Treibstoffmangel in Libanon: Tödliches Benzin

Bei der Explosion eines Tanklasters starben 33 Menschen. Weil die Regierung angekündigt hat, Treibstoff zu verteuern, wird Benzin derzeit gehortet.

Mitarbeiter des Roten Kreuzes steht vor dem ausgebrannten Tanklastwagen

Ein Mitarbeiter des Rotes Kreuzes steht hinter dem ausgebrannten Benzintank im Dorf Talil Foto: dpa

BEIRUT taz | Mit einem Trauertag hat Libanon am Montag der 33 Menschen gedacht, die am Sonntag bei einer Explosion eines Treibstofftankers starben. Die Tragödie ist bezeichnend für Libanons Krise. In dem Dorf al-Talil beschlagnahmte das Militär am Sonntag 60.000 Liter gehortetes Benzin. Weil es im ganzen Land an Treibstoff mangelt, kamen vor allem junge Männer, um sich das Benzin vom Militär in Kanister abfüllen zu lassen.

Unklar ist, wie es zu der folgenden Explosion kam. Augenzeugen berichteten von einem Feuerzeug beziehungsweise von Schüssen. Nach dem tödlichen Vorfall verhafteten die Behörden den Besitzer des Grundstücks, auf dem der Treibstoff gefunden wurde, sowie dessen Sohn. Das Lager befindet sich unweit der syrischen Grenze. Die Ware sollte womöglich über die Grenze geschmuggelt werden.

Libanon subventioniert Nahrungsmittel, Medizin und Benzin, doch die Zentralbank kündigte am vergangenen Mittwoch an, die Subventionen für Kraftstoffimporte einzustellen, denn sie belasten die immer knapperen Dollarreserven. Ohne Subventionen werden sich Benzin- und Dieselpreise verfünffachen, während die Kaufkraft der Bevölkerung beständig sinkt.

Das wäre nicht nur für den Verkehr ein Problem. Selbst in Libanons Hauptstadt Beirut liefert der staatliche Stromversorger nur noch zwei Stunden Elektrizität am Tag. Um die Ausfälle zu überbrücken, braucht es private Generatoren, die mit Benzin laufen. Infolge des Treibstoffmangels kommt es zu Stromausfällen. Denn während das Parlament noch entscheiden muss, ob Treibstoff weiter bezuschusst werden soll, haben viele Tankstellen die Herausgabe vorerst gestoppt – in der Hoffnung auf höhere Preise.

Schlangen vor den Tankstellen

Rettungsfahrzeuge können nicht fahren, die nationale Sui­zid-Hotline musste zwei Tage aussetzen. Bäckereien bleiben geschlossen sowie viele Restaurants, Cafés und Kioske, weil sie ihre Waren nicht frisch halten können. Cafés, die noch Benzin für ihre Generatoren besitzen, bieten an, je­de*r könne kostenlos Handy oder Laptop laden.

An den Tankstellen im Land spielen sich ähnliche Szenen ab wie im Norden Beiruts: In der frühen Mittagshitze stehen Autos über eine Brücke hinweg Schlange. Die Fenster sind geöffnet, die Motoren still, Be­sit­ze­r*in­nen rauchen am Straßenrand. Vor der Zapfsäule drängen sich Motorradfahrer, während ein Tanker entlädt. Mit zwei Wägen steht das Militär nebenan. Die Soldaten sind da, weil die Importeure sonst mit der Benzin­ausgabe warten, bis die Preise steigen, erklärte ein Angehöriger der internen Sicherheitsbehörde der taz. Die Behörde postete auf Facebook Bilder von Kontrollen der Benzinbestände.

Die Tragödie der Explosion machte auch den Mangel an medizinischer Versorgung in Libanon deutlich. Nach Angaben des Roten Kreuzes wurden 79 Menschen verletzt. Weil die nahen Krankenhäuser aufgrund von Strom- und Medikamentenmangel überfordert waren, verhandelten Behörden mit der Türkei und Ägypten, ob diese Schwerverletzte behandeln können.

Gleichzeitig rief das Uniklinikum der Amerikanischen Universität Beirut um Hilfe: Am Montag drohten 40 Erwachsene und 15 Kinder an Beatmungsgeräten zu sterben, weil das Benzin für die Generatoren ausging. Nach dem Aufruf halfen Lieferanten sowie Unternehmen und Individuen aus.

Wütende Protestierende versammelten sich am Sonntag in Beirut und versuchten, in das Haus von Ministerpräsident Najib Mikati einzudringen. Der Anstieg der Preise könnte auf lange Sicht jedoch gut sein, da die Subventionen den Schmuggel von Gütern nach Syrien begünstigen, wo sie teuer weiterverkauft werden.

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