Transplantation für Schwerkranke: Zahl der Organspenden ist gestiegen
Nach einem Tiefpunkt 2017 ist im letzten Jahr die Zahl der Organspender*innen gestiegen. Neue Regelungen sollen die Situation weiter verbessern.
Im Vergleich bedeutet das eine Steigerung von knapp 20 Prozent. 3.113 Organe konnten von diesen Spender*innen durch die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant (ET) erfolgreich an die Patient*innen auf den Wartelisten zur Organtransplantation vermittelt werden, 519 mehr als im Jahr 2017. Am häufigsten transplantiert wurden Nieren – 1.607 an der Zahl –, gefolgt von 779 Lebern. Die DSO koordiniert jede Organspende in Deutschland.
In einem Statement, das die Pressestelle des Gesundheitsministeriums der taz auf Anfrage schickte, freut sich Minister Spahn: „Endlich gibt es wieder mehr Organspender. Unsere Kampagnen zeigen Wirkung.“ Er verweist aber auch darauf, dass die steigenden Zahlen zwar gut, aber nicht gut genug seien.
Denn: In Deutschland gibt es zu wenig Spender*innenorgane für schwerkranke Menschen, noch immer stehen rund 9.400 von ihnen auf Wartelisten. Der Bundestag will deswegen in diesem Jahr die Regel für Spender*innen ändern. Bisher lautet die so: Wer im Falle des eigenen Todes seine/ihre funktionstüchtigen Organe spenden möchte, teilt diese Entscheidung nicht nur den Angehörigen mit, sondern besorgt sich auch einen Organspendeausweis.
Widerspruch statt Entscheidung
Auf dem wird angekreuzt, ob und welche Organe man spenden, beziehungsweise welche man nicht spenden möchte. Auf dem Ausweis kann auch angegeben werden, dass man der Entnahme von Organen oder Gewebe widerspricht oder dass eine andere Person darüber entscheiden soll. Der Ausweis dient also dazu, die eigene Einstellung zur Organ- und Gewebespende zu dokumentieren und sollte immer bei sich getragen werden.
Diese Entscheidungslösung ist recht frei. Da nirgendwo registriert wird, ob jemand spenden möchte oder nicht, kann die Entscheidung jederzeit überdacht und der Ausweis erneuert werden. Sie ist gleichzeitig aber auch so wenig verbindlich, dass viele sich eben gar nicht entscheiden. Gesundheitsminister Spahn will das ändern.
Künftig soll widersprechen müssen, wer die eigenen Organe nicht bereitstellen möchte. Diesen Vorstoß machte der Minister im Herbst letzten Jahres. Seine sogenannte „Widerspruchslösung“ ist eine doppelte. Man kann Menschen im Falle eines Hirntods automatisch Organe entnehmen – außer eben, sie haben aktiv dagegen gestimmt. Zum anderen sollen die Angehörigen der Entnahme aktiv widersprechen.
Organspende ist, immerhin geht es dabei um nichts geringeres als die Frage um Leben und Tod, ein umstrittenes, ein emotionales Thema. Die Diskussion findet zwischen den Polen „Die Spende ist ein Akt der Hilfsbereitschaft, der in vielen Fällen leben rettet“ und „Im Kapitalismus wird alles zu Geld und aus dem Menschen ein Ersatzteillager“ statt. Dazu kommen Skandale um die Manipulation der Wartelisten, Glaubensaspekte und der Zweifel daran, dass ein Mensch, nur weil seine Hirnfunktion ausgefallen ist, wie tot behandelt und seine Organe entnommen werden sollen.
Bessere Strukturen
Es ist nur logisch, dass auch der Vorschlag der Widerspruchslösung polarisiert. Immerhin kommt zu der schwerwiegenden Frage nach Leben und Tod auch noch die nach der Freiheit des Willens. Denn wenn nichts sagen „Ja“ bedeutet – wie kann sichergestellt werden, dass die Person diese Entscheidung bewusst getroffen hat und nicht etwa schlecht informiert war, das Widersprechen vergessen hat oder nicht rechtzeitig dazu gekommen ist?
Peter Dabrock, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, nannte den Vorschlag eine drohende „Organabgabepflicht“. Und der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnte vor einer „Vertrauenskrise“. Beides berichtete die taz. In einer Rede im November ging Spahn darauf ein, sagte: „Es ist keine Organabgabepflicht, und ich fände es fair, wenn das in der Debatte auch nicht immer wieder behauptet würde.“ Und weiter: „Etwas, wozu man konsequenzlos Nein sagen kann, ist keine Pflicht. Es wäre lediglich eine Pflicht zum aktiven Freiheitsgebrauch, es wäre eine Pflicht, sich Gedanken zu machen.“
Die Ideen des Gesundheitsministeriums für die Verbesserung der Situation gehen aber über diese Widerspruchslösung hinaus. So verabschiedete Spahn ebenfalls im vergangenen Herbst den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes: „Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ (GZSO).
Größeres Problem als Spendenbereitschaft
„Das Hauptproblem bei der Organspende ist nich die Spendebereitschaft“, sagte er dazu. „Ein entscheidender Schlüssel liegt vielmehr in den Kliniken. Ihnen fehlen häufig Zeit und Geld, um mögliche Organspender zu identifizieren.“ Nach dem Gesetz soll genau daran gearbeitet werden. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation Axel Rahmel hat deswegen große Hoffnung.
Das Gesetz stärke die Position der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken, verpflichte durch ein flächendeckendes Berichtssystem bei der Spendererkennung und Meldung zu mehr Qualität und Verbindlichkeit, verankere erstmals die Angehörigenbetreuung im Gesetz und sorge für eine bessere und aufwandsgerechte Finanzierung der Kliniken für die Organspende, schrieb Rahmel in einer Pressemitteilung. Das GZSO soll in der ersten Jahreshälfte 2019 in Kraft treten. Für die Menschen auf den Wartelisten bedeuten dies und die aktuellen Zahlen Hoffnung darauf, ein passendes Spendeorgan zu finden.
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