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Grundeinkommen für die Ärmsten – das weltweit

Die UN-Entwicklungsbehörde UNDP wünscht sich ein temporäres Grundeinkommen für die ärmsten Menschen. So sollen Ansteckungen mit Covid-19 verhindert werden.

Die Coronapandemie könnte weltweit eine halbe Milliarde Menschen in die Armut stürzen Foto: Altaf Qadri/ap

Von Marie Fetzer und Susanne Schwarz

Armut ist ein Gesundheitsrisiko, auch in der Coronakrise. Zur Sicherheit zu Hause zu bleiben, muss man sich schließlich leisten können. Die UN-Entwicklungsbehörde UNDP hat nun eine außergewöhnliche Idee vorgestellt, wie das für mehr Menschen eine Option werden könnte. Sie will ein Grundeinkommen für die ärmsten Menschen auf der Welt – zeitlich begrenzt, aber ab sofort.

„Beispiellose Zeiten erfordern beispiellose soziale und wirtschaftliche Schritte“, sagte UNDP-Chef Achim Steiner. „Rettungsschirme und Wiederaufbaupläne dürfen sich nicht nur auf die großen Märkte und Unternehmen konzentrieren.“ Ein temporäres Grundeinkommen könne die Verbreitung von Covid-19 verlangsamen, sagte er.

Die UNDP hat das in einer Studie durchgerechnet. Um 2,7 Milliarden Betroffene in 132 Entwicklungsstaaten ein Grundeinkommen zu bieten, wären monatlich mindestens 199 Milliarden Dollar nötig. Wo das Geld dafür herkommen soll? Die Behörde bringt dazu eine Forderung des UN-Chefs António Guterres zurück ins Spiel: ein Schuldenstillstand für die Entwicklungsländer. Etwa drei Billionen Euro müssen Entwicklungs- und Schwellenländer dieses Jahr insgesamt aufbringen, um Schulden zu tilgen. Davon könnte man das vorgeschlagene Grundeinkommen also eine ganze Weile finanzieren.

Die UN-Behörde schlägt mehrere Möglichkeiten zur Berechnung des Grundeinkommens vor. Die monatlichen Zahlungen könnten entweder an die Armutsgrenze der jeweiligen Länder gekoppelt werden. Liegt die zum Beispiel bei 1,90 US-Dollar pro Tag, kommt die UNDP auf einen Mindestsatz von 3,20 US-Dollar. Alternativ könnte die Hälfte des jeweiligen Durchschnittseinkommens gezahlt werden. Oder die Ausschüttung erfolgt in jedem betroffenen Land gleich. Dafür schlägt die UNDP einen Satz von 5,50 US-Dollar vor.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam war im April in einer Studie zu dem Schluss gekommen, dass die Coronapandemie weltweit rund 500 Millionen Menschen in die Armut stürzen werde. Zwei Milliarden Menschen arbeiten der Studie nach im informellen Sektor, die Mehrheit davon in armen Ländern. Das ist die Gruppe, die der UNDP zufolge besonders von einem Grundeinkommen profitieren würde – sie hat sonst keine Absicherung.

„Beispiellose Zeiten erfordern beispiellose soziale und wirtschaftliche Schritte“

UNDP-Chef Achim Steiner

Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision lobte den Vorstoß. Insbesondere Kinder seien jetzt von den Folgen betroffen. „Wir müssen rasch Lösungen finden, die jetzt funktionieren, um Kinder davor zu schützen, ausgebeutet zu werden und in extremer Armut zu landen“, fordert World-Vision-Chef Andrew Morley.

Markus Loewe vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik schätzt die Auswirkungen der Maßnahme auf weniger Ansteckungen eher niedrig ein. Trotzdem hält er sie aber für bedeutend: „Die kurzfristige Maßnahme ist notwendig, um vor totaler Verarmung zu schützen.“

Neben der Frage, ob der Vorschlag politisch durchsetzbar ist, dürfte es aber auch praktische Herausforderungen geben. Viele Menschen, denen das Grundeinkommen zustehen würde, sind nicht amtlich registriert oder haben gar kein Bankkonto. Zumindest für letzteres Problem schlägt die UNDP eine Lösung vor: Das Geld könnte auf die besser verbreiteten Handy-Konten gezahlt werden.

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