Todestrafe in Belarus: Deutschem droht die Hinrichtung
Der 29-jährige Rico Krieger wurde im Juni zum Tod verurteilt. Ein Vorwurf lautet auf Terrorismus. Berlin und Minsk sind darüber im Gespräch.
Bei dem Verurteilten handelt es sich um den 29-jährigen Rico Krieger. Dem früheren Rettungshelfer des Deutschen Roten Kreuzes wurden Söldnertum, Spionage, Terrorismus, Gründung einer extremistischen Vereinigung, Zerstörung eines Verkehrsobjekts sowie illegaler Umgang mit Waffen, Sprengstoff und Munition zur Last gelegt.
Erstmals hatte die belarussische Menschenrechtsorganisation Vjasna in der vergangenen Woche über den Fall berichtet. Demnach habe sich Krieger seit November 2023 in Untersuchungshaft befunden, das Urteil sei – nach einem Prozess größtenteils hinter verschlossenen Türen – bereits im Juni dieses Jahres ergangen.
Laut Vjasna könnte die Verurteilung Kriegers auch mit dessen angeblicher Beteiligung am Kastus-Kalinouski-Regiment zusammenhängen – einer Gruppe von Belarussen, die an der Seite Kyjiws in der Ukraine gegen die russischen Besatzer kämpfen.
Präzedenzloser Fall
Der Koordinator der Kampagne „Menschenrechtsverteidiger gegen die Todesstrafe“, Andrei Paluda, bezeichnete den jüngsten Fall als „außergewöhnlich“. Zum ersten Mal überhaupt sei in Belarus ein ausländischer Staatsbürger zum Tod verurteilt worden.
Zwar seien noch nicht alle Umstände des Sachverhalts bekannt. Man gehe aber davon aus, dass die Verurteilung, auch das präzedenzlos, gemäß Artikel 289 Teil 3 des Strafgesetzbuches (Terrorakt) erfolgt sei. Nach einer Gesetzesänderung vom 27. April 2022 sei dies auch aufgrund eines „Versuchs“ einer Straftat möglich, so Paluda in einer Stellungnahme auf der Website von Vjasna.
Die seit 30 Jahren von dem autoritären Machthaber Alexander Lukaschenko regierte Ex-Sowjetrepublik Belarus ist das einzige Land in Europa, in dem die Todesstrafe noch vollstreckt wird – per Genickschuss. Die Vollstreckung wird meist erst im Nachhinein durch Angehörige bekannt. Manchmal werden diese auch gar nicht in Kenntnis gesetzt. Zudem gab es Fälle, in denen die letzte Ruhestätte der Hingerichteten geheim gehalten wurde.
Nach Angaben der Weltkoalition gegen die Todesstrafe (WCADP) – eines Bündnisses von Nichtregierungsorganisationen, zu dem das Vjasna-Zentrum in Belarus gehört – wurden im Mai 2023 in Belarus vier Personen zum Tod verurteilt. Die letzte bekannte Vollstreckung eines Todesurteils wurde im Jahr 2022 registriert. 2020 und 2021 wurde niemand hingerichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen