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Treffen der französischen BotschafterRückzug aus Niger ausgeschlossen

Im Gespräch mit Diplomaten zeigt Frankreichs Präsident, dass Berlin und Paris auseinanderdriften. Es ging um Energiepolitik und die Putschisten in Niger.

Emmanuel Macron spricht während der Botschafterkonferenz am 28. August 2023 im Élysée-Palast in Paris Foto: Witt Jacques/imago

Paris taz | Das jährliche Treffen der französischen Bot­schaf­te­r*in­nen in Paris ist jeweils eine Gelegenheit für den Staatschef, über den Stand der Außenpolitik zu informieren. Dass sich dabei wie am Montagabend Präsident Emmanuel Macron auch kritisch zur Position von Alliierten oder ihrer ungenügenden Unterstützung für Frankreichs diplomatische Initiativen äußert, ist nicht ungewöhnlich. Besonders ärgerte sich Macron über die Differenzen mit Deutschland in Sachen Atomenergie und speziell auch bezüglich der Situation in Niger seit dem Putsch am 26. Juli.

Frankreich will, im Unterschied zu seinen Alliierten, in Niger unnachgiebig bleiben. Eine De-facto-Anerkennung der Militärs, die Ende Juli den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt hatten, wollte Staatspräsident Macron in seiner Rede vor den in Paris versammelten Di­plo­ma­t*in­nen kategorisch ausschließen: „Unsere Politik ist simpel, wir anerkennen die Putschisten nicht, wir unterstützen weiterhin einen Präsidenten, der nicht auf sein Amt verzichtet hat. Auch unterstützen wir eine diplomatische Lösung der Ecowas (Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten) und/oder eine militärische (Intervention), wenn diese beschlossen wird“, sagte Frankreichs Präsident am Montag.

Ganz offensichtlich befürchtet Macron einen Dominoeffekt in den ehemaligen Kolonien Westafrikas, wo die antifranzösische Stimmung weiterhin wächst. Er ermuntert die Regierungen der westafrikanischen Staaten, im eigenen Interesse ihrer Macht ebenso unnachgiebig zu bleiben wie Paris: „Ich richte meinen Appell an das Verantwortungsbewusstsein aller Staaten der Region. Denn eines ist klar: Wenn die Ecowas den (nigrischen) Präsidenten Bazoum fallen lässt, können sich alle Präsidenten der Region vorstellen, welches Schicksal sie erwartet.“

Uneinigkeit innerhalb der Ecowas

Innerhalb der westafrikanischen Staatengemeinschaft herrscht aber Uneinigkeit. Nur sechs Länder (Benin, Côte d'Ivoire, Ghana, Guinea-Bissau, Nigeria und Senegal) wären bisher bereit, sich eventuell mit Truppen an einer militärischen Aktion gegen die Putschisten in Niger zur Befreiung von Bazoum, der im Präsidentenpalast verschanzt bleibt, zu beteiligen. Die Skepsis der übrigen Staaten und auch der meisten westlichen Alliierten, namentlich in Europa, schwächt die Glaubwürdigkeit der Ecowas-Drohung einer Intervention und isoliert gleichzeitig die französische Haltung.

In Paris wurde dementiert, dass die in einen Bunker verwandelte Botschaft von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten worden sei

Paris will auf keinerlei Forderungen der von General Abdourahamane Tchiani angeführten Militärs eingehen. Diese hatte Ende letzter Woche mit einem Ultimatum die Abreise des französischen Botschafter Sylvain Itté innerhalb von bloß zwei Tagen verlangt. Itté ist weiterhin in der Botschaft in der nigrischen Hauptstadt Niamey. Vor dem Gebäude wird es regelmäßig mit Rufen wie „A bas la France“ (Nieder mit Frankreich) gegen Frankreich demonstriert – namentlich wird der Abzug der französischen Truppen gefordert. In Paris wurde dementiert, dass die in einen Bunker verwandelte Botschaft von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten worden sei. Gegenwärtig befinden sich weiterhin rund 1.500 französische Militärs, in einer Basis beim Flughafen der nigrischen Hauptstadt. Macron schließt einen Abzug dieser Militärs aus Niger aus.

Macron plädiert für die AKW-Renaissance

Nicht nur wegen Niger ärgert sich Macron speziell über die divergierende Position der deutschen Bundesregierung. Auch in der Energiepolitik driften die beiden Partner auseinander. Der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie ist für ihn ein Holzweg. Frankreich setzt im Gegenteil auf den Bau neuer Reaktoren und will die Betriebsdauer der bereits alten AKWs zusätzlich verlängern.

Für Macron steht darum die massive Investition in die Atomenergie im Zentrum der Strommarktreform. Er plädiert für eine „Renaissance der Atomenergie“. Mit seinem Verzicht auf den Strom aus den AKWs sei Deutschland nicht nur auf vermehrte Importe angewiesen, sondern auch auf die Kohle, was für die Verringerung des CO2-Ausstoß kontraproduktiv wäre. Es sei also „ein historischer Fehler, sich die Kernenergie vorzuenthalten“, meint Macron.

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5 Kommentare

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  • Macron ist ein Anhänger neokolonialistisch geprägter Ausbeutung wichtiger Ressourcen und begreift (noch) nicht die großen Umwälzungen im Zuge einer neuen multipolaren Weltordnung in Afrika.

  • Auf arte finden sich interessante Beiträge zu Niger. Ein bettelarmes Land, in dem viele keinen Strom haben und das Frankreich mit Uran versorgt. Es hat Gründe, weshalb immer mehr Menschen in Afrika den (versteckten) Kolonialismus hinter sich lassen wollen. Und es wäre fatal, würde Deutschland sich zum Komplizen Frankreichs machen. EU und Afrika wird mit diesem Frankreich ein schwieriges Thema.

  • „ein historischer Fehler, sich die Kernenergie vorzuenthalten“ das sagt Präsident vor dem aktuellen weltpolitischen Hintergrund?



    „Doch für die europäische Stromversorgung ist die Lage aufgrund des Putsches mittelfristig brisant. Schließlich will und muss man sich zurzeit auch unabhängig machen von russischen Lieferungen. Russland steuerte 2021 immerhin 20 Prozent zu den Uranimporten bei, was die Kriegskasse in Moskau um eine halbe Milliarde Euro füllte. Damit steht mit dem Niger zusammen nun hinter knapp der Hälfte der Einfuhren nuklearen Brennmaterials ein Fragezeichen.“ aus einem interessanten Artikel in der WiWo, der auch üble Sauereien französischer Minenbetreiber beleuchtet.

    • @guzman:

      Der mit Abstand größte Teil des nach Frankreich importierten Urans kommt aus Kasachstan. In Frankreich gibt es für viele Jahre eingelagerte Reserven.

      • @Pi-circle:

        ach ja, Kasachstan wird im WiWo Artikel auch erwähnt , - aber:



        „Doch im Niger bekommt der staatliche französische Konzern offenbar einmalige Konditionen: Die Nachrichtenagentur Reuters erhielt 2014 Einsicht in Dokumente, denen zufolge die Franzosen keine Exportzölle auf Uran bezahlen mussten, keinerlei Steuern auf Material und Geräte, die in den Minen zum Einsatz kamen. Die Abgaben betrugen demnach lediglich 5,5 Prozent. In Kanada wurden damals bereits 13 Prozent fällig, in Kasachstan 18,5 Prozent.“



        lesen Sie einfach selbst



        www.wiwo.de/techno...mmen/29295338.html