UN-Chef über Flüchtlinge in Syrien: „Todeslager“ Jarmuk
Die Lage im palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk in Syrien ist dramatisch. Die 16.000 Menschen würden als „Schutzschilde“ missbraucht, so UN-Generalsekretär Ban.
NEW YORK/ DAMASKUS dpa | Das von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unter seine Kontrolle gebrachte Flüchtlingslager Jarmuk im Süden der syrischen Hauptstadt Damaskus entwickelt sich laut UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu einem „Todeslager“. „Im syrischen Horror ist das Flüchtlingslager Jarmuk die tiefste Hölle“, sagte Ban mit ungewöhnlich drastischen Worten am Donnerstag vor Journalisten in New York. „Ein Flüchtlingslager erinnert immer mehr an ein Todeslager.“
Die rund 16.000 Menschen in dem Lager, darunter rund 3.500 Kinder, würden als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht, sagte Ban weiter. Das Ganze sei eine „humanitäre Katastrophe von epischem Ausmaß“. Die Situation in dem Lager müsse dringend stabilisiert werden, forderte Ban. „Wir können nicht einfach dastehen und zusehen, wie sich ein Massaker zuträgt. Wir dürfen die Menschen in Jarmuk nicht aufgeben.“
In einem dringenden Appell forderte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) humanitäre Hilfe für das palästinensische Flüchtlingslager. Mit dem Ausbruch der neuesten Kämpfe habe sich die Lage weiter verschlechtert, erklärte das IKRK am Donnerstag. Die Menschen bräuchten sofort Hilfe. Sie litten seit Monaten an einem Mangel an Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung.
Die Menschen sind weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Nur sehr wenige Lieferungen könnten das Lager erreichen, sagte der Leiter der Hilfsorganisation Jafra Foundation, Wesam Sabaaneh. Die syrische Regierung hatte die Blockade des Lagers 2013 begonnen, nachdem dort Rebellen Fuß gefasst hatten. Dutzende Menschen starben seitdem laut Menschenrechtlern an Hunger und Durst.
Die Flucht dreier junger Männer von Syrien bis nach Thüringen dokumentieren wir in unserer Multimedia-Reportage.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen seit Ausbruch der Kämpfe zwischen IS-Extremisten und Palästinensern vor einer Woche 47 Menschen ums Leben. Demnach griff auch die syrische Luftwaffe das Lager erneut an. Flugzeuge hätten am Mittwochabend elf Fassbomben über Jarmuk abgeworfen, erklärten die Menschenrechtler am Donnerstag.
Die Palästinenser wollen gemeinsam mit der syrischen Armee gegen die IS-Extremisten vorgehen. Es gebe eine „enge Koordination“ zwischen beiden Seiten, sagte der Gesandte der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Ahmed Madschdalani, in Damaskus. Ziel sei es, den IS aus dem Lager zu vertreiben. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte Madschdalani zu Gesprächen nach Damaskus entsandt.
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