Türkeireise von Claudia Roth geplatzt: „Absage an den politischen Dialog“
Nach Absagen aus Ankara haben Bundstagsabgeordnete ihre Reise in die Türkei storniert. Claudia Roth spricht von einer Provokation.
„Es ist einmalig, dass eine solche Reise, die seit April geplant und angefragt wurde, so kurzfristig abgesagt wird“, sagte Roth. Am Dienstag habe der stellvertretende türkische Außenminister dem deutschen Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, mitgeteilt, dass es keine offiziellen politischen Gespräche, keine Besuche im Parlament und keine protokollarische Begleitung während der Reise geben werde. Insofern sei auch kein Schutz für die Delegation gegeben. „Wir wären faktisch als Touristen gereist“, sagt Roth. Nicht einmal das Parlamentsgebäude hätte man besuchen können.
Gemeinsam mit Roth sollten Matthias Zimmer CDU), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg und der außenpolitische Sprecher der Bundestags-SPD, Niels Annen, mit in die Türkei reisen. Annen betonte, dass bei der Reise gemeinsame Interessen, wie der Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat, im Fokus gestanden hätten. „Es ging nicht nur um rein innenpolitische Themen“, sagte Annen. Leider würde die Türkei den Austausch, auch was gemeinsame Anliegen betrifft, verweigern.
„De facto ist das eine Absage an den politischen Dialog“, ergänzte Roth. Mit dieser „politischen Provokation“ habe eine neue Eskalations-Stufe der deutsch-türkischen Beziehungen begonnen. „Das ist eine rote Karte für den Bundestag, unverantwortlich und inakzeptabel“, sagte Roth.
Gespräche sollen weitergehen
Sowohl SPD als auch Grüne sprechen sich weiterhin dafür aus, den Gesprächsfaden mit der Türkei nicht abreißen zu lassen: „Es wird weiterhin Gespräche mit den 50 Prozent der Türken geben, die gegen das Verfassungsreferendum gestimmt haben“, sagte Roth. Und auch Annen bekräftigte: „Die Türkei ist nicht nur Erdoğan.“ Wirtschaftlich und gesellschaftlich seien die Länder immer noch stark verbunden.
Für eine weitere Stationierung deutscher Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt im türkischen Incirlik sehen beide jedoch keine Chance. Man habe alle diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft, sagte Annen. Vorschläge, wie weiter zu verfahren sei, erhoffen sich Annen und Roth nun von der Kanzlerin: „Wir erwarten eine klare Haltung der Bundesregierung“, sagte Roth. Auch der morgen in Brüssel stattfindende NATO-Gipfel soll Klarheit bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass