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UN-Friedensmission im KongoWo Monusco an ihre Grenzen stößt

Trotz einer umfassenden Friedensmission: Die Demokratische Republik Kongo steckt in einer der schlimmsten Krisen seit Jahrzehnten.

Senegalesischer Soldat der UN-Friedensmission im Kongo Foto: dpa

Berlin taz | Die UNO-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Monusco) ist die teuerste und umfassendste Friedensoperation der Welt: Sie verschlingt jährlich 1,3 Milliarden Dollar. Sie unterhält über 18.000 Uniformierte sowie 4.000 zivile Angestellten. Vom UNO-Sicherheitsrat wurde sie mit einem robusten Mandat ausgestattet: Blauhelme dürfen aktiv gegen Rebellen vorgehen. Doch zum Frieden hat dies seit Beginn der Mission 1999 nicht geführt.

Im Gegenteil: Im Kongo sind derzeit 3,7 Millionen Menschen vertrieben, mehr als während des Krieges. Tausende wurden in den vergangenen Monaten in der südlichen Provinz Kasai bei Kämpfen getötet. Das Land erlebt eine der schlimmsten politischen Krisen seit Jahrzehnten.

Das UNO-Mandat wurde über die Jahrzehnte immer wieder angepasst. Seit 2013 darf die UN aktiv kämpfen, um den „Frieden herzustellen“. Damit wagte der UNO-Sicherheitsrat einen Testlauf, ob sich Frieden „erzwingen“ ließe. Dazu wurde eine 3.000 Mann starke Eingreiftruppe (FIB) aufgestellt. 2013 kämpfte sie mit Kongos Armee gegen die Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) im Ostkongo. Der Sieg wurde als Erfolg des Mandats gefeiert.

Doch rasch zeigten sich die Grenzen: Der Großteil der FIB-Kampftruppen wird vom Nachbarland Tansania sowie von Südafrika gestellt. Als die FIB 2014 gegen die ruandischen Hutu-Rebellen der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) vorgehen sollten, weigerten sie sich. Tansania und Südafrika unterhalten enge Beziehungen zur FDLR. Dabei haben die Hutu-Rebellen zum Ausbruch des Konflikts im Ostkongo 1996 beigetragen: Die Hutu-Täter des Völkermords in Ruanda 1994 hatten sich in den Kongo geflüchtet und dort als FDLR neuformiert. So stößt die Mission an ihre Grenzen.

Eine absurde Mission

Auch ist Monusco zum Teil absurd: Der Einsatz soll der Regierung bei Ausbildung und Aufbau von Polizei und Militär helfen. Doch mit der Professionalisierung gelang es dem Sicherheitsapparat 2016, Demonstrationen niederzuschlagen, als Präsident Joseph Kabila nach Ablauf seiner Amtszeit keine Neuwahlen anberaumte. Mittlerweile haben die USA und die EU sämtliche führende Generäle auf Sanktionslisten gesetzt, mit welchen die UNO eigentlich zusammenarbeiten soll.

Jüngst forderten führende Monusco-Angestellte, dass das Konzept der UNO-Friedensmissionen dringend reformiert werden sollte. Präsident Kabila will seit Jahren, dass die UNO abzieht. Auch in der Monusco wird darüber debattiert. Doch das Mandat ist erst erfüllt, wenn Stabilität hergestellt ist – davon ist das Land weiter entfernt denn je seit Beginn der UNO-Mission.

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4 Kommentare

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  • In meinen Augen sollte sich der Westen in Subsahara- Afrika weder politisch, militärisch noch wirtschaftlich engagieren. Jeglicher Handel mit Afrika fördert die Ausbeutung des Kontinents. Jeder Euro Entwicklungshilfe verstärkt die Abhängigkeit an die kapitalistischen Systeme des Nordens. Jede politische Einflussnahme destabilisiert die afrikanischen Staaten immer weiter.

     

    Es gibt Afrikaner, die träumen von einem starken unabhängigen Afrika. Die meisten haben aber diesen Traum schon längst aufgegeben. Es liegt an uns, diesen großen Traum wiederzubeleben.

    • @fritzkuh:

      Stimmt so nicht.

      Es gibt ne Menge positive EZ-Maßnahmen.

      Und politische Einflussnahme des Westens trägt vielerorts gerade zur Stabilisierung der autoritären Regime und der korrupten Staatsapparate bei. Die aber sind das Hauptproblem.

      • @Ruhig Blut:

        Das war mir so direkt nicht bewusst, dass die EU mit Budgehilfen autoritäre Regime und der korrupte Staatsapparate stabilisiert.

         

        Die hochentwickelten Werkzeuge der EZ funktionieren nicht einmal in Ländern, die vom Westen seit Jahren besetzt sind (Kosovo, Afghanistan).

        • @fritzkuh:

          Nun, EZ ist wirklich ein weites Feld. Es gibt eine unüberschaubare Zahl an NGOs, mit unterschiedlichsten Ansätzen und Arbeitsfeldern, die z. T. Hervorragendes leisten. Und dass die Maßnahmen der großen EZ-Akteure alle schlecht sind, stimmt so pauschal auch nicht.

           

          Was ich meinte ist: So lange westliche (und nichtwestliche) Firmen und Staaten mit ihren Rohstoffgeschäften die Machthaber finanzieren, so lange sie ihnen Waffen verkaufen, militärische Hilfe und Ausbildung sowie Kredite und Finanzhilfen aller Art zukommen lassen, so lange sie durch heimische Schutzzölle und Wirtschaftssubventionen und eine gleichzeitige aggressive Exportpolitik die lokale Wirtschaft am Boden halten und damit die Entstehung einer wohlhabenderen, unabhängigeren und selbstbewussteren Bevölkerungsschicht verhindern, und solange die Forderungen nach mehr Demokratie und Menschenrechten sanktionslose Lippenbekenntnisse bleiben, so lange halten westliche Staaten und Institutionen die Zustände aktiv aufrecht.