Thronfolge in Japan: Wenn die Kaiserfamilie schrumpft
Kaiser Akihito versucht erneut, eine Debatte über eine weibliche Thronfolge auszulösen. Die rechte Regierung von Premier Abe will davon nichts wissen.
Darauf deutet das Timing der Ankündigung unmittelbar vor dem Kabinettsbeschluss am Freitag über eine Abdankung von Kaiser Akihito.
Der 83-jährige Monarch hatte im Sommer 2016 um den vorzeitigen Ruhestand gebeten und dies mit seiner angeschlagenen Gesundheit begründet. Aber bei der damaligen TV-Ansprache äußerte Akihito auch seine Sorge um die Zukunft der Kaiserfamilie. So versuchte er, eine weibliche Thronfolge auf die Tagesordnung zu heben.
Doch Regierungschef Shinzo Abe will davon nichts wissen. Die Ultranationalisten unter seinen Anhängern würden lieber die nach dem Krieg abgeschafften Adelsfamilien als Kaiser-Reservoir beleben als Frauen auf dem Chrysanthementhron zuzulassen.
Frauen gelten im Shintoismus als unrein
Eines ihrer Argumente ist, dass der Tenno als oberster Shinto-Priester wichtige religiöse Zeremonien vollzieht. Frauen galten jedoch im Shinto früher als unrein und durften während ihrer Periode keinen Schrein betreten. Dabei hatte es in der langen Geschichte von Japans Monarchie durchaus Kaiserinnen gegeben.
Zur Vermeidung der Thronfolgedebatte setzte Abes Regierung eine Beratergruppe mit einem engen Arbeitsauftrag ein. Ende April empfahl das Gremium, wie erwartet, erstmals seit zwei Jahrhunderten wieder eine Abdankung zu erlauben – als einmaligen Sonderfall.
Die Zukunft der Kaiserfamilie erwähnte der Bericht nur am Rande. Die Meinungen dieser Berater seien weit von der Position Akihitos entfernt, steckte darauf der Kaiser-Vertraute Mototsugu Akashi einigen Medien. Doch weder Presse noch Politik griffen den Hinweis auf.
Männlicher Nachwuchs ist rar
Dabei ist das Problem akut: Nach Kronprinz Naruhito und seinem Bruder Fumihito besteht die nächste Generation der Kaiserfamilie nur aus dem 10-jährigen Hisahito. Bekäme er später keinen Sohn oder verlöre er vor einer Heirat durch eine Krankheit oder einen Unfall sein Leben, wäre die männliche Erblinie ausgestorben.
Zugleich schrumpft die kaiserliche Familie jedes Mal, wenn eines ihrer weiblichen Mitglieder heiratet und dadurch den imperialen Status verliert. Auch repräsentative Ämter und Dienste sind dann diesen Frauen nicht mehr möglich, was die Arbeitsbelastung für die Restfamilie vergrößert.
Diese krisenhaften Umstände werden durch die Verlobung der 25-jährigen Mako nun betont. Doch für Abe hat die Verfassungsreform mit einer Einschränkung des Pazifismus-Artikels Vorrang. Um die Zukunft der Kaiserfamilie will er sich angeblich erst 2019 oder später kümmern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!