Trumps Gesetzespaket: Big, not beautiful
US-Präsident Donald Trump zementiert seine Macht mit einem monströsen Steuerpaket. Es ist sein Ticket, ab jetzt vollkommen durchzudrehen.

All das wird finanziert einerseits durch eine massive Erhöhung der Staatsverschuldung und andererseits durch Einsparungen bei zwei der wichtigsten Sozialleistungen in den USA: den Programmen Medicaid, also Krankenversicherung für Menschen mit niedrigem Einkommen, und SNAP, Lebensmittelversorgung für Bedürftige.
Zwei Elemente waren entscheidend dafür, dass Trump nunmehr ein Gesetz unterzeichnen konnte, das all seine Prioritäten finanziell umsetzt: Einerseits hat er früh darauf beharrt, entgegen den Vorschlägen vieler republikanischer Parlamentarier*innen nicht einzelne Gesetze zu den verschiedenen Themenbereichen einzubringen, sondern alles zusammenzuwerfen. Eben „one big, wonderful bill“.
Denn es gibt niemanden in den republikanischen Kongress-Reihen, der nicht mit einem oder mehreren Aspekten des nunmehr verabschiedeten Gesetzes große Schwierigkeiten hätte. Angesichts der knappen Mehrheiten in beiden Kammern wäre vermutlich bei jeder Einzelmaßnahme der Widerstand ausreichend gewesen, um die Gesetze scheitern zu lassen. Alles zusammen aber bedeutet, in Trumps eigenen Worten: „Da ist für jeden etwas dabei“ – Kröten schlucken gehört halt dazu.
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Brutale Machtausübung
Das zweite Kriterium für Trump war und ist reine und brutale politische Machtausübung. Wer auch immer ernsthaft drohte, das Gesetz scheitern zu lassen, sah sich sofort im Auge eines von der Trump-Maschine angefachten politischen Sturms. Und hatte vermutlich beste Chancen auf ein Karriereende spätestens nach den innerrepublikanischen Vorwahlen vor den midterm elections 2026. Die Angst der Republikaner*innen vor Trump ist größer als die Angst vor ihren Wähler*innen.
Die meisten Präsidenten bekommen in ihrer Amtszeit ein wichtiges Vorhaben durch den Kongress, das dann als ihr gesetzgeberisches Markenzeichen in die Geschichte eingeht. Das hat Trump jetzt geschafft – er braucht den Kongress ab jetzt nicht mehr. Die Frage, wie die republikanischen Abgeordneten in ihren Wahlkreisen erklären, warum so viele plötzlich ohne Krankenversicherung dastehen oder nichts mehr zu essen haben, interessiert ihn nicht mehr.
Ob die Demokrat*innen 2026 eine oder beide Kongresskammern zurückerobern, kann ihm egal sein. Was er vom Kongress wollte, hat er jetzt bekommen. Alles weitere kann er mit Dekreten regeln, wie er es ohnehin die ganze Zeit tut.
Das kommende Jahr wird zwar auch vom Wahlkampf für die midterm elections im November geprägt sein. Für Trump aber wird etwas anderes im Mittelpunkt stehen: Längst hat das Weiße Haus eine Taskforce zur Feier des 250. Geburtstages des Landes, sprich, der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung 1776 eingerichtet. In allen Landesteilen und mit großem Pomp wird gefeiert werden – und demjenigen gehuldigt, der „Amerika wieder großartig“ gemacht hat. Trump wird es genießen.
Vielleicht schafft es die Regierung, die schlimmsten sozialen Auswirkungen des jetzt verabschiedeten Gesetzespakets auf die Unter- und Mittelschicht auf nach den Wahlen 2026 zu verschieben, vielleicht gelingt es ihr auch, alle sozialen Verwerfungen mit nationalistischem 250-Jahre-USA-Jubel zu übertünchen.
Sicher scheint: Mit dem Gesetz, der haushalterischen freien Hand, die Trump dadurch gewinnt, und den verschiedenen Urteilen des Obersten Gerichtshofes gegen jegliche juristische Kontrolle des Regierungshandelns kann Trump ab jetzt einfach vollkommen freidrehen. Er muss niemanden mehr überzeugen und hat niemanden zu fürchten.
Für Millionen Geringverdienende, für Menschen ausländischer Herkunft – mit oder ohne gültige Aufenthaltspapiere –, für seriöse Medienschaffende, für trans Personen und viele mehr hingegen hat die Hölle des Trumpschen Staatsumbaus jetzt gerade erst richtig begonnen.
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