Thailands Regierungschefin suspendiert: Besser als ein Militärputsch
Nicht zum ersten Mal wurde in dem südostasiatischen Land die Regierungschefin gestürzt – vom Verfassungsgericht. Das ist immer noch besser als Gewalt.

I n Thailand ist mal wieder eine Regierungschefin vom Verfassungsgericht gestürzt worden. Das gilt zwar zunächst nur vorübergehend, aber Premierministerin Paetongtarn Shinawatra dürfte sich davon nicht erholen. Gestürzt ist die jüngste Tochter des vom Militär 2006 entmachteten Thaksin Shinawatra und die Nichte ihrer 2014 ebenfalls weggeputschen Tante Yingluck Shinawatra über ein Telefonat mit Kambodschas starkem Mann Hun Sen.
Paetongtarn mag als Thailands jüngste Regierungschefin in guter Absicht gehandelt haben, um Kämpfe an der umstrittenen Grenze zu Kambodscha zu verhindern. Aber die bis zum Amtsantritt vor zehn Monaten politisch unerfahrene Paetongtarn zeigte sich in dem vom Hun Sen durchgestochenen Gespräch als naiv und unterwürfig. Für Thais von rechts bis links hat sie Thailands Interessen nicht angemessen vertreten.
Das führte zum Koalitionsbruch, zu Protesten mit Rücktrittsforderungen, einer Verfassungsklage royalistischer Senatoren und zu Rufen nach dem Eingreifen des Militärs wie nach Neuwahlen. Das Urteil des Verfassungsgerichts ist besser als ein Militärputsch, hat aber ein Geschmäckle von Lawfare, also des Missbrauchs juristischer Mittel für politische Ziele. Das Verfassungsgericht hat schon Paetongtarn Vorgänger gestürzt und seit 2006 34 Parteien verboten. Betroffen sind vor allem solche, die eine Reform der verkrusteten Monarchie anstreben. Eine solche Partei durfte trotz eines Wahlsiegs nicht die Regierung führen, sondern wurde kurzerhand verboten. Jetzt führt deren Nachfolgepartei die Umfragen an.

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Das royalistisch-elitäre Lager will wegen zu geringer Siegchancen keine Neuwahlen. Zum Glück scheint das Militär inzwischen einzusehen, dass es mit Putschen die Krise des Landes und die Spaltung der Bevölkerung nicht überwindet. Solange aber Reformparteien von der Regierung ausgeschlossen bleiben, lässt sich die politische Krise samt Machtkampf zwischen royalistisch-konservativer Elite und populistischem Thaksin-Clan nicht lösen.
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