte am Freitag ihren lang erwarteten Bericht über „Ereignisse“ im malischen Dorf Moura im Zeitraum 27. bis 31. März 2022 vor. Demzufolge haben Malis Armee und russische Wagner-Söldner dort mindestens 500 Zivilisten getötet. Dies seien mutmaßlich Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit – ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof, was der Bericht aber nicht sagt.

Das Dorf Moura in der zentralmalischen Provinz Mopti beherbergt den größten Wochenmarkt einer Region, in der bewaffnete Islamisten aktiv sind, und ist damit ein Sammelpunkt. Am 27. März 2022, so der Bericht, wurden malische und ausländische Kampftruppen aus Hubschraubern in Moura abgesetzt, fliehende Dorfbewohner wurden aus der Luft beschossen, es gab 27 zivile Tote. In einem dreistündigen Feuergefecht mit der islamistischen Miliz Katiba Macina, bei dem zwei Soldaten starben, habe die Armee Moura erobert und dann 3.000 erwachsene Männer an vier unterschiedlichen Orten zusammengetrieben.

In den Tagen darauf fand eine Selektion statt. Aufgrund von Kleidung, Bärten oder Anzeichen für das Tragen von Waffen wurden Männer als „Dschihadisten“ identifiziert und zur Hinrichtung geführt. „Die selektierten Personen wurden mit hinter dem Rücken gefesselten Händen in kleinen Gruppen von fünf bis zehn Personen etwa 300 Meter weg von den Sammelplätzen gebracht. Sie sollen von den Militärs summarisch hingerichtet worden sein“, schildert der Bericht. Die Armee habe sogar behauptet, sie habe eine Maschine, die herausfinden könne, ob jemand auch ohne äußere Kennzeichen ein Dschihadist sei.

Der Bericht zielt auf die russische Wagner-Söldnertruppe

Am 31. März waren die Soldaten fertig und flogen ab. Die Dorfbewohner hätten dann die Leichen begraben – rund 370 Tote im Dorf, weitere drumherum. Die UN-Ermittler verfügen über Namen und sagen, von den 3.000 Festgenommenen seien vielleicht 30 islamistische Kämpfer gewesen, alle anderen Zivilisten.

Zeugen haben ausgesagt, dass die bewaffneten Weißen auswählten, wer als Dschihadist galt

„Zeugen haben ausgesagt, dass die bewaffneten Weißen auswählten, wer als Dschihadist galt, bevor sie die so identifizierten Opfer in die Richtung lenkten, wo Soldaten der malischen Armee sie mit Schüssen in den Rücken hinrichteten“, so der Bericht. Der Bericht lässt keinen Zweifel an der Täterschaft der russischen Wagner-Söldnertruppe, die in Mali aktiv ist.

Die Armeeoperation in Moura war damals kein Geheimnis. Berichte über zahlreiche Tote dabei führten dazu, dass die UN-Mission Untersuchungen aufnahm – eine der zentralen Aufgaben der UNO in Mali ist die Zusammenarbeit mit Malis Streitkräften zwecks Einhaltung der Menschenrechte. Das UN-Team sprach mit vielen Menschen aus Moura, darunter 42 festgenommenen und später freigelassenen Dorfbewohnern, ebenso mit zivilen und militärischen Behörden, und machte Satellitenaufnahmen.

Aber Moura durfte das UN-Team trotz wiederholter Anfragen nicht besuchen, und als der Bericht fertig war, ließen Mali und Russland Bitten zur Stellungnahme unbeantwortet. Nun gibt die UNO das explosive Dokument unkommentiert frei.

Malis Militärregierung ist nun empört und lässt schwerstes Geschütz auffahren. Regierungssprecher Oberst Abdoulaye Maiga kündigte am Wochenende Ermittlungen gegen „das UN-Team und seine Komplizen“ wegen „Spionage, Gefährdung der äußeren Sicherheit und militärische Verschwörung“ an. Wenn das ernst gemeint ist, kann die Menschenrechtsabteilung der UN-Mission Minusma – ihr Leiter Guillaume Ngefa wurde im Februar ausgewiesen – die Koffer packen.

„Statt Malis Bemühungen im Kampf gegen Terrorbanden zu würdigen, zeigt die UNO auf Malis Armee mit dem Finger“, schimpft die militärtreue malische Tageszeitung L’Aube. Im prowestlichen Nachbarland Niger hingegen erkennt die regierungstreue Webseite La Voix du Niger „eine neue Front zwischen der bereits international isolierten malischen Militärjunta und den Vereinten Nationen“.

Eine unveränderte Verlängerung des aktuellen Minusma-Mandats, das am 30. Juni ausläuft, dürfte unter diesen Umständen im UN-Sicherheitsrat schwierig werden. Das könnte auch Konsequenzen für Deutschland haben: Die Bundesregierung will das laufende Mali-Mandat der Bundeswehr am 26. Mai durch den Bundestag letztmalig bis Juni 2024 verlängern lassen. Die CDU/CSU-Opposition will den Einsatz bereits im laufenden Jahr beenden.

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