Tischtennis-EM in Österreich: Ohne die Besten
Bei der Europameisterschaft in Linz gibt es in Abwesenheit der chinesischen Alleskönner für die Spitzenspieler endlich etwas zu gewinnen.

Das Gute an Tischtennis-Europameisterschaften ist, dass keine Chinesinnen und Chinesen dabei sein dürfen. Zumindest keine, die nur den chinesischen Pass haben. Diese Binse gilt tatsächlich immer noch, nach Jahrzehnten chinesischer Dominanz in dieser vermeintlich kleinen Schlagsportart, sowohl bei den Männern wie bei den Frauen.
Kürzlich gab es zum Beispiel den sogenannten China Smash, ein zu einer Art Grand Slam hochgejazztes Turnier der World Series, bei dem es eingangs so einige Überraschungen gab. So schlug zum Beispiel der Däne Anders Lind, bisherige Nummer 50 der Welt, den chinesischen Weltranglistenersten Wang Chuqin. Doch am Ende holten wieder die Chinesinnen und Chinesen sämtliche Titel im Einzel wie im Doppel und das in rein chinesischen Endspielen. Denn wo eine oder einer eine Lücke lässt, preschen drei bis vier andere hinein.
Das kann für Nicht-Chines*innen ganz schön frustrierend sein. Dabei scheint es, als ob es allmählich an den jungen Schweden und blutjungen Franzosen sei, jedenfalls bei den Männern, die chinesische Phalanx zu brechen. Truls Möregårdh (Schweden) hat es beim China Smash zuletzt aber nur ins Viertelfinale geschafft; bei Olympia in Paris war es noch ihm gelungen, Wang Chuqin zu bezwingen und bis ins Finale vorzustoßen, wo ihm bei der glatten 1:4-Niederlage gegen Fan Zhedong noch der Ballwechsel des Turniers gelang – ein mit extrem viel Schnitt unter dem Tisch geschlagener Ball, ein sogenannter Snake Ball, und das gegen den Weltmeister.
Die französische Hoffnung heißt wiederum Lebrun – Alex ist der ältere, Felix der jüngere von zwei sehr talentierten Brüdern. Der eine spielt konventionell, der andere, Felix, mit dem sogenannten Penholder-Griff, den einst die Chinesen zu ihren Markenzeichen gemacht hatten. Heute spielt den kein einziger der fünf in der Weltrangliste führenden Chinesen. Richtig gelesen, fünf. Auf Platz 6 folgt immer noch kein Europäer, sondern mit Hugo Calderano ein Brasilianer. Auf Platz 7 (war schon mal 5.): Felix Lebrun.
Deutsche Außenseiter
Von Dienstag bis Sonntag wird sich in der oberösterreichischen Stadt Linz zeigen, wer in Europa das Sagen hat: Lebrun oder Möregårdh (Platz 10 der Weltrangliste). Den Deutschen, einstmals die Beherrscher des Kontinents, werden höchstens Außenseiterchancen zugerechnet. Dabei haben sie mit Dang Qiu (WRL 13.) sogar den Titelverteidiger im Einzel in ihren Reihen.
Doch der ist derzeit in keiner wirklich guten Form. Turniere haben andere gewonnen: der ewige Dimitrij Ovtcharov (WRL 12.) in Lagos, Benedikt Duda in Mendoza, Timo Boll in Doha. Doch Timo Boll, Rekordeuropameister, hat seine internationale Karriere beendet.
Bei den Frauen sieht es übrigens auch nicht anders aus: China, China, China. Nicht eine Europäerin auf der Siegerinnenliste der World Series. Unter „ferner liefen“ schlägt die amtierende Europameisterin Sofia Polcanova auf, ursprünglich aus Moldau, seit langem aber schon in Österreich beheimatet, sie hat in Linz ein echtes Heimspiel. Im letzten EM-Finale besiegte sie recht dramatisch die Deutsche Nina Mittelham. Auch der werden zur EM wieder Chancen eingeräumt, wenn sie es denn schafft, physisch und psychisch auf der Höhe zu sein. Zuletzt hatten sie Verletzungen zurückgeworfen. Ein Geheimtipp ist immer auch Bernadette Szőcs, das Starlet der Szene und die höchstplatzierte Europäerin in der Weltrangliste, sie stammt aus Rumänien.
Und da wäre noch die Linkshänderin Annett Kaufmann, die bei Olympia für die verletzte Mittelham beim Teamwettbewerb in die Bresche sprang und restlos überzeugte. Kaufmann ist erst 18, große Hoffnungen ruhen auf ihr. Doch bei diesem Turnier wird sie kein Teamgeist beflügeln können – in Linz gibt es nur die Einzel- und Doppelwettbewerbe.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!