Tierparks in NRW geht es schlecht: Kein Gratis-Eukalyptus mehr
Besucher bleiben aus, Sponsoren brechen weg: Die Zoos in NRW haben Finanzprobleme. Ihren Unterhalt zahlen die ohnehin klammen Kommunen.
KÖLN taz | Schlechtes Wetter, fehlende Sponsoren, große Konkurrenz: Die Tierparks in Nordrhein-Westfalen haben heftige Finanzprobleme. Selbst hoch verschuldete Kommunen wie Duisburg müssen mit zusätzlichen Millionen einspringen, um ihre Familienattraktionen zu retten. Doch von einer Existenzkrise wollen die Zoos an Rhein und Ruhr bislang nichts wissen.
Per Dringlichkeitsbeschluss stimmte der Duisburger Stadtrat Mitte Februar dem Ausgleich des Bilanzverlusts in Höhe von 3.225.800 Euro für seinen schwer angeschlagenen Zoo zu. Außerdem beschloss er eine „überplanmäßige Aufwandserhöhung“ von 1.047.000 Euro. Viel Geld für die chronisch klamme Stadt, die eine der Kommunen mit den höchsten Schulden in der Bundesrepublik ist. Aber überlebenswichtig für den Zoo. Ansonsten würden ihm „die finanziellen Mittel fehlen, zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendige Investitionen durchzuführen“, heißt es in der Begründung des Ratsbeschlusses. Durch das schlechte Wetter seien die Besucherzahlen „deutlich hinter der Planung“ zurückgeblieben.
Außerdem stellte der Energiekonzern RWE im vergangenen Jahr sein Sponsoring von fünf Millionen Euro ein. Auch die Fluglinie Air Berlin, die in den vergangenen Jahren kostenfrei das Eukalyptus für die Duisburger Koalas aus Florida eingeflogen hatte, zog sich zurück. Laut Eigenwerbung hat NRW die höchste Zoodichte weltweit. Aachen, Bochum, Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen, Köln, Krefeld, Münster, Rheine und Wuppertal: Gleich zehn wissenschaftlich geführte „klassische“ Zoologische Gärten befinden sich an Rhein und Ruhr. Hinzu kommen mehrere Dutzend weitere Anlagen wie der Düsseldorfer Aquazoo oder der privat betriebene Safaripark Schloss Holte-Stukenbrock. „Besuchen Sie doch gleich alle!“, wirbt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).
Das wäre allerdings nicht nur zeitlich, sondern vor allem auch ökonomisch ein höchst ambitioniertes Unterfangen. Allein für ein Tageskarte im Kölner Zoo müssen Erwachsene 17,50 Euro, Kinder 8,50 Euro zahlen. Einer vierköpfigen Familie kostet ein Besuch also stolze 52 Euro. Trotzdem kann sich nicht einmal der älteste und größte Zoo in NRW alleine über die Eintrittsgelder finanzieren. Im vergangenen Jahr betrug der städtische Zuschuss 3.545.000 Euro.
Betriebskosten von 7,3 Millionen im Jahr
Der Unterhalt eines Tierparks ist teuer. Beim Wuppertaler Zoo sind die Betriebskosten mit 7,3 Millionen Euro im Jahr kalkuliert. Planmäßig sollen 40 Prozent davon über Eintrittsgelder finanziert werden. Für den Rest kommt die Stadt Wuppertal auf. Allerdings dürften die Kosten in diesem Jahr steigen. „Das kalte Wetter treibt auch die Energiekosten in die Höhe“, sagt Verwaltungsleiter Karl-Joachim Flender. Viele Zoo-Bewohner brauchen Wärme.
Die schlechte Witterung hat auch in Wuppertal dazu geführt, dass die Zahl der Besucher hinter der des Vorjahres geblieben ist. Statt 85.000 sind bis Ende März nur 70.000 gekommen. Gleichwohl gibt sich Flender optimistisch: „Aber wir sind gerade erst am Anfang der Saison.“ In den kommenden Monaten stehen zwei Elefantengeburten auf dem Programm, das zieht Besucher an.
Bisher mussten nur private Anlagen dichtmachen
Schwierig wird die Lage allerdings, wenn auch Pfingsten wegen schlechten Wetters deutlich weniger Gäste kämen, räumt der Verwaltungsleiter ein. Trotzdem kann Flender noch ruhig schlafen, sagt er. „Wir und die Kollegen in den anderen Zoos können sich darauf verlassen, dass uns die Politiker den Rücken frei halten“, sagt er.
Tatsächlich erwischte es bislang nur einige kleinere, von privaten Eigentümern unterhaltene Anlagen: 2010 musste der NiederRheinPark Plantaria dichtmachen. Nach dem Entzug der Betriebsgenehmigung verließen im selben Jahr die letzten vier Tiger den Tierpark Kalletal in Ostwestfalen-Lippe.
Im Herbst 2011 ging im Münsterland der private ZooPark Metelen mit seinen 350 Tieren in die Insolvenz, und das Tiergehege Langst in Ahlen wurde im vergangenen Jahr geschlossen. Es habe nichts zu bedeuten, wenn solche Einrichtungen verschwänden, glaubt jedenfalls die stellvertretende Direktorin des Dortmunder Zoos, Ilona Schappert. Dass es auch zu Schließungen der großen Einrichtungen kommt, befürchtet sie allerdings nicht. „Dazu haben wir zu viele Besucher“, sagt Schappert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin