piwik no script img

Toter Berliner PiratenpolitikerClaus-Brunner unter Mordverdacht

Der Tod des Abgeordneten schockiert seine Partei. Jetzt ermittelt die Polizei gegen Claus-Brunner wegen eines schweren Verbrechens.

Gerwald Claus-Brunner im September 2011 vor dem Berliner Abgeordnetenhaus Foto: dpa

Ein Politiker ist tot. Doch der Berliner Gerwald Claus-Brunner von den Piraten hat sich nach Auskunft der Berliner Polizei nicht nur selbst das Leben genommen. Der 44-Jährige soll vorher einen anderen Mann in seiner Wohnung durch stumpfe Gewalt gegen den Oberkörper getötet haben. Die Mordkommission ermittelt. Am Montag, einen Tag nach der Abgeordnetenhauswahl am Sonntag, hatten Beamte die Leichen in der Wohnung Claus-Brunners im Stadtteil Steglitz gefunden.

Claus-Brunner war 2011 mit der Piratenpartei ins Berliner Parlament eingezogen. Er fiel schon wegen seiner äußeren Erscheinung auf: Der Mann trug stets Latzhose und Palästinensertuch. Auch mit flapsigen Äußerungen brachte er sich in die Schlagzeilen. Die Frauenquote bezeichnete er als „Tittenbonus“. Außerdem gab er etwa zum Besten: „Alle Latzhosenträger können nicht so viel Schaden anrichten wie ein Anzugträger.“

Gerwald Claus-Brunner wuchs auf einem Bauernhof in Niedersachsen auf. Die Eltern sollen sehr streng gewesen sein und die fünf Kinder mit Stöcken geschlagen haben, erzählte Claus-Brunner vor vier Jahren der taz. Er machte eine Lehre zum Fernmeldeelektriker. Er stellte fest, dass er schwul war. Bevor er ins Berliner Abgeordnetenhaus einzog, lebte er von Zeitarbeitsjobs oder Hartz IV und verbrachte viel Zeit mit Fantasyspielen. Er habe sich den Piraten angeschlossen, „weil ich aufhören wollte zu motzen und selbst was tun“.

Mit großem Engagement widmete er sich der Arbeit im Parlament. In der Fraktion galt er als engagiert, aber auch als schwierig im Umgang. Claus-Brunner, genannt „Faxe“, lag häufig im Clinch mit anderen Parteimitgliedern. Mit „sehr großer Bestürzung“ habe man vom Tod Claus-Brunners erfahren, hieß es noch am Montag von den gerade abgewählten Berliner Piraten. Auf ihrer Seite schrieben sie auch von „einer unheilbaren Erkrankung“.

Bei einer Rede im Abgeordnetenhaus im Juni hatte Claus-Brunner seinen Suizid indirekt angekündigt: „Ihr werdet in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen“, sagte er.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Das Problem der Piraten ist neben vielen anderen, dass sie für Frauen nicht attraktiv sind. Es gibt nach der ausgetretenen Marina Weißband, die ich sehr geschätzt habe, kaum noch wesentliche Frauen in der Partei. Das finde ich sehr schade, denn im Prinzip gibt es nach wie vor viel Potential bei den Piraten, das leider völlig verzettelt verpufft ist. Die Causa Claus-Brunner ist mutmaßlich erst mal der Todesstoß. Vielleicht auch ein Anlass, den Arsch hochzuheben und neu durchzustarten. Und auch mal den Kopf und nicht nur den Schwanz sprechen zu lassen. Niedertracht gibt es in allen Parteien von rechts bis links. Bei den Piraten kommt jetzt der erhobene Zeigefinger, "Seht ihr, genauso sind die." Muss das sein? Also schlimmer kann es kaum kommen. Zeit für einen Neuanfang.

  • Es gibt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt, mit dem der Hergang geklärt werden soll. Ein Ermittlungsverfahren gegen einen Toten ist nicht möglich,

    • @Baidarka:

      Es wird sich um ein sog. Todesermittlungsverfahren gem. §§ 159 ff. StPO, 88 ff. StPO handeln. Bei diesem Verfahren spielt der mögliche Täter bzw. sein Ableben zunächst keine Rolle. Schließlich könnten ja - theoretisch - weitere Personen als Verdächtige/Opfer in den Fall involviert sein.

  • Es ist verstörend, was man über die mutmaßlichen Ereignisse lesen kann. Linker Pirat sein schützt nicht vor Niedertracht ....