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Transparenzregeln und LobbyregisterEin hübsches Pflaster

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Die Union stimmt jetzt Transparenzregelungen und dem Lobbyregister zu. Ein wirklicher Wurf ist das aber nicht. Der legislative Fußabdruck fehlt ganz.

Schattenspie im Bundestages: Details zur Lobbyistentätigkeit für Abgeordnete bleiben im Dunklen Foto: dpa

D er Schaden, den die Korrup­tionsvorwürfe gegen mehrere Unionsabgeordnete anrichten, ist immens. Führende Leute von CDU und CSU haben sich wohl an der Coronapandemie persönlich bereichert, an einer Krise, die bisher über 75.000 Menschen das Leben gekostet und viele Existenzen zerstört hat und die das ganze Land in einen permanenten Ausnahmezustand zwingt. Dass die Union nun überstürzt ihren jahrzehntelangen Widerstand gegen härtere Transparenzregeln für Parlamentarier aufgibt, um den Schaden zu begrenzen, ist ein kleiner Fortschritt – mehr aber auch nicht.

Natürlich ist es richtig, dass die Große Koalition endlich die Offenlegung von Gesellschaftsbeteiligungen verschärft. Auch dass Abgeordnete künftig Nebeneinkünfte ab 1.000 Euro im Monat angeben müssen, geht in die richtige Richtung. Aber warum eigentlich keine Transparenzpflicht ab dem ersten Euro?

Die Diäten und Pensionsansprüche von Abgeordneten sind so bemessen, dass es sich davon sehr gut leben lässt. Wer sich nebenher auf ehrliche Weise etwas dazuverdient, sei es als Anwältin, sei es als Vortragsreisender, dürfte kein Problem damit haben, die Beträge anzugeben. Viele Abgeordnete veröffentlichen jetzt schon freiwillig ihre Einkünfte, als vertrauensbildende Maßnahme. Solche hat die deutsche Demokratie dringend nötig.

Die gravierendste Lücke in dem Groko-Kompromiss aber ist, dass der sogenannte legislative Fußabdruck fehlt, also eine Dokumentation, wie welche Interessenvertreter an Gesetzesentwürfen beteiligt waren. Durch sie könnten BürgerInnen nachvollziehen, wer auf einzelne Gesetze Einfluss hatte. Lobbytätigkeit an sich muss nicht problematisch sein, Unternehmen, Gewerkschaften oder Umweltschutzverbände dürfen ihre Positionen in die Politik einbringen. Aber sie sollten es nach nachvollziehbaren Regeln tun. Die BürgerInnen – pathetisch gesagt: der demokratische Souverän – haben das Recht auf diese Informationen, um sich eine Meinung bilden zu können.

Die Union verpflichtet sich nur unter dem Eindruck handfester Affären zu ein bisschen mehr Transparenz. Sie hat offenbar kein Interesse daran, ein großes Problem zu beheben – sondern setzt auf hübsche Pflaster.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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5 Kommentare

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  • "Auch dass Abgeordnete künftig Nebeneinkünfte ab 1.000 Euro im Monat angeben müssen, geht in die richtige Richtung."

    Ein Mitbewohner von mir füllt gerade ALG2-Antrag aus. Der muss alles angeben -- nicht nur Nebeneinkünfte, sondern auch Kontostand, Riester und noch vielen anderen Quatsch.

    "Völlig richtig" wird so manche*r hier sagen "erhält dieser Mensch doch Transferleistungen vom Staat".

    Nun, die/der Bundestagsabgeordnete*r erhält zehn bis fünfzehn mal so viel.

    Fragt Ihr Euch immer noch, warum Ihr manchmal unbeliebt seid?

  • Die Katze lässt das Mausen nicht.

    Ich erinnere mich noch sehr lebhaft daran wie rauskam, dass die C*-Schurken unmittelbar vor Inkrafttreten der Gesetze zur Parteienfinanzierung Säckeweise die Kohle aus dem Land geschaftt haben...

  • Ich denke auch, dass die Motivation eine Karriere als Politiker anzustreben sinkt, wenn zusätzliche Einnahmen auf Grund von Transparenz ausfallen.

  • Ich habe den Eindruck, dass die autoritären Parteien (CDU/CSU, AfD) eher anfällig für Korruption sind, weil sie Leute anziehen, die glauben, sich nicht an die Regeln für den Plebs halten zu müssen. Auch wenn sie nicht die einzigen sind. Oder täusche ich mich?

    • @Karl Kraus:

      Nein.