Tom Wlaschiha über „Game of Thrones“: „Geh ‚Traumschiff‘ gucken“

Anlässlich der Free-TV-Premiere von „Game of Thrones“ spricht Tom Wlaschiha über Hardcore-Fans, Unsichtbarkeit und den Serientod.

Mann mit kurzen Haaren, Anzug und Jeans sitzt auf einem Thron aus Schwertern.

Der Many-Faced God auf dem eisernen Thron. Moment mal, hat die Bildredaktion uns hier gespoilert? Foto: dpa

taz: Herr Wlaschiha, die fünfte Staffel der erfolgreichen Fantasy-Serie „Game of Thrones“ auf RTL2 feiert ihre Free-TV-Premiere. Sie spielen darin den Auftragskiller und Gesichtswandler Jaqen H’ghar. Sind Sie selbst Fantasy-Fan?

Tom Wlaschiha: Sagen wir so, ich bin es geworden. Früher war mir Fantasy immer zu abgehoben. Ich fand, das Leben sei doch spannend genug und ich bräuchte mich nicht in irgendwelchen anderen Welten zu verlieren. „Game of Thrones“ hat das verändert. Das liegt aber auch daran, dass die Bücher von George R. R. Martin gar nicht so klassische Fantasy sind. Für mich ist das vielmehr ein moderner Shakespeare. Die Figuren sind alle geschickt gezeichnet und sehr menschlich. Das ist, was die Serie so spannend macht: Als Zuschauer weiß man nie, was eine Figur in Wahrheit vorhat. Ebenso wenig kann man sich sicher sein, dass die Figur, die man gerade mag, sich nicht in der nächsten Folge zum kompletten Gegenteil wendet.

Was macht einen echten „Game of Thrones“-Fan aus?

Das ist eine ganz eigene Spezies. Zunächst mal kennen die natürlich alle Bücher und alles, was sonst veröffentlicht worden ist, das versteht sich von selbst. Aber wer ein richtiger Fan ist, bei dem ist alle paar Wochen Karneval. Es gibt Conventions, da laufen die Fans in ganz irrwitzigen Kostümen herum. Oder treffen sich im Wald oder auf einer Burg zum Rollenspiel. Ich habe auf so einer Convention auch mal mich selbst getroffen, also Jaqen H’ghar. Das ist aber auch eins von den einfacheren Kostümen: Langhaarperücke, Lumpenklamotten, fertig!

Vor Ihrer Rolle bei der Serie waren Sie als deutscher Theater- und Fernsehschauspieler tätig und in Hollywood unbekannt. Wie kam es zu dem Kontakt mit den „Game of Thrones“-Machern?

Da war viel Glück dabei. Ich hatte ja ganz klassisch angefangen, zunächst die Schauspielschule besucht, war danach mehrere Jahre fest am Theater, bis ich entschieden habe, freischaffender Schauspieler zu werden. Ich wollte auch gerne vor der Kamera stehen. Aber die ersten Schritte waren unglaublich schwer. Es war mühsam, überhaupt Jobs zu kriegen. Irgendwann wurde ich richtig unzufrieden. Ich hatte jede Menge Energie und keine Engagements, in denen ich sie umsetzen konnte. An dem Punkt habe ich beschlossen, mir eine Agentur im Ausland zu nehmen, in London. Das war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Es hat danach zwar immer noch jede Menge Meetings und Castings gebraucht, bis es geklappt hat. Aber schließlich kam dann die Zusage von „Game of Thrones“.

Welchen Unterschied macht es, als Schauspieler an europäischen oder US-amerikanischen Produktionen beteiligt zu sein?

Zunächst einmal ist „Game of Thrones“ gar nicht wirklich amerikanisch. Da steht zwar „Hollywood“ drauf, es ist aber eigentlich eine europäische Produktion, wenn man sich die Schauspieler und die Drehorte anschaut. Trotzdem macht es natürlich etwas aus, dass wir über ein üppiges Budget verfügen. Aus diesem Grund arbeiten hinter den Kulissen jeweils die Besten ihres Fachs: Vom Setdesign übers Kostüm bis zu den Drehbuchautoren sind das alles tolle Leute mit jeder Menge Erfahrung.

Die fünfte Staffel von Game of Thrones hat ihre Free-Tv-Premiere ab dem 12. Februar 2016. Ab 20:15 laufen die ersten drei Folgen auf RTL II. Die restlichen Folgen laufen an den darauf folgenden Abenden.

In der Serie spielen Sie Jaqen H’ghar, einen Mann, über dessen Hintergrund man fast nichts erfährt. Wo er herkommt, ist ebenso unklar wie, wo seine Loyalitäten liegen. Wie versetzt man sich als Darsteller in eine Figur, die ein komplettes Rätsel ist?

Es gibt da unterschiedliche Herangehensweisen, manche denken sich ganze Lebensgeschichten zu ihrer Rolle aus. Ich persönlich finde, man darf als Schauspieler nicht schlauer sein als das Drehbuch. Was geschrieben ist, kann man spielen, nicht mehr und nicht weniger. Das Gesamtbild entsteht dann im Kopf des Zuschauers. Jaqen H’ghar ist ja auch wegen seiner Widersprüchlichkeit eine reizvolle Figur. Einerseits ist er ein skrupelloser Killer, andererseits aber auch ein Sympathieträger. Es macht Spaß, jemand so Ambivalentes zu spielen. Der Hintergrund der Figur ist für mich dabei überhaupt nicht wichtig. Das überlasse ich den Hardcore-Fans, die entwickeln im Internet immer ihre ganz eigenen Theorien.

Hätten Sie auch im echten Leben gerne die Fähigkeit, das Gesicht zu wechseln?

Ich bin mit meinem eigentlich ganz zufrieden. Ab und zu mal unsichtbar zu sein fände ich hingegen sehr praktisch.

Ein Alleinstellungsmerkmal von „Game of Thrones“ ist Unberechenbarkeit. Kein Charakter ist sicher, jeder kann ganz plötzlich getötet werden. Haben Sie Angst vor dem plötzlichen Serientod?

Ich bin da gelassen. Wenn mich das Schicksal ereilt, dann soll es halt so sein. Ich habe drei Staffeln gedreht, und es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich bleibe auch gerne noch länger dabei, wenn man mich lässt, aber meine Angst vor dem Ende hält sich in Grenzen.

Wie lange im Voraus erfahren Sie als Darsteller, wenn Ihre Figur sterben wird?

Das glaubt uns immer keiner, aber wir erfahren es tatsächlich erst, wenn wir das Drehbuch lesen. Seit die Serie immer mehr ihre eigenen Storylines entwickelt, kann man noch nicht mal mehr etwas aus den Büchern erfahren. Es ist deshalb besser, sich erst mal zu setzen, bevor man das neue Drehbuch liest. Es tut einem leider auch niemand den Gefallen, gleich vorne drauf zu schreiben: „Vorsicht, du stirbst demnächst!“

Was tun Sie, wenn Jaqen H’ghar stirbt?

Ich hätte Lust, mal wieder auf der Bühne zu stehen. In der letzten Zeit habe ich europaweit gedreht, für „Game of Thrones“ und für die Krimiserie „Crossing Lines“. Das passt natürlich mit dem klassischen Spielplan an einem deutschen Stadttheater nicht zusammen. Vielleicht wird es aber auch wieder eine Serie. Bei „Crossing Lines“ wissen wir noch nicht, ob sie fortgesetzt wird. Ich denke mir immer, irgendetwas wird schon kommen. Das liebe ich an dem Beruf, dass er so unberechenbar ist und man ständig überrascht werden kann. Es könnte heute das Telefon klingeln und irgendjemand mir einen Job anbieten, oder es klingelt eben sechs Monate lang nicht. Es gibt keine Garantie – andere haben schon Filmpreise, sogar Oscars gewonnen und danach jahrelang nichts zu tun gehabt. Mittlerweile gehe ich damit gelassener um als früher, weil ich die Erfahrung gemacht habe: Wenn man sich nicht gerade versteckt, wird schon etwas passieren.

„Game of Thrones“ ist blutrünstig und frustrierend. Warum sollte man sich die Serie trotzdem anschauen?

Ich bin sicher, die Leute schauen die Serie genau aus diesem Grund – weil sie blutrünstig und frustrierend ist. Deswegen hat sie so viel Erfolg und wird gehypt. Wer keine Lust auf Blut und Gewalt hat, dem würde ich raten, sich lieber einen Kamillentee zu machen und „Traumschiff“ zu gucken.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.