Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Alt zu werden, hat gewisse Vorteile. Zumindest so lange, wie noch nicht alles, was mensch erlebt hat, demenzbedingt verschwunden ist aus dem Gehirn. Ich erinnere mich beispielsweise (noch) an eine Zeit, in der der „Minimalkonsens“ nicht publikumswirksam gefunden werden musste, sondern zumindest den Beteiligten und politisch interessierten Zuschauern klar gewesen ist.
Er hieß „Nichteinmischung in innere Angelegenheiten“, der Minimalkonsens, und hat auf der Übereinkunft beruht, dass Saaten souveräne Gebilde sind, deren Bevölkerung nicht nur das Recht, sondern auch die verdammte Pflicht hat, interne Angelegenheiten auf demokratischem Weg selbstbestimmt (wenn auch nicht unbedingt einhellig) zu regeln.
Dass dieser alte Minimalkonsens derzeit nicht „in Mode“ ist, zeigt im Grunde zweierlei:
1) Weder Russland noch die USA legen sonderlich Wert auf demokratische Spielregeln. Nicht im eigenen Land und auch nicht anderswo. Weder Putin noch Biden mögen dem eigenen Volk (in Demokratien auch Souverän genannt) oder gar dem des Konkurrenten zubilligen, innere Angelegenheiten vernünftig zu regeln.
2) Das hat vermutlich a) damit zu tun, dass sowohl Putin als auch Biden ihre Karriere im Kalten Krieg begonnen haben, dem sid auch ihren Aufstieg verdanken und b) sowohl die USA als auch Russland dermaßen von inneren Konflikten und der Unfähigkeit der Regierenden, diese halbwegs befriedigend zu lösen, gebeutelt sind, dass die jeweiligen Führer sich nur in der Konfrontation mit anderen Mächten profitieren können.
Das IST definitiv eine schlechte Ausgangslage, finde ich. Irgendwie waren wir alle miteinander schon mal weiter. Damals, als der Kalte Krieg angeblich (fast) vorbei gewesen ist. Vor 30 Jahren war das, ungefähr. Manchmal hat es wohl doch Nachteile, alt zu werden, ohne dabei total dement zu sein.
@mowgli Genau so empfinde ich auch, weil auch ich mit erleben durfte, dass wir schon einmal deutlich weiter waren auf der Basis der Nichteinmischung. Zumal die von den NATO Staaten beanspruchten Werte in geradezu scheinheiliger Weise nur dann gelten sollen, wenn es andere betrifft und den "Vorteil" hat, Krieg zu führen. In diesem Fall ist des der kalte Krieg. Terrorstaaten wie z.B. Saudi Arabien können weiter mit Waffen beliefert werden, weil diese andere "Werte" haben für den Westen.
Bedrückend ist auch die Tatsache, dass das Erinnerungsvermögen die eine Seite ist. Die andere Seite ist Geschichtsvergessenheit. Teils mangels politischer und historischer Bildung.
Und geradezu erschreckend empfinde ich die Tatsache, wie wenig bereit auch jüngere Menschen sind, in friedlichen Kategorien zu denken und der Ideologie verhaftet sind, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll.
Die Biden Administration hat es wieder voll im Griff diese Frontstellung gegen Russland. Besser kann es für die USA nicht laufen. Und die Vasallen sind treuer denn je.
Russland ist auch Europa. Und Europa müsste ein Interesse daran haben, Frieden unter Einbeziehung von Russland zu schaffen.Das Gegenteil ist der Fall. Und das alles wegen Nawalny? Lächerlich. Der Fall Assange ist viel schlimmer.
@Rolf B. Assange teile die Welt in Menschen, die für und die gegen ihn seien, so ein WikiLeaks-Mitarbeiter im Interview mit der NYT. USA und Clinton hätten ihm Ärger bereitet, Russland hingegen nicht.
So hatte er offensichtlich keine Berührungsängste mit der russischen Führung. Als WikiLeaks nach 2010 der Zugang zu Spendengeldern erschwert wurde, erhielt Assange beim staatlich finanzierten Sender "Russia Today" eine TV-Show. 2013 empfahl Assange dem Whistleblower Snowden bei seiner Ausreise aus Hongkong über Moskau zu fliegen, wo dieser dann blieb.
Viele der von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente schadeten den USA, Deutschland oder der NATO und kamen Russland wiederum zupass. Besonders bei russischen Investigativjournalisten wie Andrej Soldatov sorgte für Ärger, dass sich Assange über Veröffentlichungen zum Vermögen des Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin in den Panama-Papers beschwerte. Selbst Snowden äußert sich in Russland kritisch über dessen Führung, Assange kaum.
Insofern ist klar, dass Assange von russischen Geheimdiensten erbeutetes Material gegen Clinton einsetzen würde - was er laut Mueller-Report tat. Die Ermittler legen dar, wie Cyber-Einheiten des russischen Militärgeheimdienstes GRU an Daten gelangten. Demnach drangen sie 2016 in die E-Mail-Accounts von Mitarbeitern und freiwilligen Helfern der Clinton-Kampagne ein, darunter John Podesta.
Im April 2016 hackten sie die den Wahlausschuss der Demokraten - und das DNC - das Führungsgremium der Demokraten. Dabei stahl der GRU Hunderttausende Dokumente.
GRU-Agenten legten die fiktiven Online-Personen DCLeaks und Guccifer 2.0 an, so der Mueller-Report. Als im Juni 2016 der Wahlkampf zwischen Trump und Clinton begann, nahmen DCLeaks und Guccifer 2.0 Kontakt zu Wikileaks' Benutzerkonto bei Twitter auf - um darüber die Clinton Mails zu verbreiten.
Assange war einer der Schuhanzieher für den Sieg Trumps.
Ihr Links-Sein bedeutet demnach Unterstützung für extreme Rechtspopulisten?
""Putin kann sich als unerschrockener Vertreter eigener Interessen präsentieren und klar machen, dass niemand in interne Probleme Russlands hineinreden darf.
Nawalny ist nach diesem Verständnis nur Russlands Sache, die Unterdrückung der Opposition ebenfalls.""
===
das bedeutet im Klartext Intensivierung des russischen Krieges in der Ukraine, ein weiter so hinsichtlich des Kriegszustandes in Syrien, russische Truppen in Libyen (keine Angst - sind alles nur URLAUBER), Cyber Angriffe auf westliche Staaten, Abschuss von OSZE Drohnen im Ukrainekrieg - und ein weiter so mit dem nationalen und internationalen Einsatz von Novitchok?
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.
Wenn der Westen lediglich ""mit einem wackeligen"" Verhältnis zu Putin reagiert: Ist das Masochismus oder ist das schon die Lust an der Preisgabe sämtlicher humanistischen Wertvorstellungen?
Große Batteriespeicher werden wichtiger für die Energiewende. Laut einer Studie verfünffacht sich ihre installierte Leistung in den nächsten 2 Jahren.
Treffen von Biden und Putin: Wackelnde Basis, zerstörtes Netz
Am Mittwoch will Biden dem Kreml seine Grenzen aufzeigen. Der gibt sich gelassen. Die gegenseitigen Vorwürfe kommen auf beiden Seiten nicht gut an.
Eine Armlänge Abstand: Biden und Putin bei einem Treffen 2011 Foto: Alexander Zemlianichenko / ap
Der „Tattergreis“ trifft einen „Mörder“: Die Basis, auf der sich US-Präsident Joe Biden und Wladimir Putin am Mittwoch in Genf zu begegnen gedenken, ist schütter. Die Russen halten den US-Amerikaner für senil, vergesslich und unfähig, etwas selbst zu entscheiden. Biden will dem Russen seine Grenzen aufzeigen.
Mit aller Härte, so heißt es aus Washington, wolle er Putin klar machen, was er von der russischen Behandlung von Kremlkritikern und Andersdenkenden hält. Der Kreml gibt sich derweil gelassen: Die Zerstörer der Beziehungen sind für ihn ohnehin immer die anderen. Von denen lässt man sich in Moskau nichts sagen.
Die gegenseitigen Vorwürfe kommen auf beiden Seiten nicht gut an. Biden und Putin wissen, dass sie nicht um die Sympathie des jeweils anderen buhlen müssen. Sie wissen aber auch, dass sie irgendeine Art von Arbeitsbeziehung herstellen sollten, mag das Fundament dieser Beziehung noch so wackelig sein. Das Verhältnis wird weiterhin von Rivalität geprägt sein, in einigen Fällen von Konfrontation.
Beide Präsidenten sprechen von einem Tiefpunkt der Beziehungen. Da wäre es bereits ein Durchbruch, wenn die Experten aus beiden Ländern sich in ihren Fachgebieten näher kämen und die diplomatischen Vertretungen in Washington und Moskau wieder besser besetzt wären. So könnte das in der Vergangenheit immer weiter zerstörte Netz geflickt werden. Selbst das wird schwierig. Ein Reset, wie zu Zeiten von Barack Obama, ist nicht zu erwarten.
Signale an die eigene Bevölkerung
Es ist auch nicht gewünscht. Das Treffen ist nicht als Spannungsabbau zu sehen, sondern als nüchternes Arbeitstreffen, um die vermurksten Beziehungen noch in den Bereichen aufrechtzuerhalten, in denen sich die beiden auf Handfestes einigen können. Das ist bei Iran so, bei Syrien, Afghanistan, Nordkorea, auch beim Rüstungsabbau. Ohne Russland, das weiß Biden, geht es hier nicht weiter.
Beim Treffen der Präsidenten geht es nicht zuletzt um Signale an die eigene Bevölkerung. Biden kann sich in Genf als aufrechter Gegenentwurf zum plumpen Trump geben, Putin kann sich als unerschrockener Vertreter eigener Interessen präsentieren und klar machen, dass niemand in interne Probleme Russlands hineinreden darf.
Nawalny ist nach diesem Verständnis nur Russlands Sache, die Unterdrückung der Opposition ebenfalls. Die Vorstellung, was legal und illegal, was richtig und was falsch ist, sie gehen im Kreml und im Weißen Haus sehr weit auseinander. In Genf gilt es, wenigstens den Minimalkonsens zu finden. Es gibt keinen Erwartungsdruck. Das ist vielleicht gar keine schlechte Ausgangslage.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Inna Hartwich
Autor*in
Themen