piwik no script img

Tiefrote Bilanz der Deutschen BahnMilliardenminus eingefahren

Die Deutsche Bahn macht im Coronajahr 2020 immense Verluste. Die Zahl der Fahrgäste ist stark gesunken, aber nur wenige kündigen ihre BahnCard.

Viele Sitzplätze blieben im Jahr 2020 bei der Deutschen Bahn leer Foto: Uwe Zucchi/dpa

Berlin taz | Das Management der Deutschen Bahn rechnet ab 2022 wieder mit schwarzen Zahlen. Für das laufende Jahr geht Finanzvorstand Levin Holle noch von einem Verlust von 2 Milliarden Euro aus – nach dem gewaltigen Minus von 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2020. Die Coronakrise reiße enorme Löcher, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz des Staatskonzerns am Donnerstag.

Die Schulden der Deutschen Bahn sind im vergangenen Jahr um 5 Milliarden auf über 30 Milliarden Euro gestiegen. Kri­ti­ke­r:in­nen des Bahnvorstands führen das unter anderem auf das Festhalten an Großprojekten wie Stuttgart21, eine ausufernde Verwaltung und fatale Auslandsinvestitionen zurück. Die Coronakrise hat die schwierige Lage verschärft.

2020 nutzten europaweit rund 1,5 Milliarden Kun­d:in­nen Züge der Deutschen Bahn. Das waren 42 Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders stark sank die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr. Trotz Pandemie hat die Bahn ihr Angebot weitgehend aufrechterhalten. Im Moment liegt die Auslastung der Züge bei knapp über 20 Prozent, sagte Vorstand Berthold Huber. „Über Ostern rechnen wir mit einer durchschnittlichen Auslastung von 35 bis 40 Prozent.“ Damit ausreichend Platz zur Verfügung stehe, werde das Angebot über Ostern vergrößert, etwa durch Sonderzüge und mehr Wagen.

Stamm­kun­d:in­nen bleiben der Bahn trotz Pandemie treu. Der Konzern verdient im Jahr im Schnitt mit dem Verkauf von BahnCards 500 Millionen Euro. „Wir haben etwas mehr als 8,5 Prozent verloren“, sagte Huber. Der Absatz der BahnCard100, die eine ticketfreie Nutzung des gesamten Netzes ermöglicht, ist von rund 50.000 auf knapp über 40.000 besonders stark gesunken. Auf WLAN in allen ICs und ECs werden Kun­d:in­nen bis 2022 und damit länger als geplant warten müssen. Es sollte von Mit­ar­bei­te­r:in­nen fremder Firmen eingebaut werden. Das habe sich aus Infektionsschutzgründen verzögert, sagte Huber.

Keine Gehaltserhöhung

Schlecht abgeschnitten hat auch die DB Cargo, die Schienengüterverkehrstochter der Deutschen Bahn. Die chronisch schwache Sparte hat im vergangenen Jahr den eingefahrenen Verluste auf 728 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Verantwortlich dafür sind starke Rückgänge beim Transport von Autos und Rohstoffen. Lebensmitteltransporte dagegen haben zugenommen. „Der grenzüberschreitende Verkehr auf der Schiene funktioniert reibungslos“, sagte Güterverkehrsvorstand Sigrid Nikutta. Auch Lok­füh­re­r:in­nen müssen Coronatests machen – aber eben nur eineR pro Zug. „Ein Zug ersetzt 52 Lkw“, sagte sie.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte am Mittwoch die Verträge für Huber, Bahn-Chef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla vorzeitig verlängert. Nicht beschlossen hat er die ursprünglich vorgesehene Gehaltserhöhung von 10 Prozent, die auf scharfe Kritik gestoßen war. Bahnchef Lutz wollte trotz mehrfacher Nachfragen keine Stellung dazu nehmen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Gestern im Zug dachte ich so bei mir, es würden vielleicht schon ein paar Leute mehr mitfahren, würde die Maskenpflicht tatsächlich kontrolliert und nicht jeder Vollpfosten könnte weiterhin seine Mahlzeiten im Zug einnehmen, gemeinschaftlich ein paar Liter Bier vernichten, sich einen Tropfenfänger unter die Nase klemmen oder die Maske als Tonsurbedeckung verwenden.

  • Boni für hohe Gewinne, Boni für hohe Verluste, ich hab einfach den falschen Beruf gewählt, deswegen kann mir jeder Neid vorwerfen.



    Ich fühle mich eher wie jemand, der sich auf Stanislav Lems Planeten "Eden" verlaufen hat.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Milliardenminus eingefahren - aber die Vorstandsgehälter erhöht!

  • Wenn man die Besetzungsliste des Bahnvorstands so sieht erklärt das Manches.

    Aber das ist Wirtschaftwunder a'la Germany: Verlusste über Verlusste und doch spriessen die Boni.

    Aber wen wunderst: Ronald Pofalla = CDU