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UN-Bericht zur weltweiten ErnährungDie Zahl der Hungernden steigt

Weltweit ist die Ernährung von zwei Milliarden Menschen prekär, berichtet die UNO. Die Zahl steigt wieder – nachdem sie bis 2015 noch gesunken war.

„Hunger ist in nahezu allen Regionen Afrikas auf dem Vormarsch“: Geflüchtete in Somalia warten auf Essensrationen Foto: ap

New York afp | Weltweit haben im vergangenen Jahr mehr als 820 Millionen Menschen unter Hunger und Unterernährung gelitten. Die Zahl sei in den vergangenen Jahren wieder langsam angestiegen, nachdem sie bis 2015 gesunken sei, wie die UN am Montag in New York in ihrem aktuellen Bericht zur Ernährungslage mitteilten. Demnach war insgesamt für über zwei Milliarden Menschen der Zugang zu ausreichender Nahrung nicht durchgehend garantiert, darunter auch 8 Prozent der Bevölkerung in Nordamerika und Europa.

„Hunger ist in nahezu allen Regionen Afrikas auf dem Vormarsch“, hieß es in dem Bericht, der von mehreren UN-Organisationen wie dem Kinderhilfswerk Unicef, der Welternährungsorganisation FAO und der Weltgesundheitsorganisation WHO gemeinsam vorgelegt wurde. In Südamerika und der Karibik steige die Zahl der Unterernährten, wenn auch langsamer. Westasien sei eine weitere Problemregion.

Angesichts dieser Trends sprachen die UN-Organisationen von einer „immensen Herausforderung“, den Hunger auf der Welt bis 2030 zu besiegen. Dieses Ziel hatte sich die Weltgemeinschaft 2015 in der sogenannten Agenda für nachhaltige Entwicklung 2030 selbst gesetzt. Zugleich verwies der Bericht aber auch auf positive Entwicklungen. So gab es in Südasien bei der Hungerbekämpfung große Fortschritte.

Global betrachtet, erreichte die Zahl der Hungernden im vergangenen Jahr demnach in etwa wieder das Niveau von 2010 und 2011, betroffen davon war in etwa jeder zehnte Mensch auf der Erde. Am höchsten war der Anteil der Unterernährten gemessen an der Gesamtbevölkerung in Afrika. Dort litten rund 20 Prozent der Menschen an Hunger. In Asien waren es 11 Prozent, in Lateinamerika und der Karibik 6,5 Prozent.

Neben etablierten Indikatoren für Hunger und Unterernährung nutzte der Bericht erstmals auch eine alternative Methode zur Ermittlung der Zahl von Menschen mit gefährdeter Nahrungsmittelversorgung. Demnach waren insgesamt über zwei Milliarden Menschen von Hunger oder Nahrungsmittelunsicherheit betroffen.

Ein Viertel der Weltbevölkerung betroffen

Etwa 1,3 Milliarden Menschen waren dieser Methode zufolge zumindest zeitweise aus Geldmangel oder anderen Gründen nicht in der Lage, sich mit Essen in ausreichender Menge oder Qualität zu versorgen. Bei weiteren rund 700 Millionen Menschen war dies in einem Ausmaß der Fall, dass sie Hunger im engeren Sinne litten und einen oder mehrere Tage ohne Essen auskommen müssen. Insgesamt bedeutete dies, dass ein Viertel der Weltbevölkerung (26,4 Prozent) betroffen war.

Fälle der leichteren Kategorie waren demnach auch in den westlichen Industrieländern verbreitet. Der Anteil der Menschen in Europa und Nordamerika, die unter „Ernährungsunsicherheit“ litten, lag bei 8 Prozent. 7,1 Prozent waren von leichteren Formen betroffen, knapp ein Prozent von schwereren. Im Vergleich zu den Vorjahren war der Anteil rückläufig. Separate Zahlen nur für Europa gab es nicht.

Auf der anderen Seite wies der UN-Ernährungsbericht auch auf das Problem zunehmenden Übergewichts hin. Fehlernährung in Form von Übergewicht sowie Fettleibigkeit sei in „nahezu allen Ländern“ ein wachsendes Problem, hieß es. Besonders gravierend sei dieser Anstieg unter Kindern und Jugendlichen, die zur Schule gingen. Weltweit werde Übergewicht mit vier Millionen Todesfällen in Verbindung gebracht.

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4 Kommentare

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  • Dem Bericht fehlt Aussage darüber, dass regelmäßig für sich allein, gemeinschaftlich gesunde Nahrungsbeschaffung- , -zubereitung, -aufnahme jahrtausendelang als alleiniger Bereich von Beschäftigung mit sozialer Bindungskraft, Zugehörigkeit galt, die durch Erfindung fremdbestimmter Lohnarbeit, Arbeitsteilung keinesweg Ersatz fand. Durst, Hungern bedeutet zuerst, Rückzug aus sozialer Bindung, Zugehörigkeit.

    Nicht von ungefähr gilt Verbreitung, Vertiefung der Unterbeschäftigung, Arbeitslosigkeit im Vorfeld aufkommenden Hungers großer Bevölkerungsteile, Zunahme kindlicher Entwicklungs- , Wachstumsstörung, Minderwuchs, der Kindersterblichkeit infolge von Mangelernährung als Strategie der Militärs in einer Welt der Krisen, Kriege, Interventionen, sog Stabilisierungsmissionen seit Nine Eleven 2001 sowieso, über Sanktionen durch Versorgungs- , Ernährungskrisen Feindesland durch Hungeraufstände in einen Failed State verwandeln zu wollen, Okkupation eines bekämpften Gebietes anzubahnen, entgegen Haager Landkriegsordnung, Menschenrechten, Völkerrecht, anzubahnen, siehe 932 Tage Blockade Leningrads 1941-1944 durch die Deutsche Wehrmacht, Finnland als deutscher Verbündeter mit über 1 Million Hungertoten, nicht gerechnet Folgen für Beeinträchtigung der Unversehrtheit an Leib und Leben der Überlebenden, während die Weltöffentlichkeit schwieg.

    Bei Entschließung der von nahezu allen UNO Mitgliedsstaaten verabschiedeten Millenium Development Goals (MDG), 2000, ging es darum, bis 2015 relativen Anteil Hungernder zu halbieren.

    Das Ziel wurde verfehlt. Mit der Veränderung der FAO Statistik Bemessungsgrundlage, dem Bestehen auf eine Zeitdauer von 1 Jahr, in der Hunger in einer Region registriert wird, bevor von Hunger die Rede ist, vermindert sich das Hunger Problem statistisch dramatisch. Würde sog. „versteckter Hunger“ mitberücksichtigt, fiele die 1 Jahresbedingung weg, wären Geflüchtete berücksichtigt, müsste mindestens weitere Milliarde Menschen als Hungernde anerkannt sein.

  • Würde die gesamte Ernte zu Nahrungsmitteln verarbeitet und gar nichts mehr zu Futtermitteln, dann könnten, so stellte die University of Minnesota 2013 fest, vier Milliarden Menschen mehr ernährt werden.

    Eine interessante Studie des Weizmann Institute of Science zeigt darüber hinaus auf, dass durch die Umstellung auf eine rein pflanzliche Ernährung in den USA 350 Millionen Menschen zusätzlich satt werden könnten.

    www.spiegel.de/wis...hren-a-914457.html

    www.spiegel.de/wis...gen-a-1200031.html

    • 9G
      95692 (Profil gelöscht)
      @Christina de Havilland :

      Dies ist nicht nötig. - siehe unten -

  • 9G
    95692 (Profil gelöscht)

    Ein Drittel der in Europa und Nordamerika weggeworfenen Lebensmittel würden reichen, um alle hungernden Menschen in der Welt satt zu machen ! Dieses Verhältnis wird sich aufgrund der Klimakatastrophe und den damit verbundenen Missernten sicher verändern, aber noch ist es möglich. Es ist auch ein politisches/mentales Problem der westlichen Kultur.