Twitter, Meta und Co: Der Boom ist vorbei
Online-Plattformen bitten zunehmend die Nutzer:innen zur Kasse. Das hat mit neuen Funktionen zu tun – aber auch mit zwei Entwicklungen.
Es wirkt wie ein kleiner Schritt, aber es könnte ein großer sein: Nach Twitter hat in der vergangenen Woche auch der IT-Konzern Meta, zu dem unter anderem Facebook und Instagram gehören, angekündigt, für die beiden Dienste kostenpflichtige Funktionen anzubieten. „Wir werden einen Abo-Service starten, mit dem man sein Konto verifizieren lassen […] kann“, kündigte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einem Post an. Zahlende Nutzer:innen sollen weitere Vorteile erhalten, unter anderem einen direkten Kundensupport. Kostenpunkt: zwischen 12 und 15 US-Dollar monatlich. Die Neuerung soll zunächst in Australien und Neuseeland starten, später in weiteren Ländern.
Meta folgt damit einem Trend: Mit der Übernahme von Twitter durch den US-Milliardär Elon Musk hat dieser in den vergangenen Monaten verstärkt daran gearbeitet, Dienste, die die Plattform anbietet, zu Geld zu machen. Als Erstes wurde auch hier ein Abomodell eingeführt, mit dem Nutzer:innen sich verifizieren lassen können. Zuvor war der weiße Haken im blauen Kreis, den es etwa für die verifizierten Accounts von Politiker:innen, Prominenten oder Unternehmen gab, kostenlos.
Auch die Streamingplattform Netflix arbeitet seit einigen Monaten daran, ihre Einnahmen zu erhöhen – und beginnt nun auch die Nutzer:innen in Europa darauf vorzubereiten, dass eine Accountweitergabe zur Sperrung führen kann. Wer nun das eigene Konto mit Dritten teilen möchte, muss mehr zahlen. Auch Amazon dreht an der Preisschraube und erhöhte im Februar den Mindestbestellwert für den kostenlosen Versand.
„Dass sich Leistungen und Preise von Unternehmen verändern, ist erst einmal normal“, sagt Erich Nolte, Experte für Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Ob es einen wirklichen Trend hin zu mehr kostenpflichtigen Funktionen gibt, muss sich erst noch zeigen.“
Innovation jetzt eher bei KI
Doch es gibt zwei Treiber, die eine solche Entwicklung begünstigen würden: zum einen die wirtschaftliche Situation der Plattformen. Nach den Jahren des Booms scheint die Branche derzeit vor einer Konsolidierung zu stehen: Neue Entwicklungen mit potenziell gesellschaftsveränderndem Charakter kommen mittlerweile eher von anderen Unternehmen – wie das jüngste Beispiel der KI-Anwendung ChatGPT von OpenAI zeigt. Dazu kommt auch in den USA die angespanntere wirtschaftliche Situation, die den für viele Techkonzerne wichtigen Werbemarkt schrumpfen ließ. So sind in den vergangenen Monaten die Aktienkurse deutlich eingebrochen. Zahlreiche IT-Konzerne von Netflix über Alphabet bis Amazon leiteten Kündigungswellen ein.
Bei Meta etwa, das ähnlich wie Google stark am Werbemarkt hängt, sank laut den im Februar vorgestellten Quartalszahlen der Konzernumsatz im vierten Quartal 2022 im Jahresvergleich um 4 Prozent auf gut 32 Milliarden Dollar. Der Quartalsgewinn stürzte um 55 Prozent auf knapp 4,7 Milliarden Dollar. Meta hatte im vergangenen Herbst bereits den Abbau von rund 11.000 Jobs bekanntgegeben und Chef Zuckerberg für 2023 ein „Jahr der Effizienz“ ausgerufen.
Branche hat sich verfestigt
Zum anderen hat sich die Branche über die Jahre verfestigt: Die Plattformen, die nun auf Preiserhöhungen setzen, haben sich in ihrem Bereich eine deutliche marktbeherrschende Stellung aufgebaut. Die Zeiten, in denen sich Dienste wie Facebook und Twitter also damit zufrieden geben mussten, dass die Nutzer:innen mit ihren Daten bezahlen und Plattformen wie Netflix und Amazon zunächst mit attraktiven Preisen werben mussten, scheinen nun vorbei zu sein.
Verbraucherschützer Nolte glaubt, dass es jedoch nicht einfach sein wird, die Mehrheit an Kund:innen auch finanziell zur Kasse zu bitten: „Jedenfalls für Deutschland zeigen Umfragen, dass die wenigsten bereit sind, für die Nutzung der Netzwerke Geld zu zahlen.“
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