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Toxische MännlichkeitPolizeigewerkschaft im Glashaus

Eiken Bruhn
Kommentar von Eiken Bruhn

Die Hamburger Gewerkschaft der Polizei sagt, Gewalt habe mit dem Geschlecht der Täter zu tun. Verstanden hat sie „toxische Männlichkeit“ aber nicht.

Auch das „Manspreading“ gilt als Symptom „toxischer Männlichkeit“ Foto: Andrew Renneisen / dpa

D ie Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hamburg hat ein dickes Lob verdient. Auf den ersten Blick. In einer Pressemitteilung zu Jugendgewalt bringt sie diese nicht in Zusammenhang mit der vermuteten Ethnie der Tä­te­r:in­nen, wie es sonst oft der Fall ist. Sondern mit deren Geschlecht.

Denn in diesem Punkt ist die Statistik – anders als zum sogenannten Migrationshintergrund – eindeutig: Es sind keine Täter:innen, sondern Täter und so kommt die Gewerkschaft zu dem Schluss, „ein toxisches Männlichkeitsbild junger Heranwachsender“ sei verantwortlich für deren Gewaltbereitschaft. Damit schließt sie alle Gewalttäter ein, Rechtsextremisten, die sich zur überlegenen deutschen „Rasse“ zählen sowie Linksextremisten, die Po­li­zis­t:in­nen angreifen, einfach weil sie Uniform tragen.

Selbst junge Frauen fallen darunter, denn toxische Männlichkeit ist nicht an Körpermerkmale oder Chromosomensätze geknüpft, sondern an ein Verhalten. „In Teilen jugendlicher Subkultur wird Gewalt permanent thematisiert und als Ausdruck wirklicher Männlichkeit propagiert“, heißt es in der Pressemitteilung, „diese Gewalt wird als notwendig gerechtfertigt und als Beweis besonderer Männlichkeit heroisiert“. Hier müsse „eine deutliche gesellschaftliche Reaktion und Ächtung erfolgen“.

Aber so begrüßenswert es ist, dass die Gewerkschaft die Gender-Frage stellt: So ganz verstanden hat sie nicht, was mit toxischer Männlichkeit gemeint ist. Denn die beginnt nach den geläufigen Definitionen nicht mit physischen Attacken auf Mitmenschen oder Gegenstände, sondern sehr viel früher, immer dort, wo das Recht des Stärkeren gilt, wo Gefühle abgewertet werden, wo „Männlichkeit“ mit Härte und Aggression gleichgesetzt wird.

Früher „männlich“, heute „toxisch“

Als Beispiel wird oft genannt: das sogenannte Mans­plaining, wenn jemand anderen die Welt erklärt, ohne dass sie darum gebeten haben. „Eine bevormundende, herablassende Erklärung, die normalerweise von einem Mann gegeben wird und die die Erfahrung sowie das Wissen von Frauen ignoriert“, heißt es beispielsweise auf der Homepage der Krankenkasse AOK.

Jeder und jede möge in sich gehen, wie alltäglich dieses Verhalten zu beobachten ist. Vermutlich eher häufiger als seltener, denn das, was heute „toxisch“ genannt wird, ging bis vor Kurzem in weiten Teilen der Gesellschaft noch als Inbegriff von „Männlichkeit“ durch.

Und selbst wenn sich das langsam wandelt, gibt es immer noch genug Strukturen, die es schwer machen, neue Werte zu entwickeln. Zum Beispiel hierarchische Organisationsformen – wie in der Polizei. Wenn deren Angehörige also ein gesellschaftliches Umdenken fordern, dann muss sie mit der Bekämpfung toxischer Männlichkeit bei sich selbst anfangen.

Sonst sieht es danach aus, als gehe es doch wieder nur um die, die als „anders“ markiert werden. Junge Männer, deren Eltern oder Großeltern aus einem muslimisch geprägten Land stammen und deshalb im Generalverdacht stehen, potenzielle Gewalttäter zu sein.

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Eiken Bruhn
Redakteurin
Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.
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