UN-Gipfel in New York: Schöne Ziele

In New York geht der UN-Gipfel zu Ende. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Doch ob die vereinbarten Ziele jemals umgesetzt werden?

Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi spricht vor der UNO.

Debatten, Hoffnung, Enttäuschung: der Nachhaltigkeitsgipfel in New York. Foto: reuters

NEW YORK taz | Der Plan, dem sämtliche 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zugestimmt haben, klingt gut: Armut und Hunger sollen abgeschafft werden, Schulen soll es für jedes Kind und gesundheitliche Versorgung für alle Menschen geben, Frauen sollen gleiche Rechte genießen.

Die insgesamt 17 Ziele (und 169 Unterziele) gelten weltweit und sollen binnen 15 Jahren erreicht sein. „Die Agenda 2030 ist“, so sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in New York, „das Versprechen einer besseren, sichereren, grüneren Zukunft für alle“.

Der „Nachhaltigkeitsgipfel“, der die Agenda zum offiziellen UN-Programm gemacht hat, markiert zugleich den 70. Geburtstag der am Ende des Zweiten Weltkrieges gegründeten Organisation. Zum Auftakt redete der Papst am Freitag den rund 160 Staats- und RegierungschefInnen sowie den zahlreichen MinisterInnen ins Gewissen, den Planeten zu retten und die „Wegwerfkultur“ zu beenden.

Es hapert aber am politischen Willen und am Geld. Zur plangemäßen Umsetzung der „Agenda 2030“ sind nach gegenwärtigen Schätzungen jährlich rund 3,3 bis fünf Billionen Dollar nötig. Bisher haben nur wenige Länder konkrete Zahlen genannt.

Präsident Xi Jinping kündigte in New York an, dass sein Land bis 2030 zwölf Milliarden Dollar in den Prozess investieren werde. Doch die „Agenda 2030“ hat wie die von ihr abgelösten „Millenniumsziele“ keinen verpflichtenden Charakter. Und die UN verfügt auch dieses Mal nicht über Sanktionsmöglichkeiten.

Widersprüchliche Ziele

Die absehbaren Probleme zeichneten sich beim Nachhaltigkeitsgipfel bereits ab. Da nannte Kubas Präsident Raúl Castro das US-Embargo das größte Hindernis für die ökonomische Entwicklung seines Landes, da machte der palästinensische Politiker die israelische Besatzung für die Armut verantwortlich, da verwies die ruandische Ministerin auf den Genozid, der jemenitische Minister auf den gegenwärtigen Konflikt. Und der neuseeländische Politiker schilderte, wie sehr die kleinen Inselstaaten in seiner Region darunter leiden, dass andere Staaten ihre Fischgründe leeren.

Neuseeland und die EU arbeiten mit mehreren dieser Länder zusammen, um ihre Energieversorgung von den in der Region extrem teuren Mineralölen auf erneuerbare Energie – insbesondere Sonne – umzustellen. Zugleich bezeichneten Aserbaidschan und die Vereinigten Arabischen Emirate beim Gipfel in New York neue Öl- und Gaspipelines sowie Atomkraftewerke als Nachhaltigkeitsprojekte.

Auch vor diesem Hintergrund weisen ExpertInnen außerhalb der UN darauf hin, dass sich einzelne Ziele in der „Agenda 2030“ gegenseitig widersprechen. So postuliert die Agenda für bestimmte Regionen ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent, verlangt jedoch gleichzeitig eine Reduzierung des Verbrauchs von Ressouren.

Merkel pocht auf Reform des Sicherheitsrats

Bundeskanzlerin Merkel verfolgt auf dem Gipfel gleich mehrere Ziele. Einerseits stellte sie zusammen mit der norwegischen Premierministerin und dem Präsidenten von Ghana eine Initiative vor, die Lehren aus der Ebola-Krise ziehen will.

Mit der finanziellen Unterstützung der Gates-Stiftung wollen sie die medizinische Grundversorgung und die Erfassung von Gesundheitsdaten verbessern. Ziel ist es, bei der nächsten Epidemie für weniger Panik und ein koordinierteres Eingreifen zu sorgen.

Andererseits arbeitet Merkel an der weltweiten Verbesserung der Telekommunikation. Dafür traf sie sich mit VertreterInnen von 23 am wenigsten entwickelten Ländern, aber auch mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der für einen Internetzugang für alle eintritt.

Daneben stehen zwei andere Themen ganz oben auf der Liste der Kanzlerin in New York: Die europäische Flüchtlingskrise und die Reform der Vereinten Nationen, für die Berlin seit langem eintritt. Am Samstag erklärten Merkel und Spitzenvertreter aus Indien, Brasilien und Japan, dass der Weltsicherheitsrat mit seinen fünf permanenten Mitgliedern längst nicht mehr der Zeit entspreche.

Auch wenn es um die in der „Agenda 2030“ postulierten Ziele geht, sind die festen Mitglieder des Weltsicherheitsrates nicht unbedingt vorbildlich. In einem von der Bertelsmann Stiftung erstellten Nachhaltigkeitsindex stehen die USA erst an 29. Stelle. Am besten vorbereitet sind Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und die Schweiz, gefolgt von Deutschland.

Obama und Putin treffen sich am Montag

UN-Generalsekretär Ban hüpft in New York, so beschreibt er es selbst, „wie eine Heuschrecke“ von einem Treffen zum nächsten. Er forderte den Iran auf, sich stärker an der Lösung regionaler Konflikte zu beteiligen. Den ungarischen Präsidenten erinnerte er an die Menschenrechte von Flüchtlingen. Und den chinesischen Präsidenten beglückwünschte er, mehr als 400 Millionen Menschen aus der extremen Armut geholt zu haben.

Anders als der Papst, sind der US-Präsident und der russische Präsident beim Nachhaltigkeitsgipfel nicht anwesend. Sie kommen beide erst zur UN-Generalversammlung. Am Montag wollen sie sich in New York treffen. Ihr Thema: Syrien.

Beide wollen einen neuen Verhandlungsversuch starten. Aber ihre Vorstellungen über die Gesprächspartner gehen weit auseinander. Moskau will auch den Iran sowie Baschar al-Assad mit an den Tisch holen. Am Mittwoch, im Weltsicherheitsrat, will Moskau eine entsprechende Resolution einbringen.

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