Tiefrote Bilanz der Deutschen Bahn: Milliardenminus eingefahren
Die Deutsche Bahn macht im Coronajahr 2020 immense Verluste. Die Zahl der Fahrgäste ist stark gesunken, aber nur wenige kündigen ihre BahnCard.
Die Schulden der Deutschen Bahn sind im vergangenen Jahr um 5 Milliarden auf über 30 Milliarden Euro gestiegen. Kritiker:innen des Bahnvorstands führen das unter anderem auf das Festhalten an Großprojekten wie Stuttgart21, eine ausufernde Verwaltung und fatale Auslandsinvestitionen zurück. Die Coronakrise hat die schwierige Lage verschärft.
2020 nutzten europaweit rund 1,5 Milliarden Kund:innen Züge der Deutschen Bahn. Das waren 42 Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders stark sank die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr. Trotz Pandemie hat die Bahn ihr Angebot weitgehend aufrechterhalten. Im Moment liegt die Auslastung der Züge bei knapp über 20 Prozent, sagte Vorstand Berthold Huber. „Über Ostern rechnen wir mit einer durchschnittlichen Auslastung von 35 bis 40 Prozent.“ Damit ausreichend Platz zur Verfügung stehe, werde das Angebot über Ostern vergrößert, etwa durch Sonderzüge und mehr Wagen.
Stammkund:innen bleiben der Bahn trotz Pandemie treu. Der Konzern verdient im Jahr im Schnitt mit dem Verkauf von BahnCards 500 Millionen Euro. „Wir haben etwas mehr als 8,5 Prozent verloren“, sagte Huber. Der Absatz der BahnCard100, die eine ticketfreie Nutzung des gesamten Netzes ermöglicht, ist von rund 50.000 auf knapp über 40.000 besonders stark gesunken. Auf WLAN in allen ICs und ECs werden Kund:innen bis 2022 und damit länger als geplant warten müssen. Es sollte von Mitarbeiter:innen fremder Firmen eingebaut werden. Das habe sich aus Infektionsschutzgründen verzögert, sagte Huber.
Keine Gehaltserhöhung
Schlecht abgeschnitten hat auch die DB Cargo, die Schienengüterverkehrstochter der Deutschen Bahn. Die chronisch schwache Sparte hat im vergangenen Jahr den eingefahrenen Verluste auf 728 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Verantwortlich dafür sind starke Rückgänge beim Transport von Autos und Rohstoffen. Lebensmitteltransporte dagegen haben zugenommen. „Der grenzüberschreitende Verkehr auf der Schiene funktioniert reibungslos“, sagte Güterverkehrsvorstand Sigrid Nikutta. Auch Lokführer:innen müssen Coronatests machen – aber eben nur eineR pro Zug. „Ein Zug ersetzt 52 Lkw“, sagte sie.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte am Mittwoch die Verträge für Huber, Bahn-Chef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla vorzeitig verlängert. Nicht beschlossen hat er die ursprünglich vorgesehene Gehaltserhöhung von 10 Prozent, die auf scharfe Kritik gestoßen war. Bahnchef Lutz wollte trotz mehrfacher Nachfragen keine Stellung dazu nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter