Theatertipps der Woche: Jenseits der Stadttheater-Schwere
Die Highlights: Shakespeare im Schöneberger Südgelände; Töchter und ihre Väter, die DJs waren; und Corinna Harfouch als Richterin bei Asylverfahren.
D ie Shakespeare Company hat schon immer gemacht, was seit Corona nun so viele tun: nämlich draußen Theater gespielt. Ihre Freilichtbühne liegt im Schöneberger Südgelände. Das ist übrigens auch ohne Theater einen Ausflug wert. Überwachsene Gleise, verfallene Bauten und naturüberwucherte Relikte des Industriezeitalters machen das enorme Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs zu einem verwunschenen Ort.
Die dort sporadisch aufgestellten Skulpturen und Kunstwerke sind kaum von den Artefakten zu unterscheiden, die die Zeit aus der alten Rangierbahnhofsausstattung gemacht hat. Denn seit der Stilllegung 1952 hat die Natur sich diesen Ort zurückgeholt, haben sich seltene Pflanzen und Tiere hier angesiedelt.
Seit 2016 spielt hier im Sommer nahe des alten Wasserturms die Shakespeare Company ihre luftigen, gutgelaunten Shakespeare-Stücke mit Musik, die alle Stadttheater-Schwere abgeworfen haben. Aktuell steht die romantische Komödie „Verlorene Liebesmühe!“ auf dem Plan, in der es um die Kunst des Regierens und die Kunst zu Lieben geht (6.-10.7., jeweils 20 Uhr).
Der Vater, der DJ
Von verlorener Liebe handelt auch der bildmächtige Theaterfilm „Der DJ ist mein Vater“: eine junge Frau sucht mit Hilfe von Geschichten und Musik in ihren Erinnerungen nach dem verstorbenen Vater. Dabei stößt sie auf Fragen zur Rolle dieses Vaters für ihr weiblich sozialisiertes Ich. TD Berlin zeigt den Film live im Theater in der Klosterstraße, aber auch online auf seiner Webseite.
Text und Inszenierung sind von Lisa Marie Stojčev vom feministischen Theaterkollektiv Bambi Bambule. Es wird (deutsch und bulgarisch) erzählt und mit Hilfe von Songs – die die Musikerin Rahel Hutter dem Geschehen wie eine Traumspur unterlegt – Vergangenheit und Gegenwart beschworen, Traum und Wirklichkeit. (Live 5.+6.7., jeweils 20 Uhr, On demand bis 11.7).
Asylrecht im TAK
Im TAK läuft das neue Stück von Lydia Ziemke „geRecht“ in einem ungewöhnlichen Format. In abgedunkelten Räumen sieht man auf sechs Leinwänden Szenen aus einem Verwaltungsgericht, das Asylverfahren verhandelt. Die Szenerie ist halb Film, halb begehbare Installation. Corinna Harfouch spielt eine Richterin, die die Spielräume des Rechts immer wieder für die Asylbewerber:innen austestet, deren Fälle sie verhandelt.
Das Stück vermittelt viel Wissen und Einblicke in Verfahren dieser Art, in deutsches Asylrecht und seine tägliche Anwendung und erzählt außerdem eine spannende Geschichte (täglich, bis 14. 7., mit dem Ticket wird ein Timeslot gebucht).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!