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Trumps Steuer- und AusgabengesetzEine große Abrissbirne

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der „Big Beautiful Bill“ bedeutet eine gewaltige Umverteilung nach oben. Die Ausplünderung der Staatskassen und der Arbeitenden wird Realität.

Ein Papier mit Gewicht und Durchschlagskraft Foto: Nathan Howard/Reuters

N ach etlichen Sitzungen, in denen der US-Senat und das Repräsentantenhaus mitunter über 24 Stunden nonstop tagten, schien das Steuer- und Ausgabenpaket, Trumps wichtigstes Gesetzesvorhaben seiner zweiten Amtszeit, am Donnerstag nach taz-Redaktionsschlus doch verabschiedet zu werden. Stunden zuvor hatte der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses es geschafft, den Widerstand innerhalb der eigenen Fraktion zu brechen.

Das Gesetzespaket, in Trumps infantilisierender Sprache „Big Beautiful Bill“ genannt, zementiert und verstärkt die Ungleichheit in den USA. Es streicht Steuern für die Reichen und Sozialleistungen für die Armen. 11 bis 17 Millionen US-Amerikaner*innen werden in den nächsten Jahren ihren Zugang zur öffentlichen Krankenversicherung ­Medicaid verlieren, viele andere ihre Lebensmittelhilfen. Investiert wird stattdessen in das Militär, den Grenzschutz und die Abschiebeindustrie.

Das Gesetz ist eine noch größere Umverteilung von unten nach oben, als es schon Trumps Steuergeschenke aus seiner ersten Amtszeit waren. Diese Mischung aus populistischem Volksdiskurs und einer Politik der Staatszerstörung und Vermögensumschichtung auf Kosten der Armen passt eigentlich hinten und vorne nicht zusammen. Aber einmal Gesetz geworden, wird die Ausplünderung der Staatskassen und der arbeitenden Bevölkerung auf Jahre hinaus Realität.

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Das wird sichtbare Spuren bei den sozial benachteiligen US-Amerika­ner*in­nen hinterlassen, die sich in den vergangenen Jahren überproportional der Maga-Idee Donald Trumps zugewandt haben.

Für die De­mo­kra­t*in­nen müsste es insofern ein Leichtes sein, bei den Zwischenwahlen im kommenden Jahr aus diesem Lager Stimmen zurückzugewinnen und die Mehrheit im Kongress wiederzuerobern. Nur: Schon zu diesem Zeitpunkt werden soziale Sicherheitsstrukturen nachhaltig zerstört sein. Trumps „großes hässliches Gesetz“, wie es die Demo­kra­t*in­nen im Senat nennen, ist eine Abrissbirne. Eine sehr große.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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7 Kommentare

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  • Dass die Reichen dem Trumpismus etwas abgewinnen können ist im Ergebnis nachvollziehbar, wird doch bei diesen die große Orgie gefeiert.



    Dass aber viele prekär Beschäftigte oder sogar Arme so diametral gegen ihre Interessen gewählt haben und jetzt erbarmungslos die Quittung des großen Empatielosen erhalten ist absolut unverständlich, immer noch. Einmal mehr wird die große Illusion des American Dream bittere Ironie. Natürlich schaffen es die meisten nicht, und die Handvoll die es schafft wird auch noch auf Kosten der Armen gepampert. Obszöner geht es kaum.

  • Ich hoffe das diese kürzungen den Trump Wähler mit Anlauf und mit absolut voller Breitseite trifft, leider werden auch jene davon betroffen sein die Trump nicht gewählt haben, die werden es sehr schwer haben in der Zukunft, erst recht wenn jene ihre Krankenversicherung verlieren, wie bitter, denen gilt mein Mitgefühl!

  • das Trump durch sein Auftreten vielen unsympatisch ist geht auch mir so. Aber. Man kann auch mit unbeliebten Mitteln vernünftige Ziele verfolgen.



    Hab mal bei der Tagesschau die dortigen Punkte nachgelesen und muss feststellen, auch wenn es Geld kostet. Eigentlich scheint es nicht Kosten zu verursachen, sondern die Einnamen zu mindern. Das ist nicht das Gleiche. Wenn man weniger einnimmt, muss man eben auch weniger ausgeben. Was ja auch zum Beispiel durch Streichung diverser internationaler Projekte getan wird. Das macht die USA nicht sympatischer für andere. Dies scheint auch überhaupt nicht von Interesse in den USA, war auch noch nie so. Es kann durchaus die Wirtschaft ankurbeln wenn man Steuern reduziert.



    Man muss nicht immer alles verteufeln wenn Menschen unsympatisch sind.



    Es ist sicherlich traurig wenn die Ärmsten unter Druck gesetzt werden. Aber mal ehrlich, ist das in Deutschland anders?



    Selbst Menschen die in Deutschland viel arbeiten haben oft Schwierigkeiten mit ihrem Geld klar zu kommen.



    Auch in Deutschland wird das Mittel der Steuererleichterungen und ähnliches benutzt um die Wirtschaft anzukurbeln.



    Man wird sehen ob es was bringt.

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste große Weltwirtschaftskrise kommt, ist jetzt größer geworden.

  • Als ob die Magas merken, was die Politik ihres großen Heilands anrichtet.



    Die sind froh, dass jetzt jemand gegen Ausländer und Andersdenkende hetzt. Und wenn es im Geldbeutel knapp wird finden sie eine neue Gruppe, auf die sie alles schieben können. Wenn jemand von den Magas mal eine Behandlung braucht wird diese eine Person vielleicht den Wert einer Krankenkasse erkennen, sei es auch nur aus Selbstsucht und Eigennutz heraus. Die Anderen Magas werden ihn dann ausstoßen und wahlweise als Schwächling oder Schmarotzer brandmarken.

  • Alle Diktatoren weltweit bewundern Trump, wie schnell er zu ihnen aufschliesst - und das im wohl reichsten Land der Welt. Fragt sich, wann die hochgelobten westlichen Werte auch in die Richtung angepasst werden, Merz schafft das schon(und von der Leyen).

  • Das Einzige, was Trump gefährden kann, ist eine große Inflation durch seine Zollpolitik. Da er bisher regelmäßig den Schwanz einzieht, wird das wohl nicht passieren. Ansonsten kann sich Trump bei dem sozialdemokratischen Zustand der Demokratischen Partei alles erlauben.