Tochter von Kreml-Sprecher in Brüssel: Eine etwas andere Praktikantin
Elizaveta Peskova ist die Tochter des Kreml-Sprechers. Sie macht ein Praktikum bei einem Europaabgeordneten. Gefährdet das die Sicherheit?
Chauprade war früher bei der rechtsextremen „Front National“, Peskow ist ein Vertrauter des russischen Staatschefs Wladimir Putin. Einige Medien machen daraus die ganz große Verschwörung: „Putins Praktikantin“ solle für den Kreml – und die russophilen EU-Gegner – das Europaparlament ausspionieren.
Geht es hier um ein Stück aus dem „Infokrieg“, der vor der Europawahl im Mai erwartet wird? Die US-Regierung in Washington, aber auch die EU-Kommission in Brüssel warnen seit Wochen vor russischer Einmischung und „Desinformation“ – und versuchen, mit eigenen Initiativen dagegenzuhalten. Oder geht es doch um mehr?
Dies argwöhnen vor allem osteuropäische Europaabgeordnete. Sie fürchten, dass Peskova Zugang zu sensiblen Daten aus dem Parlament erhalten könne. „Dies ist ein Bruch der Sicherheitsregeln“, kritisiert die lettische Abgeordnete Sandra Kalniete von der konservativen EVP-Fraktion, die mit dem deutschen Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) in die Europawahl zieht.
EU-Abgeordneter weist Vorwürfe zurück
Chauprade weist das zurück. Er habe seine frankophile Praktikantin, die auf Instagram vor allem Fotos aus Paris postet, ganz offiziell bei der Parlamentsverwaltung angemeldet, und Zugang zu sensiblen Informationen habe sie auch nicht. Andererseits genießt Peskova – wie alle Praktikanten – freien Zugang zu den Parlamentsgebäuden in Brüssel und Straßburg. Auch an Ausschusssitzungen darf sie teilnehmen.
Die Alarmglocken bei den Osteuropäern schrillen auch deshalb, weil Chauprade als Freund der Russen gilt. Er reiste als „internationaler Beobachter“ zu dem von Moskau organisierten Referendum über den Anschluss der Krim – aus EU-Sicht war das illegal. Allerdings hat der Abgeordnete danach mit seiner Partei und Nationalistenführerin Marine Le Pen gebrochen, als einflussreich gilt er nicht.
Der Chef der Europa-Grünen, Reinhard Bütikofer, mahnt denn auch zu Gelassenheit. „Ehrlich gesagt macht mir die Praktikantin aus dem Kreml-Umfeld bei einem Rechtsextremisten weniger Sorgen als die Nord-Stream-2-Begeisterung bei aufrechten Demokraten.“ Doch gegen die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream haben die Europaabgeordneten noch weniger Handhabe als gegen „Putins Praktikantin“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen