Trump und die Republikaner: Bloß keine Schadenfreude
Trump ist abgewählt. Aber er könnte wieder gewinnen. Und auch wenn nicht, er vergiftet das politische Klima und macht rationale Debatten unmöglich.
W enn der derzeitige Stand des Machtkampfes bei den US-Republikaner*innen mehr ist als eine kurze Momentaufnahme, dann ist die „Grand Old Party“ tatsächlich nicht zu retten. Donald Trump, der 2016 von außen mit dem Ruf Kandidat wurde, ein guter Entertainer und zwielichtiger Geschäftsmann zu sein, hat die Partei in einer Geschwindigkeit zerstört, vor der einige gewarnt, die aber nur wenige vorausgesehen haben.
Er hat geschickt auf alle Bewegungen aufgesetzt, die schon seit spätestens Mitte der 1990er Jahre immer stärker die Partei bestimmt haben, und hat sie zu einem Wahlverein des autokratischen Rechtspopulismus mit Offenheit zur extremen Rechten gemacht. Oder, wie es Trumps Sohn bei jener verhängnisvollen Kundgebung am Vormittag des 6. Januar ausdrückte: „Das ist Trumps Republikanische Partei!“
Die Lüge von den angeblich nur durch Betrug verlorenen Wahlen ist dabei zentral: Trump stellt sich auch in seiner jüngsten Botschaft als derjenige dar, der den Republikaner*innen vorher nie gesehene Wahlsiege einbrachte, und seine Anhänger*innen glauben ihm das. Dabei ist er in Wirklichkeit der erste Präsident seit 30 Jahren, der nicht wiedergewählt wurde und in dessen gerade vier Jahren beide Kammern des Kongresses und das Weiße Haus verloren gingen – auch wenn es dazu einer unglaublichen Mobilisierung aufseiten der Demokrat*innen bedurfte, die sie vom Weißen Haus aus nur schwer werden wiederholen können.
Auch deshalb ist heimliche oder offene Schadenfreude darüber, dass die Republikaner*innen den Verlierer Trump jetzt nicht wieder loswerden, nicht angebracht: Er könnte wieder gewinnen. Und auch wenn er nicht an der Macht ist, vergiftet er das politische Klima und macht rationale öffentliche Debatten unmöglich. Trumps Breitseiten aus Mar-a-Lago gegen alle leidlich vernünftigen republikanischen Parlamentarier*innen machen Überparteilichkeit unmöglich, und das verhindert Reformen. Denn eine gesicherte Kongressmehrheit hat der neue Präsident Joe Biden nur für zwei Jahre. Das dürfte zu kurz sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Desaströse Lage in der Ukraine
Kyjiws Wunschzettel bleibt im dritten Kriegswinter unerfüllt
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt