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Transparenz bei ArzneimittelstudienDas Rezept für den Durchblick

Sollen Ergebnisse klinischer Medikamentenstudien für alle zugänglich sein? Die EU will mehr Transparenz. Die Pharmaindustrie fürchtet um Geschäftsgeheimnisse.

Die Forderung ist: Alle Ergebnisse von Medikamententests müssen öffentlich zugänglich sein. Bild: dpa

BERLIN taz | Zum Beispiel Reboxetin. Die für Ärzte und Patienten öffentlich verfügbare Information über den Wirkstoff zur Behandlung von Depressionen zeichnete ein klares Bild: gute Wirksamkeit, wenig Nebenwirkungen, gleiche Therapieerfolge wie andere Antidepressiva. Aber entsprach dieses Bild allen zu Reboxetin existierenden Daten?

Die Prüfer des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) urteilten: Nein. Erstens konnte Reboxetin Depressionen nicht besser lindern als ein Placebo. Zweitens gab es alternative Medikamente, mit denen sich die Krankheit effektiver behandeln ließ. Drittens hatte Reboxetin mehr unerwünschte Nebenwirkungen.

Die Bewertung durch das IQWiG fiel harsch aus: „Insgesamt sprechen die Studien gegen den Einsatz von Reboxetin.“

Für Patienten und Ärzte, aber auch für Krankenkassen sind solche Informationen entscheidend – für den Krankheitsverlauf, für die Therapiewahl, für die Kosten. Das IQWiG konnte sie nur deshalb liefern, sagt die Ressortleiterin Arzneimittelbewertung, Beate Wieseler, weil das Institut – mittlerweile auch aufgrund einer Vertraulichkeitsvereinbarung – Daten der Pharmaindustrie auswerten kann, die sonst öffentlich nicht verfügbar sind: Clinical Study Reports.

Ausführliche Studienberichte also, die mehr Details zu Planung, Durchführung und Datenanalyse der Studien enthalten als öffentlich verfügbare Publikationen in Medizinfachzeitschriften, auf denen die Einschätzung einer Therapie durch Ärzte und Patienten beruht.

Originaldaten sind erforderlich

„Die Studienberichte enthalten unter anderem das Originalstudienprotokoll“, sagt Wieseler. „So können wir verlässlich die Durchführung und Auswertung überprüfen. Das ist mit Zeitschriftenpublikationen allein nicht möglich.“

Das würden andere Wissenschaftler, beispielsweise der Cochrane-Gesellschaft, des British Medical Journal oder der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, auch gern tun: In der Onlinepetition alltrials.net fordern sie, dass die Pharmaindustrie sämtliche Studiendaten und -resultate, alte wie neue, positive wie negative, offenlegen muss.

Und zwar nicht nur in Ausnahmen oder mit Vertraulichkeitsklauseln, sondern frei zugänglich für jeden. Ansonsten, warnen die Forscher, gingen Erkenntnisse verloren und würden aus Unkenntnis schlechte Therapieentscheidungen getroffen.

Umdenken in der Politik

Die Initiative kommt nicht zufällig. Derzeit werden in der EU die Weichen für den Umgang mit klinischen Arzneimittelstudien neu gestellt. „Bei vielen Politikern, aber auch Behörden setzt ein Umdenken ein, dass im Interesse des Gesundheitsschutzes das öffentliche Interesse an den Daten möglicherweise über dem Interesse der Industrie an Geheimhaltung stehen muss“, sagt Beate Wieseler vom IQWiG.

Den Auftakt machte die Europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel (EMA). Bei ihr müssen Pharmahersteller all die streng geheimen Daten abliefern, wollen sie in der EU ein Medikament auf den Markt bringen. Im November kündigte die EMA an, ab 2014 nicht nur die Studienberichte zu veröffentlichen, sondern auch die Rohdaten.

Das sind die anonymisierten Ergebnisse der einzelnen Patienten. Der Zugriff auf die Rohdaten erlaubt die Überprüfung der Auswertungen der Studien, aber auch die Beantwortung ganz neuer Fragen, etwa zur Wirkung auf einzelne Patientengruppen nach Geschlecht, Alter oder Vorerkrankungen. Bislang beschränkte sich die Transparenz in der EU auf eine Listung aller klinischen Studien ab 2004 sowie eingeschränkte Publikationen der Studienergebnisse.

Das ist nicht alles: Auch die Europäische Kommission will mehr Transparenz. In ihrem Entwurf für eine „Verordnung über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln“ verpflichtet sie die Industrie künftig zur Vorlage von Studienergebnissen.

Abstimmung im Europaparlament

Festschreiben will sie zudem, dass die EU-Datenbank öffentlich ist – mit Ausnahme von Daten, die „begründet vertraulich“ seien, weil etwa kommerzieller Art. Über den Entwurf stimmt der federführende Umweltausschuss des Europäischen Parlaments am Freitag ab.

Den Unterzeichnern der alltrials-Petition sind schon diese Formulierungen zu schwammig. Die Wissenschaftler fordern etwa eine Klarstellung, dass Angaben zur Studienmethodik und zu Studienergebnissen grundsätzlich keine vertraulichen Informationen darstellen.

#Die Industrie hingegen fürchtet um Geschäftsgeheimnisse: Konkurrierende Unternehmen könnten Daten klauen. Tatsächlich, das berichtet der US-Gesundheitswissenschaftler Peter Doshi, Mitarbeiter der Cochrane Collaboration, in seinem aktuellen Fachaufsatz „Secret no longer“, stammt rund ein Drittel der Datenanfragen an die EMA von Pharmaherstellern selbst.

Über 700 Änderungsanträge

Entsprechend besorgt sieht die Branche der Abstimmung im Umweltausschuss entgegen – sie gilt als wegweisend für das spätere Votum des Europäischen Parlaments: 731 Änderungsanträge liegen dem Ausschuss vor, ein Rekord, mit offenem Ausgang.

Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg hat die Industrie Ende April einen Teilsieg errungen: Per einstweilige Verfügung untersagte das Gericht der EMA, Datensätze über klinische Studien zu Medikamenten gegen Lungenfibrose und rheumatoide Arthritis an Dritte weiterzugeben. Zunächst müsse über diesen Streit in der Hauptsache entschieden werden.

Gegen die EMA geklagt hatten die Hersteller der beiden Arzneimittel, Intermune und AbbVie. Sie wollten nur verhindern, beteuert eine AbbVie-Sprecherin, dass „wirtschaftlich sensible Daten“ in die Hände von Konkurrenten gelangten.

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3 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Warum sich tazler für so ein Thema den Cheflobbyisten eines der mächtigsten Wirtschaftskomplexe

    der Erde; der Globalplayer schlechthin;

    der Pharmaindustrie holen!?

     

    Ja - das ist mir als mehrere Jahre mit Arzneimittelzulassung als Richter beschäftigter ein komplettes Rätsel.

    Sorry - aber in der Liga boxen wir alle nicht; oder wie ein zuvor alleinzuständiger berliner Richter zur Fallhöhe sagte:

    " Das interessiert die doch letztlich alles gar nicht; da sitzen Merck und Co. bei Schröder ( heute Merkel) auf' m Schoß - oder umgekehrt und dann wird glatt gezogen, wo's klemmt

    ( z.B. die Nachbesserungszeit 18 statt 6 Monate!).

    Die sind so abgefuckt im Verkauf ihrer glattpolierten Scheiße - echt unerrreicht!

    Und im Gesetzeslobbying sowieso!

    Forderte bei der 10. Novelle doch der Bundesrat den Bundestag auf,

    EIN LESBARES GESETZ ZU SCHAFFEN! Noch Fragen?

     

    Aber hier mal auf'n Punkt!

    "…Unsere zweite Sorge betrifft den Mißbrauch der Daten durch Konkurrenzunternehmen zu kommerziellen Zwecken. Mit Daten über das Originalmedikament könnten andere Firmen Zulassungen für Generika-Versionen beantragen."

     

    Dääh; da - liegt der Hase im Pfeffer,

    abseits aller Augenwischerei!

     

    Die Pharmaindustrie weigert sich

    - und genau das heißt all dieses Geschwurbel im Klartext -

    sie weigert sich permanent die

    KLARNAMEN der WIRKSTOFFE

    - selbst an Forscher/Wissenschafter in der Sache herauszugeben!

     

    Anders gewendet -

    alle " Wirkstoffbezeichnungen" auf und in Medikamentenschachteln,

    -beschreibungen, der

    " Patienteninformation" sind PHANTISIENAMEN - man kann das auch als schriftliche Lügen bezeichnen.

     

    Und selbst bei den über Häufigkeitsverteilungen, Vergleichsgruppen - letztlich statistisch generierte Untersuchungen wird bisher noch mit gezinkten Karten gespielt;

    Teilergebnisse weggelassen, nicht raus gerückt. ( siehe dort)

    Vergleichsweise aber ein Nebenkriegsschauplatz!

     

    Um es einmal auf eine verantwortliche Medikamentierung " runterzubrechen":

    ein Arzt muß sich auf statistisch basierte Untersuchungen über einen ihm unbekannten Wirkstoff einlassen! den er vielleicht aufgrund einer ihm bekannten speziellen Unverträglichkeit beim Patienten, nicht - oder nur eingeschränkt - oder nur kurzzeitig usw eingesetzt hätte!

     

    Genau das aber ist der millionenfach zu konstatierende, zu besorgende Skandal.

     

    Man mag den Konkurrenzschutz ruhig ernst nehmen; aber die hier aufgezeigte Umkehrung von Ursache und Wirkung : " es kommen ja kaum Forscher" …usw" - das ist Nebel, um davon abzulenken, daß über den relevanten Gegenstand - das Medikament, die darin verwendeten Wirkstoffe nichts, aber auch gar nichts

    " nach draußen gegeben wird."

     

    Ja heiligs Blechle, das ist doch klar;

    Überprüfen von Statisk ist - schlicht öde!

    Also - ein Modell schaffen, daß valide Klarnahmen aufdeckt/angiebt, daß eine Überprüfung in der Sache erzwingt und dem Interesse an Konkurrenzschutz

    ausreichend gerecht wird.

    Das - ist endlich durchzusetzen,

    das ist der von der Verfassung vorgegebene staatliche Auftrag.

    Und genau das verhindert die Pharmalobby - permanent!

     

    Daran verschwendet dieser Herr Ceheflobbyist Throm denn auch keinen Gedanken;

    und - sorry - Sie Frau Haarhoff keine Frage.

    Diese hier verabreichten Pillen find ich insgesamt

    - mit Verlaub - wie zuvor einfach im Interesse aller zu bitter!

     

    Wie abgefuckt diese Industrie ist, mag erhellen, daß Ärzte, ausgewachsene Professoren, die von den Pharmavertretern die Nennung der Klarnamen der Wirkstoffe von Psychopharmaka mit dem Hinweis auf ihre jahrzehntelange Tätigkeit in der Hirnforschung einfordern, einfach nicht mehr aufgesucht werden.

    So geht das!

  • R
    reblek

    "Die Forderung ist: Alle Egebnisse von Medikamententests müssen öffentlich zugänglich sein." - Der Wunsch ist, die "Egebnisse" in Überschrift, Vorspann und Bildunterschrift möge nicht ständig so deppert sein.

  • I
    irmi

    Studien müssen alle veröffentlicht werden, die von der Pharmalobby weltweit und von Sachverständigen als Gegenbeweise.

    Alle Medikamente müssen im Internet veröffentlicht werden, um mehr dazu zu erfahren,

     

    Nebenwirkungen aller Medikamente müssen veröffentlicht werden.

     

    Politiker, Krankenkassen und Ärzte müssen verpflichtet werden nur die Medikamente zuzulassen die gute Wirkung aber sehr wenig Nebenwirkung haben.

     

    Kassen müssen alternive Behandlungen akzeptieren und zahlen, alles was sie bislang abgelehnt haben und dafür alle Medikament mit giftigen Substanzen und erheblichen Nebenwirkungen verbieten.

     

    Veröffentlichen, welche Alternativen es zur herkömmlichen BEhandlung gibt.

     

    Die Regierung muss sich Lobbyisten die nur auf Profit aus sind entfernen, wir wollen uns nicht tot pflegen lassen.