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Tödlicher Angriff auf trans MannZuerst kommt der Selbsthass

Queer sein ist in dieser Gesellschaft immer noch nicht so normal, wie es die „Love is Love“-Sticker behaupten. Taten wie in Münster können wieder passieren.

Trauerstelle für den verstorbenen Malte C. in Münster Foto: imago

D er Moment, in dem ich von dem tödlichen Angriff erfuhr, hat sich in mein Hirn gebrannt. Ich saß im Zug, das Internet war schlecht, beim Nachrichtenlesen zog sich alles in mir zusammen.

Sieben Monate später wurde kürzlich am Landgericht Münster das Urteil für die tödliche Attacke auf den trans Mann Malte C. gefällt: Fünf Jahre Jugendstrafe für den Täter, der beim CSD in Münster Malte getötet hat. Sein Motiv: Queerhass.

Die Tat löste nicht nur bei mir Entsetzen aus. Alle waren empört – schwere Straftaten gegen trans Personen? Lehnen wir ab. Von CSU bis SPD. Dass die Tat gegen Malte C. aber nicht in einem luftleeren Raum passierte, sondern das Ergebnis eines sich seit Jahren verstärkenden queerfeindlichen Klimas ist, das will niemand so recht wahrhaben.

Oft werden homosexuelle und trans Personen gefragt, was sie noch wollen. Sie seien ja gleichgestellt. Diese Frage offenbart die Unkenntnis der Mehrheitsgesellschaft. Diskriminierung hört für die meisten Menschen bei Gesetzen und Richtlinien auf – aber in unseren Köpfen bleibt sie am Leben.

Im Fall des Todes von Malte C. zeigt sich dieses Problem an einem Detail im medialen Echo: Die kollektive Verwunderung darüber, dass der Täter selbst schwul war. Für viele wirkt das wie ein völlig verrückter Widerspruch. Das ist zwar verständlich, aber es ist leider nicht verrückt, sondern ziemlich normal. Queer sein ist in Deutschland legal, aber es ist immer noch nicht normal. Bevor man seine queere Identität akzeptiert oder sich outet, quält einen oft der Selbsthass, die Ablehnung der eigenen Wirklichkeit, die im Zusammenspiel mit anderen Faktoren zur schrecklichen Tat geführt hat.

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Ich erinnere mich gut an mein Outing: ich habe mich mit 15 vor sehr wenigen Freun­d*in­nen als schwul geoutet. Ich war damals ein aufgeklärter und nicht homophob eingestellter Jugendlicher. Und trotzdem war die Vorstellung, nicht hetero zu sein, nicht gerade das, was ich mir gewünscht habe. Es dauerte lange, bis ich es akzeptierte, und noch länger, bis ich darauf stolz sein konnte. In der Schule habe ich es nicht erzählt. Nicht weil man mit 14/15 in der Schule nicht über Sex redet – sondern weil man in diesem Alter über Sex redet, den sich Heteros vorstellen. Ich habe mir damals gewünscht, dass es nur eine Phase ist.

Als ich mit 17 mit meiner Freundin zusammenkam, war ich glücklich – endlich war ich nicht mehr schwul. Meine Freundin war wie ein Stempel vom Amt. Bis zu meinem Coming-out als bisexuell sind nochmal drei Jahre vergangen.

Warum erzähle ich das? Weil es utopisch ist, zu glauben, dass die Erkenntnis, queer zu sein, mit Selbstakzeptanz einhergeht. In unserer Gesellschaft resultiert daraus oft das Gegenteil: Selbsthass. Natürlich in verschiedenen Abstufungen, und they aufgeklärte, politisch interessierte Maurice war damals sicher am unteren Ende dieses Spektrums. In streng fundamentalistischen Familien kann das anders aussehen und in genau dem Selbsthass enden, wie ihn der Täter vom Fall Malte C. offenbar hegte.

Queer sein ist in dieser Gesellschaft immer noch nicht so normal, wie es die „Love is Love“-Sticker auf den Kühlschränken behaupten. Nicht in den Köpfen, nicht in Filmen, nicht auf Schulhöfen. Und solange das der Fall ist, werden Taten wie das Gewaltverbrechen an Malte C. immer wieder passieren. So lange bleibt schwul sein, bi sein und trans sein im Zweifel tödlich. Auch in Deutschland.

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