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UN-Ermittler decken aufTrumps Libyen-Debakel

Elitekämpfer einer US-Söldnerfirma sollten die international anerkannte Regierung in Libyen ausschalten. Doch das „Projekt Opus“ ging schief.

Gründer einer Söldnerfirma und Trump-Vertrauter: Erik Prince, hier bei einer Gala in New York Foto: Jeenah Moon/reuters

Tunis taz | Es klingt wie ein Hollywood-Actionfilm. Zweimal versuchten Elitekämpfer des Trump-Vertrauten Erik Prince, in Libyens Hauptstadt die international anerkannte Einheitsregierung zu stürzen, zweimal flohen sie gescheitert in Schlauchbooten über das Mittelmeer. Experten der Vereinten Nationen haben die Aktion nun im Detail nachgezeichnet. Die Politposse zeigt, wie sehr die Welt in den Konflikt in Libyen verwickelt ist.

Libyen war seit dem von der Nato unterstützten Sturz der Gaddafi-Diktatur 2011 politisch gespalten. Ein UN-Friedensprozess hatte Ende 2015 in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes eine Übergangsregierung unter Premierminister Fajis al-Sarradsch hervorgebracht, doch dessen Gegenspieler erkannten ihn nicht an und sammelten sich im Osten Libyens, um den selbsternannten Feldmarschall Chalifa Haftar, der schon unter Gaddafi gedient und danach lange im US-Exil gelebt hatte.

Im April 2019 setzte der 74-Jährige seine „Libysche Nationalarmee“ (LNA) in Bewegung Richtung Westen und begann mit der Belagerung von Tripolis.

19 Monate sollte der Krieg dauern. Haftar hatte in Bengasi den Häuserkampf gegen islamistische Milizen gewonnen, deren Kommandeure waren nach Tripolis geflohen – nun wollte der Feldmarschall die Macht im ganzen Land. Doch viele ehemalige Freiwillige aus Bengasi wollten an dem Feldzug gen Westen nicht teilnehmen. Die Offiziersclique um Haftar bildete junge Rekruten in einer aus dem Boden gestampften Militärakademie aus und warb Söldner aus Sudan und Syrien an.

Die geheime Front

Im Militärflughafen al-Kadim nahe Bengasi landeten ein Jahr vor Beginn der LNA-Offensive auf Tripolis fast täglich Transportflugzeuge aus Syrien, Jordanien oder den Vereinigten Emiraten. Auch der russische Geschäftsmann und Putin-Vertraute Jewgeni Prigoschin wurde ab Sommer 2018 mehrmals in Bengasi gesichtet.

Wie viele libysche Offiziere war Haftar in den 1970er Jahren in sowjetischen Militärakademien ausgebildet worden, er setzte auf russische Expertise. Haftars Befehlsstab wusste aber, dass der Aufbau einer schlagkräftigen Armee im Osten Libyens wohl nicht ausreichte, um die wesentlich bevölkerungsreichere Tripolitanien-Provinz rund um Tripolis zu erobern.

Nun hat die UN-Expertengruppe, die Verstöße gegen das UN-Waffenembargos gegen Libyen untersucht, herausgefunden: Es gab in Haftars Krieg noch eine zweite, geheime Front – die direkte Ausschaltung von Offiziellen und Kommandeuren der in Tripolis regierenden Einheitsregierung. Dafür gesellte sich Erik Prince, Gründer der durch Übergriffe während der US-Besatzung Iraks berüchtigt gewordenen Söldnerfirma Blackwater, zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Frankreich, Ägypten und Prigoschins „Wagner-Gruppe“ aus Russland, in der auch viele osteuropäische Offiziere dienten.

„Projekt Opus“, benannt nach der Firma „Opus Capital Management“ der britischen Geschäftsfrau Amanda Kate Perry in Dubai, sollte 20 Elitekämpfer an Einsatzorte rund um Tripolis bringen, von wo aus sie gezielte Kommandoaktionen durchführen sollten. Die New York Times zitiert aus dem unveröffentlichten UN-Expertenbericht, dass eine Antonow An-26 von einer Firma aus den Bermuda-Inseln gechartert wurde, dazu ein Lasa-„T Bird“-Leichtflugzeug und ein Pilatus-PC-6-Aufklärungsflieger eines österreichischen Herstellers. Bezahlt war die kurzfristig georderte Luftflotte nach UN-Erkenntnis noch nicht.

Der Anwalt von Prince dementiert gegenüber der New York Times, dass sein Mandant irgendetwas mit einer militärischen Operation in Libyen im Sommer 2019 zu tun gehabt habe. Doch von der taz kontaktierte Offiziere in Bengasi bestätigen die Ankunft von Söldnern im Juni 2019. 20 Kämpfer aus England, Südafrika und auch ein US-Amerikaner seien am Flughafen gesehen worden.

In Gummibooten Richtung Libyen

Kurz nach ihrer Ankunft gab es die ersten Spannungen, so die UN-Experten, die den Bericht der New York Times gegenüber der taz bestätigen. Offenbar konnte das Söldnerkommando nicht wie versprochen Cobra-Helikopter aus den USA organisieren.

Nach einem Eklat gingen die Elitekämpfer in der Nacht zum 29. Juni 2019 an Bord eines Schnellboots im Hafen von Bengasi und reisten wieder ab. Nach 40 Stunden erreichten sie Valetta auf Malta. Eine kleine Gruppe von Elektronikspezialisten blieb in Libyen zurück, ebenso die für den Einsatz in Tripolis vorgesehenen Flugzeuge, die laut UN-Bericht mit der Ankunft der Söldner eingeflogen worden waren.

Der Krieg ist schon lange nicht mehr unser Krieg

Aktivist Mohamed Alhmozzi

Ein zweites Kommando aus Scharfschützen und für den Kampf hinter feindlichen Linien ausgebildeten Kämpfern flog im April 2020 nach Bengasi und dann weiter an die Front vor Tripolis. Am 24. April 2020 erreichten 13 Franzosen die tunesisch-libysche Grenze und gaben sich gegenüber Tunesiens Grenzbeamten als Diplomaten aus – waren aber schwerbewaffnet. Sie wurden verhaftet, konnten aber nach diplomatischem Druck aus Paris nach Tunis fahren.

Am Folgetag erreichten 11 Europäer in zwei Gummiboten die tunesische Ferieninsel Djerba. Nach Aussagen libyscher Offiziere waren sie Teil des Söldnerkommandos. Stunden vorher hatten westlibysche Einheiten mit Unterstützung durch türkische Drohnen Hafters westlibysches Hauptquartier in der Stadt Gharian im Handstreich eingenommen.

Auf die Verbindung zu Erik Prince stießen die UN-Ermittler über Papiere, die das nach der Ankunft auf Malta festgesetzte erste Team in Bengasi zurückgelassen hatte: unter anderem eine Powerpoint-Präsentation mit einer Liste von westlibyschen Kommandeuren und Politikern, die in Kommandoak­tio­nen liquidiert werden sollten.

Laut der britischen Zeitung The Times scheiterte die 80 Millionen US-Dollar teure Operation auch an einem in Jordanien stationierten britischen Militärberater. Brigadier Alex Macintosh beriet im Juni 2019 die jordanische Armee, als er dort von der Ankunft von Hubschraubern aus Dubai für die Söldner in Libyen Wind bekam. Auf seinen Rat hin stoppte Jordanien den Weitertransport, die Söldner mussten sich minderwertige Ersatzhubschrauber aus Südafrika besorgen, woraufhin es zum Zerwürfnis mit Haftar kam.

Haftar als Partner gegen den Terror

Erik Prince war in Libyen kein Unbekannter. Geschäfte mit Haftar machte er bereits seit 2013, während dessen Krieg gegen islamistische Milizen im Bengasi. Die hatten dort am 11. September 2012 den US-Botschafter Chris Stevens bei einem Besuch in Bengasi angegriffen, er starb an einer Rauchvergiftung in dem von den Angreifern angezündeten Konsulat.

Den Einsatz von Prince für den Feldmarschall ließ auch die Obama-Regierung trotz UN-Waffenembargo klammheimlich gewähren. Auch Frankreich setzte auf Haftar als Partner im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in Nordafrika. 2015 wurde ein Privatjet, den die Prince-Firma Frontier Service Group aus Hongkong ge­least hatte, nach Bengasi geliefert. Haftar flog mit der 30-sitzigen Maschine seitdem immer wieder zu Treffen in Jordanien oder den Emiraten.

Inzwischen ist der Konflikt zwischen Haftar und der Regierung in Tripolis vorbei. Mit türkischer Hilfe drängten die Regierungsmilizen im Sommer 2020 Haftars Einheiten zurück, ein Waffenstillstand hält, und bei Gesprächen in der Schweiz ist eine neue Regierung ernannt worden. Doch der vereinbarte Abzug der Söldner aus Libyen hat nicht begonnen.

Bewohner in Sirte, Gaddafis ehemaliger Heimatstadt, berichten, dass ausländische Söldner weiterhin Verteidigungsstellungen ausheben. Die UN-Experten gehen davon aus, dass die meist vermummten ausländischen Militärs Angestellte der russischen Sicherheitsfirma Wagner sind, die weiter im Dienst Haftars stehen. Rund um Sirte stehen derweil immer noch die von der Türkei nach Westlibyen geschickten syrischen Rebellen.

„Der Krieg ist schon lange nicht mehr unser Krieg“, sagt der Menschenrechtsaktivist Mohamed Alhmozzi. „Der Großteil der Gewinne aus dem wieder gestiegenen Erdölexport geht immer noch an die bewaffneten Gruppen und Söldner.“

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4 Kommentare

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  • Zum Glück gibt es ja keinen intern. Gerichtshof der das prüfen und entsprechende Strafen austeilen könnte...oh warte genau das gibt es ja.

    Zum Glück zeigen wir uns/unsere Freund da aber nicht an...

  • Also hat die Türkei doch recht gehabt zu intervenieren.

  • * internationaler Haftbefehl - auch für den Auftraggeber!



    * Bitter die Täter und Auftraggeber vor den intern. Gerichtshof bringen!

    • @danny schneider:

      Dort werden nur missliebige Personen vors Gericht gezogen, die dem "Westen" nicht passen. Hier würde der "Westen" sich ja selbst anzeigen. Das wird wohl eher nie und nimmer passieren. Man muss nur schauen welche Vorfälle im Irak, Syrien, Afghanistan, etc. passiert sind. Nie wird da der intern. Gerichtshof aktiv. Und erst vor kurzen hat auch der Menschenrechts-Gerichtshof unsere deutschen Soldaten geschützt, die mal so ca. 100 Zivilisten in Afghanistan abgeschlachten hatten. Dabei ging es erstmal nur darum ob die deutsche Justiz das überhaupt "ausreichend" ermittelt hat.

      In diesem Politikspiel, ähm Krieg, wird viel zu viel verdient als sich dort ein Ende andeuten würde. Und am Ende schützen wir uns eigenen Leute ebenso wie es die Rebellen, Terroristen, gen. Kampfverbände oder wie man sie gerade nennen will....die große Heuchelei des "Westens" man schütze die Genfer Konventionen, Menschenrechte etc.......halt nur solange wie es den Interessen dient.