Theatertreffen 2018 in Berlin: Müffelt ein wenig
Eine Jury aus sieben KritikerInnen trifft die Auswahl für das Theatertreffen in Berlin im Mai. Am Dienstag stellten sie das Programm vor.
Zweitens kann er sich bestätigt sehen, weil das Team Vegard Vinge/Ida Müller, deren anarchistisches Totaltheater er zuerst nach Berlin geholt hat, auch wieder dabei ist, mit ihrem Nationaltheater Reinickendorf, einer meist nächtelang spielenden Veranstaltung, bei der mit allem zu rechnen ist, mit Kunst, Comic, knarzenden Maschinen, Tortenwürfen und Exkrementen.
Müffelt das jetzt ein wenig? Nach Geniekult und Überwältigung, Obsessionen und Orgien? Ja, das steht durchaus ins Haus, wenn vom 4. bis 21. Mai das Theatertreffen in Berlin stattfindet.
Die eigenen Grenzen
Am Dienstag stellte die siebenköpfige Jury (Margarte Affenzeller, Eva Behrendt, Wolfgang Höbel, Andreas Klaeui, Dorothea Marcus, Christian Rakow, Shirin Sojitrawalla) ihre Zehner-Auswahl vor. Dreimal Produktionen aus Berlin, zwei aus Hamburg, zwei aus München, eine jeweils aus Basel, Zürich, Wien – überraschend ist das nicht. Darunter ist die „Rückkehr nach Reims“, von Thomas Ostermeier in Berlin nach dem gleichnamigen Roman von Didier Eribon entstanden. „In einer listigen Rahmung aus Realität und Reenactment, Dokumentartheater und Kunstwerk gibt der Abend dem pessimistischen Resümee von Eribon eine utopische Wendung“, begründete die Jury ihre Wahl.
Nicht nur in diesem Stück geht es in ihren Augen um die Frage, warum so viele junge Leute wieder nach Autoritäten, nach Führungsfiguren verlangen. Ein Thema, das sie auch in „Am Königsweg“ eine Rolle spielen sehen, einem Text von Elfriede Jelinek über das Faszinosum Donald Trump, von Falk Richter am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg inszeniert.
Das ungewöhnlichste Theaterexperiment kommt diesmal von den Kammerspielen München, „Mittelreich“. Die Inszenierung von Anta Helena Recke mit schwarzen Schauspielern ist eine Kopie einer Inszenierung, die zuvor mit weißer Besetzung lief. Was sich dadurch ändert, in der Wahrnehmung, in der Deutung, in den Fragen nach Repräsentation, sieht die Jury als eine gute Hinterfragung gängiger Muster und Chance zur Gewahrwerdung eigener Grenzen.
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