Trotz „Bündnis für das Wohnen“: Mieten steigen immer weiter
In Hamburg hilft die Mietpreisbremse nicht. Der Mieterverein sieht die Schuld bei Senat und Wohnungswirtschaft.
Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) will den Wohnungsneubau mit zwei Bundesratsinitiativen flankieren. Zum einen soll die sogenannte Kappungsgrenze der innerhalb von drei Jahren erlaubten Mieterhöhungen von 15 auf 10 Prozent gesenkt werden. Zum anderen ist vorgesehen, den Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiSTG) zu präzisieren. Eine Mietpreisüberhöhung um mehr als 20 Prozent könnte dann als ordnungswidriges Handeln sanktioniert werden.
Das Hamburger Bündnis für das Wohnen ist eine in Deutschland einmalige Vernetzung von Wohnungswirtschaft, Mieterverein und Behörden. Zu den Kernvereinbarungen gehören das Anwenden und Überprüfen von mietrechtlichen Regelungen und die Verpflichtung, jedes Jahr 10.000 neue Wohnungen zu errichten. Davon müssen ein Drittel Sozialwohnungen sein.
Senatorin verweist auf Sommerpause
Trotz dieser Wohnungsbauoffensive steigen die Mieten in Hamburg aber immer weiter. Seit 2013 im Durchschnitt um 18 Prozent. Bei den Neuvermietungen sogar um 50 Prozent. Das mache die Instrumente zur Anpassung der Mietpreisbremse so dringend, sagt Chychla. „Trotzdem wird die Senatorin Stapelfeldt bisher von der Wohnungswirtschaft davon abgehalten, die Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen, weil diese nichts von der längst überfälligen Entlastung der Hamburger Mieterhaushalte hält.“
„Wir sind jetzt aktuell dabei, die Inhalte von Bundesinitiativen mit den beteiligten Behörden und Partnern im Bündnis für das Wohnen abzustimmen und werden sie dann auf den Weg bringen“, versichert hingegen Senatorin Stapelfeldt. Wegen der parlamentarischen Sommerpause hätte man jedoch nicht sofort mit den Behördenabstimmungen beginnen können. Diese seien nun aber im Gange und die Gesetzesvorlage sei auf dem Weg gebracht worden. „Dort wird auch besprochen, welche weiteren Werkzeuge noch sinnvoll sind“, sagt Senatssprecher Marcel Schweitzer.
Chychla vom Mieterverein sieht vor allem die Reform des Paragrafen 5 WiSTG gefährdet: Die Strafbarmachung bei Mietüberhöhung im Falle eines geringen Angebots vergleichbarer Wohnungen sei nicht im Sinne der Wirtschaft. Seit 2004 müssen Mieter den oft schwierigen Nachweis erbringen, dass die Vermieter zu hohe Mieten kassiert haben.
Die Justizbehörde versicherte, beide Gesetze werden im Bundesrat eingereicht. „Die Kappungsgrenze liegt uns sehr am Herzen“, sagt Sprecherin Marion Klabunde. „Paragraf 5 wird in der Gesprächsrunde mit den beteiligten Behörden abgestimmt.“ Die Gesetze werden dann getrennt in den Bundesrat eingebracht, so Klabunde. „In keinem großen zeitlichen Abstand voneinander.“
Auch Senatssprecher Schweitzer hält die Kritik Chychlas für haltlos. „Der Inhalt dieser Entwürfe ist zwischen den Koalitionspartnern abgesprochen und nicht strittig.“ Bereits nach vier Wochen hätte sich die Drucksache in den Behördenabstimmungen befunden. In dieser Woche berät nun der rot-grüne Senat über das weitere Vorgehen.
Die stellvertrende Fraktionsvorsitzende der Linken und Fachsprecherin für Stadtentwicklungs-, Wohnungs- und Verkehrspolitik, Heike Sudmann, hält aber auch diese Maßnahmen für nicht weitreichend genug und fordert stattdessen eine Orientierung am Berliner Modell. Dessen Senat hatte bereits im Mai 2018 eine Bundesratsinitiative eingereicht, die, sollte sie Gesetzeskraft erlangen, die Mieter noch weitreichender entlasten würde.
Linke will den Mietendeckel
Darüber hinaus sollten, wenn es nach den Linken geht, weitere Instrumente eingeführt werden. „Die halbherzige Bundesratsinitiative soll nur darüber hinwegtäuschen, dass der Senat nicht gewillt ist, die Mieter*innen wirksamer zu schützen“, sagte Sudmann der taz, „Sonst würde er nämlich einen Mietendeckel einführen. Das kann er ganz alleine machen. Dafür braucht er keine Mehrheit im Bundesrat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste