Todesstrafe weltweit: China und Mena vorn

Immer weniger Menschen werden hingerichtet, zumindest offiziell. Das geht aus einem neuen Bericht hervor. Besorgniserregend sind Daten aus Ägypten.

Als Häftlinge verkleidete Demonstranten.

Proteste gegen die Todesstrafe im Iran von Exil-IranerInnen in Berlin 2020 Foto: Florian Boillot

BERLIN dpa | Die Zahl der dokumentierten Hinrichtungen weltweit ist im vergangenen Jahr um mehr als ein Viertel auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Statistik 2007 gesunken. Nach den Jahreszahlen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde die Todesstrafe in 18 Ländern insgesamt mindestens 483 Mal vollstreckt – 26 Prozent weniger als 2019. Die Zahl der erfassten Todesurteile sank sogar um mehr als ein Drittel (36 Prozent) auf 1.477 in 54 Ländern.

China wird in der Statistik nicht berücksichtigt, da dort die Hinrichtungen geheimgehalten werden und eine genaue Dokumentation nicht möglich ist. Amnesty schätzt die Zahl der Hinrichtungen dort auf mehrere Tausend.

Es gab aber auch ein Land, in dem die Zahl der Hinrichtungen trotz Coronapandemie zunahm: In Ägypten wurden drei Mal so viele Menschen wie im Vorjahr hingerichtet. Außerdem haben die asiatischen Länder Indien und Taiwan sowie die Golfstaaten Katar und Oman die Vollstreckung der Todesstrafe wieder aufgenommen. Die Zahlen bewegen sich zwischen einer und vier Exekutionen pro Land.

„Menschen inmitten einer weltweiten Gesundheitskrise hinzurichten, unterstreicht die Absurdität der Todesstrafe“, sagte der Generalsekretär von Amnesty Deutschland, Markus Beeko.

Was ist los in Ägypten?

Vier Länder in der Region des Mittleren Ostens und Nordafrika (Mena) waren zusammen für 88 Prozent der registrierten Hinrichtungen verantwortlich: Der Iran (mindestens 246), Ägypten (mindestens 107), der Irak (mindestens 45) und Saudi-Arabien (mindestens 27). Im Irak und Saudi-Arabien wurde allerdings ein starker Rückgang verzeichnet.

Besonders große Sorgen bereitet Amnesty im aktuellen Bericht das größte nordafrikanische Land Ägypten. Mindestens 23 Menschen seien dort im Zusammenhang mit politischer Gewalt zum Tode verurteilt worden. Einige Todesurteile hätten auf erzwungenen „Geständnissen“ basiert oder seien trotz weiterer schwerer Menschenverletzungen einschließlich Folter und Verschwindenlassen ergangen. Ägypten ist strategischer Partner Deutschlands und war im vergangenen Jahr zweitgrößtes Empfängerland deutscher Rüstungsgüter.

Weitere wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht:

■ In der Asien-Pazifik-Region wurde die Todesstrafe für Straftaten verhängt, die nicht im Zusammenhang mit vorsätzlicher Tötung standen. In China, Indonesien, Laos, Malaysia, Singapur Thailand, Sri Lanka, Thailand und Vietnam galt das zum Beispiel für Drogendelikte.

■ In Bahrain, Belarus, Japan, Pakistan, Singapur und Sudan wurden 2020 anders als im Vorjahr keine Exekutionen registriert.

■ In einzelnen Ländern wurde die Vollstreckung der Todesstrafe wegen der Pandemie ausgesetzt.

■ In China wurde allerdings mindestens ein Todesurteil gegen jemanden verhängt und vollstreckt, dem die Beeinträchtigung von „Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19“ vorgeworfen wurde.

■ In den USA hat die damalige US-Regierung unter Präsident Donald Trump im Juli 2020 nach 17 Jahren wieder begonnen, Hinrichtungen auf Bundesebene zu vollziehen. In nur sechs Monaten wurden zehn Männer exekutiert.

■ Von den rund 200 Ländern der Welt haben 108 die Todesstrafe per Gesetz für alle Straftaten und weitere 36 außer Vollzug gesetzt.

Mittlerweile unterstützten von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen 123 die Forderung der UN-Generalversammlung nach einem Hinrichtungsmoratorium. Das seien mehr Länder als je zuvor. „Damit wächst der Druck auf die Länder, die weiterhin an der Todesstrafe festhalten“, sagte Beeko.

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