Transparenzgesetz zu Entgelten: „Nehmen, was möglich ist“
Die Unternehmensberaterin Henrike von Platen kämpft seit Jahren für Einkommensgleichheit. Das neue Gesetz ist für sie ein Anfang.
taz: Frau von Platen, Sie haben jahrelang für ein Gesetz gekämpft, das Frauen und Männer mit vergleichbaren Jobs bei der Bezahlung gleichstellt. Sind Sie zufrieden mit dem Gesetzentwurf, den der Bundestag am Donnerstag beschließen will?
Henrike von Platen: Sagen wir mal so: Es ist ein großer Erfolg, dass es überhaupt ein solches Gesetz geben soll. Und es ist erstaunlich, dass es – nach all den Jahren der Forderung – nun doch so schnell verabschiedet wird.
Es gibt viel Kritik an dem Gesetz von SPD-Familienministerin Manuela Schwesig.
Unabhängig davon, dass es an nahezu jedem Gesetz Kritik gibt, ist auch dieses Gesetz nicht perfekt. Das ändert nichts an der Tatsache, dass es positiv ist, überhaupt ein Gesetz zur Begrenzung der Lohnlücke von derzeit 21 Prozent zu haben. Das Gesetz nachbessern kann man immer noch.
Es heißt oft, nachbessern sei kaum möglich, dann lieber gar kein Gesetz als ein schlechtes.
Ich halte das für falsch. Manchmal muss man nehmen, was zu jenem Zeitpunkt möglich ist.
46, ist Unternehmensberaterin. Bis 2016 war sie Präsidentin des Frauennetzwerks "Business and Professional Women". Sie begründete den Equal Pay Day mit, der auf den Gender Pay Gap hinweist
Eine Kritik am Gesetz ist, dass nur Firmen ab 200 Mitarbeitenden eine Gehaltsauskunftspflicht auferlegt wird.
Das stimmt. Und das sollte später dringend nachverhandelt werden. Viele Frauen arbeiten in kleinen Firmen, sie sind weiterhin benachteiligt.
Ist es in kleinen Firmen nicht leichter, bei den Gehaltstransparenz zu schaffen?
Warum sollte ein Unternehmen, das zur Transparenz nicht verpflichtet wird, freiwillig die Gehälter offen legen? Ich glaube, da gibt es keinen Unterschied zwischen kleinen und großen Unternehmen.
Am Gesetz wird außerdem kritisiert, dass neben dem Grundgehalt nur zwei weitere Gehaltsbestandteile offen gelegt werden müssen.
Dieser Passus ist völlig unzureichend. Um zu erfahren, wie viel jemand tatsächlich verdient, müssen sämtliche Bestandteile des Gehalts offen gelegt werden. Ansonsten erhält man trotz aller gut gemeinter Vorgaben nur ein verzerrtes Bild.
Werden Sie also weiter für die Gehaltstransparenz kämpfen?
Ja. Das Gesetz in seiner jetzigen Form ist nur ein Anfang.
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