Trumps Diplomatie mit Mexiko: Strafzölle als Drohkulisse
Mexiko weigert sich, für die geplante Grenzmauer zu zahlen? Dann kündigt Trumps Sprecher eben 20 Prozent Zoll auf Importe an. Und rudert schnell zurück.
Wegen der Weigerung des Nachbarlandes, für die Milliardenkosten des Mammutprojekts aufzukommen, hatte Trump am Donnerstag die Einführung eines Strafzolls auf sämtliche Importe aus Mexiko angekündigt. Spicer sagte an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One, der Strafzoll solle 20 Prozent betragen. Auf diese Weise könnten jährlich 10 Milliarden Dollar (9,4 Milliarden Euro) eingenommen werden. Damit lasse sich der Grenzwall „leicht bezahlen“.
Später ruderte Spicer zurück. „Die Idee heute war nicht, etwas auf den Markt zu werfen oder zu verordnen oder anzukündigen, es ging darum zu sagen, es ist eigentlich nicht schwer, es zu tun“, sagte der Sprecher. „Die Idee ist, zu zeigen, dass es nicht so schwierig ist, die Finanzierung der Mauer zusammenzubekommen, wie manche vielleicht annehmen, eine Maßnahme allein reicht.“
Der republikanische Kongressabgeordnete Mark Meadows warnte vor möglichen wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen der von solchen Maßnahmen betroffenen Länder, die „normalerweise kein gutes Wirtschaftswachstum fördern“. Der republikanische Senator Lindsay Graham sagte, „Vorschläge, die die Kosten für Corona, Tequila oder Margaritas in die Höhe treiben“, seien eine ganz „schlechte Idee“. Der Präsident des mexikanischen Handelskammertags, Manuel Herrera, nannte die Pläne für Unternehmen beider Länder „wahrlich beängstigend“.
Treffen mit Nieto geplatzt
Der Streit war zuvor schon eskaliert: Ein für kommenden Dienstag geplanter Besuch des mexikanischen Staatschefs Enrique Peña Nieto bei Trump war wegen des Streits über die Mauer geplatzt. Peña Nieto sagte das Treffen ab, nachdem ihn der US-Präsident de facto ausgeladen hatte.
„Wenn Mexiko nicht bereit ist, für die dringend benötigte Mauer zu bezahlen, wäre es besser, das bevorstehende Treffen abzusagen“, schrieb Trump auf Twitter. Nach der Absage legte Trump dann nach. Bei einem Auftritt vor republikanischen Kongressmitgliedern in Philadelphia sagte er, solange „Mexiko die Vereinigten Staaten nicht fair und mit Respekt behandelt“, sei ein solches Treffen „unergiebig“.
Mexikos Außenminister Luis Videgaray bekräftigte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der Botschaft in Washington, eine Beteiligung an den Kosten des Mauerbaus sei für sein Land „nicht verhandelbar“.
Trump hatte am Mittwoch per Dekret den Mauerbau entlang der 3.200 Kilometer langen Grenze angeordnet. Er machte sich damit an die Umsetzung eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen. Mit dem Wall will er die illegale Einwanderung und den Drogenhandel bekämpfen.
In einem Fernsehinterview bekräftigte Trump dann am Mittwoch, Mexiko werde die Mauer zu „100 Prozent“ bezahlen. Peña Nieto konterte prompt mit einer nochmaligen strikten Weigerung, die Finanzierung zu übernehmen.
Trump hat zuletzt keine Angaben zu den Kosten des Mauerbaus gemacht. In der Vergangenheit bezifferte er sie auf zwischen 4 und 10 Milliarden Dollar (3,7 bis 9,4 Milliarden Euro). Nach manchen Schätzungen könnten sich die Kosten jedoch sogar auf bis zu 40 Milliarden Dollar belaufen.
Trumps jetzige Ankündigung von Strafzöllen ist ein schwerer Schlag gegen das seit 1994 bestehende Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Trump hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, das Abkommen neu zu verhandeln und eventuell sogar zu beenden. Am Donnerstag erneuerte Trump seine Kritik an Nafta.
Direktor würde Trump Berliner Mauer erklären
Der Direktor der Berliner Mauer-Gedenkstätte sieht den Plan von US-Präsident Donald Trump, eine Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen, mit Skepsis. „Ich dachte ehrlich gesagt, wir wären schon mal weiter gewesen in der Entwicklung“, sagte der Historiker Axel Klausmeier der Deutschen Presse-Agentur. Ein Merkmal von Populisten sei es, vermeintlich einfache Lösungsvorschläge anzubieten, die möglicherweise sogar einen sehr kurzfristigen Erfolg böten. „Langfristig führt das in die Irre.“ Das eigentliche Problem der illegalen Einwanderung werde mit der Mauer nicht behoben.
Natürlich würde er den US-Präsidenten in der Gedenkstätte als Gast begrüßen und ihm die Berliner Geschichte erklären, sagte Klausmeier. Die Stiftung habe einen Auftrag für politische Bildung. Die DDR habe mit der Mauer, die 28 Jahre lang stand, ihr eigentliches Problem nicht gelöst, sondern letztlich nur Zeit gekauft.
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