Trumps Rede an die Nation: Viel Selbstlob, viel Frust, wenig Neues
In seiner Rede an die Nation zeigt sich US-Präsident überzeugt von sich selbst. Doch gerade mit seiner Wirtschaftspolitik sind nur wenige zufrieden.
US-Präsident Donald Trump hat sich knapp eine Woche vor den Weihnachtsfeiertagen an das amerikanische Volk gewandt. In einer knapp 20-minütigen Ansprache aus dem Weißen Haus, umrahmt von Weihnachtsdekorationen, erklärte der 79-jährige Republikaner, dass das erste Jahr seiner zweiten Amtszeit das Beste in Geschichte des Landes gewesen sei.
„In den vergangenen elf Monaten haben wir in Washington mehr positive Veränderungen bewirkt als jede andere Regierung in der amerikanischen Geschichte – so etwas hat es noch nie gegeben“, sagte Trump überheblich.
Wer mehr als Lobeshymnen auf die eigene Leistung, zweifelhafte Schaubilder zur wirtschaftlichen Lage des Landes und Kritik an seinem Vorgänger Joe Biden erwartete, der wurde enttäuscht.
Das Fazit am Ende der Ansprache war wie so oft: unter Biden war alles schlecht, jetzt mit Trump ist alles einmalig. Ob er mit solch einer Rede, die keinerlei Selbstkritik oder Reflexion beinhaltete, auch bei Menschen punkten kann, die nicht sowieso schon zur MAGA-Bewegung gehören, gilt als unwahrscheinlich.
Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.
Schwachstelle Wirtschaftspolitik
Die steigenden Lebenshaltungskosten, die viele Amerikaner:innen hart trifft, stand im Fokus der Ansprache. Demokraten haben „Affordability“, also Bezahlbarkeit, zum Oppositions-Thema schlechthin gemacht und konnten damit bei Landes- und Kommunalwahlen im November etliche Siege einfahren.
Trumps Versprechen, die US-Wirtschaft anzukurbeln und die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Inflation zu bremsen, trugen im November 2024 deutlich zu seinem Wahlerfolg bei. Nun, mehr als ein Jahr später, scheinen viele Menschen ernüchtert. Eine neue Umfrage hat gezeigt, dass nur 36 Prozent aller Amerikaner:innen mit Trumps Wirtschaftspolitik zufrieden sind.
Niedrigste Umfragewerte seit 2018
Auch jenseits der Wirtschaft finden Trump und seine Regierung eher wenig Zustimmung. Nur 38 Prozent der Befragten erklärten, dass sie mit deren Arbeit aktuell zufrieden seien. Das ist der niedrigste Umfragewert seit dem Beginn seiner zweiten Amtszeit und der niedrigste Wert seit April 2018.
Das Weiße Haus hat erkannt, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage ein politisches Problem darstellt und will öffentlichkeitswirksam dagegen vorgehen.
„Wir retten unsere Wirtschaft vor dem Zusammenbruch. Die vorherige Regierung und ihre Verbündeten haben unser Land um Milliarden von Dollar bestohlen und die Preise für alles auf ein nie dagewesenes Niveau getrieben. Ich werde diese hohen Preise senken, und zwar sehr schnell“, sagte Trump am Mittwochabend.
Auf diese Worte folgte eine Liste von Schaubildern und Diagramme, die beweisen sollten, dass die Preise in verschiedenen Kategorien während der vergangenen elf Monate tatsächliche gefallen sind. So sei der Preis für Eier um mehr als 15 Prozent gefallen und Spritpreise um 6,9 Prozent, nachdem es bei diesen Produkten unter Ex-Präsident Biden drastische Preisanstiege gegeben hatte.
Lieber über Einwanderung und Kulturkampf sprechen
Für Trump ist es keine leichte Aufgabe, die Menschen davon zu überzeugen, dass das Leben unter seiner Führung günstiger werden wird. Es fällt ihm schwer, den Fokus auf das Thema Bezahlbarkeit zu legen. Bei seinen Kundgebungen und Reden schweift er immer wieder auf Kulturkampfthemen oder Einwanderung und Grenzschutz zurück. So auch am Mittwoch.
„Wir haben die schlimmste Grenze der Welt geerbt, und wir haben sie schnell in die sicherste Grenze in der Geschichte unseres Landes verwandelt“, erklärte Trump.
Die größte Neuigkeit, die der Präsident während seiner Rede anpries, war ein neues Wohnbauprogramm. Dieses soll im kommenden Jahr vorgestellt werden. Doch auch hier konnte er es sich nicht verkneifen, Einwanderern die Schuld für steigende Haus- und Mietpreise zu geben.
Auch verkündete Trump eine einmalige Bonuszahlung von 1.776 Dollar an mehr als 1,4 Millionen US-Soldaten. Es war letztendlich eine typische Trump-Rede, die jedoch verdeutlichte, dass der Präsident den innenpolitischen Druck spürt.
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